Jetzt gilt's
Nagelsmann und Co. fiebern dem Landesderby in Stuttgart sowie dem bevorstehenden Saisonfinale entgegen

Die Entscheidung beim 1:0 im Hinspiel: Hoffenheims Mark Uth (M.) erzielt am 13. Dezember den Treffer gegen den VfB. Foto: APF
Von Joachim Klaehn
Zuzenhausen. Jetzt gilt's! 32 Spieltage sind in der Fußball-Bundesliga absolviert und die TSG 1899 Hoffenheim steht tabellarisch momentan dort, wo 14 andere Teams gerne stünden, nämlich auf Champions-League-Platz Nummer vier. Man könnte es so formulieren: Das Ziel ist für "Hoffe" zum Greifen nah - und gleichzeitig doch so fern. Denn die beiden Abschlussmatches am Samstag (15.30 Uhr/Sky) beim VfB Stuttgart und die Woche drauf zu Hause gegen Borussia Dortmund haben es in sich. TSG-Cheftrainer Julian Nagelsmann räumte am Donnerstag vor dem Landesderby in der Mercedes-Benz Arena ein, vor acht, neun Wochen nicht an den segensreichen Rang vier gedacht zu haben. "Wir wollten noch mal ranschnuppern an Europa", so Nagelsmann wortgewaltig, "jetzt haben wir die Chance, die Champions League aus eigener Kraft zu schaffen - da kommt zum Wahnsinn noch die Gänsehaut."
Der Dirigent des zuletzt so harmonischen Kraichgau-Orchesters fiebert mit jeder Faser seines Körpers den letzten beiden Aufführungen entgegen. Nagelsmann schien schon zwei Tage vor dem Gipfel im Musterländle im Motivations- und Kampfmodus zu sein. Trotz der definitiven Ausfälle von Serge Gnabry (Muskelbündelriss), Kerem Demirbay (Sprunggelenk), Dennis Geiger (Oberschenkel), Stefan Posch (Leistenoperation), der Gelbsperre von Pavel Kaderabek sowie des fraglichen Einsatzes von Innenverteidiger Benjamin Hübner (muskuläre Probleme) ersparte sich Nagelsmann ein branchentypisches Lamento. Ein Teil der etablierten Spieler steht ihm nicht zur Verfügung, jetzt müssen eben andere in die Bresche springen.
"Für diejenigen, die vielleicht bisher hinten dran waren, ist das jetzt eine großartige, reizvolle Situation", meinte Positivdenker Nagelsmann, "sie können die TSG in die Champions League schießen. Außerdem können sie mir zeigen, dass ich mit meiner Beurteilung falsch lag. Ich erwarte jetzt von jedem Spieler, ganz gleich, ob er die Nummer 24 oder die Nummer zwölf im Kader ist, dass er bis in die letzten Haarspitzen brennt."
Nagelsmann wie er arbeitet und tickt - diese "Dampf-Ansage" versteht jeder seiner Profikicker. Sein ultimativer Appell: "Gaspedal, Ölwanne - auf geht’s, Freunde der Nacht!"
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Selbstverständlich weiß das dezimierte Hoffenheimer Kollektiv, dass der Weg in Bad Cannstatt steinig werden könnte. Der VfB und die TSG sind hinter dem FC Bayern die beiden Mannschaften der Stunde. Seit Tayfun Korkut den Verein für Bewegungsspiele Ende Januar übernommen hat, haben die Männer mit dem roten Brustring 25 Pluspunkte (zwölf Spiele, sieben Siege, vier Unentschieden, eine Niederlage) gesammelt.
Exakt so viele wie "Hoffe" im gleichen Zeitraum. "Sie sind in einem ähnlichen Run wie wir, sie sind ähnlich wie wir mit Selbstvertrauen vollgepackt", schätzt Nagelsmann den VfB ein, der dank eines "Parforceritts" noch auf Rang sieben oder gar sechs vorpreschen könnte, was nach einer dürftigen Vorrunde einer kleinen Sensation gleichkäme. Aufsteiger Stuttgart kann nach der Europa League greifen - wer hätte dies vor geraumer Zeit zu prognostizieren gewagt!?
"Es freut mich ungemein für Tayfun", konstatierte Nagelsmann. Der 44-jährige Deutsch-Türke, in Ostfildern aufgewachsen, hatte einen äußerst schwierigen Einstand am Neckarpark, kaum einer traute ihm zu, die traditionsreichen Schwaben in die Spur zu kriegen. "Es ist ein großer Skandal, was am Anfang alles über Tayfun geschrieben wurde", zeigte Nagelsmann Solidarität mit seinem Arbeitskollegen, "er hat es geschafft, dass das Team stabil steht und sehr wenige Chancen vom Gegner zulässt."
Rund 3500 Fans werden "Hoffe" morgen begleiten. An der Herangehensweise will Nagelsmann nichts ändern. Man wolle nichts verteidigen, sondern angriffslustig und mutig sein. "Es geht immer um die Offensive", verspricht der TSG-Cheftrainer ein rundum couragiertes Auftreten, "diese Denkweise pflegen wir seit zwei Jahren. Also wollen wir sie auch in den letzten eineinhalb Wochen an den Tag legen."
Im Angriffsmodus soll die Krönung der zehnten Bundesliga-Spielzeit erfolgen.