1899 Hoffenheim-Remis gegen Wolfsburg

Nagelsmann hofft auf schmerzvollen, aber schnellen Lerneffekt

Hoffenheim muss sich schleunigst wieder auf ihre große Stärke besinnen: das geschlossene Kollektiv.

23.10.2017 UPDATE: 24.10.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 50 Sekunden

Der Moment, in dem Hoffenheim zwei Punkte verschenkt: Felix Uduokhai (3.v.l) setzt sich in der Nachspielzeit gegen drei Hoffenheimer durch und köpft den Ball zum 1:1 ins Tor. Foto: APF

Von Nikolas Beck

Wolfsburg. Der ganz große erste Ärger schien verflogen. "Wir müssen die Situation …", sagte Julian Nagelsmann diplomatisch und schnaufte noch einmal tief durch, "… gesamtheitlich gesehen besser lösen." Klar, dass auch über eine Stunde nach dem Schlusspfiff, als Hoffenheims Trainer nach dem 1:1-Unentschieden am Sonntagabend gegen den VfL Wolfsburg im kleinen Journalistenkreis Rede und Antwort stand, die spielentscheidende Szene in der 80. Minute noch ein Thema war: Andrej Kramaric verzichtete bei einem Konter auf den Querpass zum freistehenden Sandro Wagner, der den Ball zum 2:0 nur noch ins leere Tor hätte drücken müssen. Stattdessen versuchte er es selbst - und scheiterte.

Hoffenheim hatte die Entscheidung verpasst und wurde dafür in der Nachspielzeit durch Uduokhais Ausgleich bestraft. Eine Dramaturgie, die den bisherigen Saisonverlauf widerspiegelte: Die TSG kämpft leidenschaftlich, kombiniert mitunter ansehnlich, vergibt Torchancen zu häufig kläglich. Es waren bereits die Zähler acht und neun, die man nach einer Führung nicht über die Ziellinie brachte.

Unterm Strich macht das dennoch Rang vier bei nur vier Punkten Rückstand auf das Spitzenduo Dortmund und Bayern. Nach inzwischen neun Partien verfestigt sich der Eindruck, dass die Festspiele auf der großen europäischen Fußballbühne gegen den FC Liverpool für den Dorfklub kein einmaliges Abenteuer bleiben müssen.

Dafür müssen sich die "Nagelsmänner" aber schleunigst wieder auf ihre große Stärke besinnen: das geschlossene Kollektiv. Ungewohnt offen wurde nicht nur hinter verschlossener Kabinentür Kramarics Eigensinn getadelt. "Ich will keine Namen nennen, das ist nicht meine Art", sagte Mittelfeld-Mann Kerem Demirbay mit versteinerter Miene - und doch wusste jeder, dass auch ihn die 80. Minute verfolgte: "Wir müssen in der einen oder anderen Situation das Ding querlegen - und unser Ego mal beiseiteschieben."

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Es sind eben nur Nuancen, die über Erfolg und Misserfolg entscheiden können, wenn eigene Interessen über das große Ganze gestellt werden. Dass Kramaric, in der vergangenen Saison mit 15 Treffern bester Hoffe-Torschütze, gegen Wolfsburg unbedingt sein aktuelles Torkonto auf drei Buden aufstocken wollte, war offensichtlich. Schon beim Elfmeter, den Benjamin Hübner gegen Marcel Tisserand herausgeholt hatte, wollte der 26-jährige Kroate unbedingt selbst antreten. Demirbay hatte anderes im Sinn: "Andrej wollte den schießen, aber wenn ich mir den Ball nehme, dann nimmt mir den keiner mehr weg." Und der Erfolg gab Demirbay, diesmal ohnehin einer der Besten, Recht.

Am Ende des Jahres werde nicht zusammengerechnet, wer wie viele Tore gemacht habe. "Sondern jeder Einzelne steht besser da, wenn wir als Team erfolgreicher sind", sagte Nagelsmann, der an die vergangene Spielzeit erinnerte: "Wenn wir 15. und nicht Vierter geworden wären, hätten wir sicherlich auch nicht so viele Nationalspieler herausgebracht."

Damals habe man immer wieder Spiele nach Rückstand noch drehen können, jetzt - wie schon im Spiel zuvor gegen Augsburg (2:2) - Punkte verschenkt, die seine Schützlinge eigentlich verdient gehabt hätten. Nagelsmann: "Letztendlich müssen wir es einfach lernen, die Spiele zu entscheiden - und vielleicht ist das die härteste Keule, wie man’s lernt."

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