1899 Hoffenheim war die Glücksgöttin hold

Die TSG 1899 wird beim 2:1 belohnt, Hannover 96 hingegen bestraft - DFB-Kontrollausschuss ermittelt gegen Marcelo

27.04.2015 UPDATE: 28.04.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden

Szenen aus Hannover: Der kollektive TSG-Jubel um Adam Szalai (l.o.), das Fachsimpeln zwischen Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder und seiner Frau Doris Schröder-Köpf (l.u.) über die abstiegsbedrohten 96er - und die geballte Freude von Hoffenheims Trainer Markus Gisdol (r.) nach dem dritten Auswärtserfolg in dieser Saison. Fotos: APF/dpa

Von Joachim Klaehn

Hannover. Das Angenehme an Hoffenheims Sven Schipplock ist es, besonders nach Erfolgserlebnissen, dass er frei von der Leber weg spricht. "Vielleicht spielen wir ja das nächste Mal mit drei Stürmern", sagte "Schippo" nach dem 2:1-Erfolg bei Hannover 96 mit einem breiten Grinsen. Der gebürtige Reutlinger ist eine Frohnatur - und er hatte nach der zähen, aber ertragreichen Auseinandersetzung für die TSG 1899 gut lachen. "Zwei Treffer mitten ins 96-Herz", titelte die Hannoversche Allgemeine besorgt. Die Fünf-Spiele-Mission des Michael Frontzeck begann unglücklich, im Gegensatz zu den Hoffenheimern, die ihre Negativserie dank eines Sturm-Trios beendeten. Der Franzose Anthony Modeste traf, der Schwabe Schipplock traf, und der Ungar Adam Szalai, der bis dato so arg enttäuschte, hatte einen starken Moment als Vorlagengeber.

Es reichte für 96. "Das war eine überragende Aktion von Adam vor dem 2:1", lobte Manager Alexander Rosen den Ex-Schalker, "sein Ballgewinn war klasse, sein Chipball auf Schippo technisch anspruchsvoll. Darüber freue ich mich total." Aus dem früher gefeierten Mainzer Bruchweg-Boy ist ein sechs Millionen Euro teurer Flop geworden. So viel Geld hatte "Hoffe" vor der Saison für den 1,93 Meter großen Schlaks bezahlt, der nach einer halben Saison seinen Kredit in der Öffentlichkeit verspielt hatte.

Um so schöner, dass der umstrittene Szalai (Vertrag bis 2018) diesmal zum Auswärtserfolg beitragen konnte. Der Magyar wurde jedenfalls nach seiner maßgerechten Flanke von Bicakcic, Schipplock und Firmino vor lauter Freude besprungen. "Das tut ihm gut", frotzelte Schipplock. In der Tat: Szalai gibt mit seinen meist uninspirierten Vorstellungen allen ein Rätsel auf. Er ist mit Kapitän Andreas Beck befreundet, er ist innerhalb des Teams integriert, er soll ein feiner Kerl sein. Rosen wollte indes eine bislang tragische TSG-Figur unterstützen und aufbauen: "In Hannover hat er seine Bundesliga-Qualität nachgewiesen." Zumindest in der Schlussphase ...

Hoffenheims Trainer Markus Gisdol hatte erstmals seit dem 1:1 zu Hause gegen den VfL Wolfsburg von Beginn an auf eine Zwei-Stürmer-Taktik gesetzt. Im Endeffekt hatte er ein glückliches Händchen, zumal alle dachten, nach 73 Minuten würde Szalai statt Modeste vom Feld geholt. Fußball - oft eine enge Verbindung zur Glücksgöttin Fortuna. Beide Trainer wechselten fast zeitgleich den dritten Stürmer ein - Frontzeck Kenan Karaman, Gisdol Sven Schipplock. Der eine wurde dadurch bestraft, der andere belohnt. Der Frontzeck-Effekt blieb am proklamierten "Vereint für Hannover"-Spieltag aus. "Es gibt Situationen, die hast du nur, wenn du da stehst, wo wir stehen", sagte Frontzeck, der zur Überraschung aller auf eine Schiedsrichter-Schelte verzichtete, zumal der frühe Modeste-Treffer (2.) trotz Abseits seine Anerkennung fand.

Für 96 könnte es eine schmerzhafte Niederlage mit Folgen werden. Denn nach dem finalen Gerangel zwischen Marcelo und Schipplock, das Referee Günter Perl ebenfalls übersehen hatte, ermittelt seit Montag der DFB-Kontrollausschuss wegen des Verdachts einer Tätlichkeit. Sowohl Marcelo als auch "Schippo" wurden zu zeitnahen Stellungnahmen aufgefordert. Ausgang ungewiss.

Bei den Hoffenheimern gibt es hingegen Wichtigeres. Das vermeintliche Endspiel um Platz sieben (Samstag, 15.30 Uhr) gegen Borussia Dortmund steht vor der Tür, Personalentscheidungen wie bei Roberto Firmino werden die Verantwortlichen spätestens nach dem saisonalen Abpfiff am 23. Mai gegen Hertha BSC intensiv beschäftigen. Der 23-jährige Brasilianer, der bei "Hoffe" bis 2017 unterschrieben hat, darf bei einem entsprechenden Angebot zu einem Topklub wechseln. Manchester City soll rund 28 Millionen Euro geboten haben, die TSG soll angeblich ab einer Summe von 30 Millionen den Transfer akzeptieren.

Treuen TSG-Fans kann man also empfehlen, den "Schweiger" aus dem Atlantikort Maceió noch vier Mal zu genießen. Dramaturgisch wäre die Europa-League-Qualifikation der passende Abschied - für Firmino und von Firmino.

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