Von Claus Weber
Sandhausen. Gänsehaut schon vor dem Spiel, ein Trainer im Krankenhaus, ein geläuterter Präsident – und am Ende ein klarer Sieg, der den SV Sandhausen wieder hoffen lässt. Es war ein ereignisreicher Sonntagnachmittag am Hardtwald, der ein gutes Ende fand. Mit 3:0 (1:0) gewannen die Kurpfälzer das Kellerduell in der 2. Fußball-Bundesliga gegen den VfL Osnabrück. Weil Braunschweig in Nürnberg torlos spielte, kehrten die Sandhäuser auf den Relegationsplatz zurück. Die Wende ist eingeleitet, sie kann im nächsten Kellerduell am Sonntag in Braunschweig vollzogen werden.
3:0 klingt nach einem deutlichen Sieg, doch er war schwerer erkämpft, als es das Ergebnis vermuten lässt. "Das war Abstiegskampf pur", atmete Präsident Jürgen Machmeier erleichtert auf. Obwohl die Sandhäuser schon nach sechs Minuten in Führung gingen und in Überzahl spielten, taten sie sich lange Zeit schwer. Osnabrücks Adam Susac hatte Kevin Behrens im Strafraum am Trikot gezogen und war vom Platz geflogen, Alexander Esswein hatte den Foulelfmeter souverän verwandelt.
Doch der Traumstart beflügelte die Gastgeber erst einmal nicht. "Nach dem 1:0 und der Roten Karte hat jeder ein paar Prozent nachgelassen", monierte Kapitän Dennis Diekmeier, "wenn man ein Spieler mehr ist, denkt man, das ginge schon irgendwie." Für Jürgen Machmeier ist die Schwächephase nachvollziehbar. "Wir lagen in den letzten Wochen in vielen Spielen vorne und haben doch noch verloren", sagte der Präsident, "so etwas haben die Spieler dann im Hinterkopf."
Foto: RufflerDass die Mannschaft nicht schon wieder einen Vorsprung herschenkte, sondern nach der Pause aufdrehte und durch den verwandelten Strafstoß von Kevin Behrens (63. Minute) sowie Philipp Klingmann (88.) auf 3:0 erhöhte, ist für Machmeier ein Beweis dafür, "dass sich die Stimmung zum Positiven gedreht hat".
Es ist nicht das einzige Indiz, dass es am Hardtwald nach turbulenten Wochen und zwei Trainer-Entlassungen aufwärts geht. Die Mannschaft sei nun endlich zusammengewachsen, meinte der Chef: "Ich sehe es in den Gesichtern der Spieler und an der Art und Weise, wie sie miteinander umgehen."
Gerhard Kleppinger und Stefan Kulovits hätten die Köpfe der Spieler erreicht, sagte der Präsident. Die Interims- könnte zur Ideallösung werden. Das sei besser als einen Trainer zu holen, der drei, vier Wochen brauche, um die Mannschaft kennenzulernen, meinte Machmeier. Der Chef sprach offen über seine Fehler. "Wir hatten letzte Saison ein intaktes Mannschaftsgefüge, das ist uns verloren gegangen", sagt er und bestätigte eine Neiddebatte im Mannschaftskreis, weil vermutet wurde, dass die namhaften Neuzugänge erheblich mehr verdienten. "Das war im Juli, August ein Thema", erklärte der Präsident, "doch jetzt hat eine gewisse Hygiene in der Kabine stattgefunden." Und man habe sich durch die Namen auch ein Stückweit blenden lassen. Die Einsicht des Chefs: "Im Fußball kann man den Erfolg mit Geld nicht kaufen."
Teamgeist und Zusammenhalt sind mindestens genauso wichtig – und nun offenbar an den Hardtwald zurückgekehrt. Wie in Paderborn stand die Mannschaft nach dem Abpfiff wieder lange im Kreis zusammen. Schon vor dem Spiel hatten die Fans ihr Team angefeuert. Als der Bus vors Stadion rollte, wurden die Spieler von fast 100 Anhängern mit Fahnen, Trommeln und Sprechchören begrüßt – natürlich im Rahmen der Corona-Regeln. "Eine fantastische Aktion, ich hatte Gänsehaut", lobte Kleppinger, "die Fans haben uns Mut zugesprochen."
Corona spielte leider noch eine Rolle am Hardtwald. "Kleppos" Kollege Stefan Kulovits wurde zweimal positiv getestet und musste ins Krankenhaus. "Die Mannschaft", sagte der Coach, "hat heute auch für ’Kulo’ Gas gegeben."
Sandhausen: Kapino – Nauber, Kister, Röseler – Diekmeier, Bachmann, Contento (84. Klingmann) – Halimi (69. Zenga), Linsmayer (82. Paurevic) – Esswein (69. Schmidt), Behrens
Osnabrück: Nicolas – Gugganig, Susac, Trapp – Ajdini (77. Müller), Taffertshofer, Blacha (43. Bapoh), Heider – Schmidt (20. Henning) – Kerk (46. Reichel), Santos
Schiedsrichter: Storks (Velen)
Tore: 1:0 Esswein (6., Foulelfmeter), 2:0 Behrens (63., Foulelfmeter), 3:0 Klingmann (88.)
Rote Karte: Susac (5./Notbremse)
Besonderes Vorkommnis: Nicolas hält Foulelfmeter von Schmidt (90.)