Wollte seine Mitspieler aufrütteln: Sandhausens Kapitän Dennis Diekmeier (l.). Foto: dpa
Von Claus Weber
St. Pauli. Dennis Diekmeier blieb zwar oberhalb der Gürtellinie, polterte aber fast ebenso wie einst Oliver Kahn ("Wir brauchen Eier"). Der Kapitän des Fußball-Zweitligisten SV Sandhausen wollte seine Spieler aufrütteln, als er nach dem 0:2 in St. Pauli überspitzt formulierte, es seien zu wenig Männer auf dem Platz gestanden. Zu zögerlich hätten sich die Kurpfälzer dem Angriffswirbel der Hamburger entgegengestellt. Diekmeier: "Da muss man sich als Gegner zeigen."
Uwe Koschinat wollte und konnte nicht widersprechen. Auch der Sandhäuser Trainer war enttäuscht ob der Zweikampfschwäche seiner Mannschaft. Es sei kein gutes Zeichen, wenn einem der Gegner den Schneid abkaufe und man ihm körperlich unterlegen sei, erklärte der Trainer mit bitterer Miene.
Von der Kulisse am Millerntor, dem wummernden "Hells Bells", dem Konfettiregen und den unaufhörlichen Fangesängen der 29.000 St. Pauli-Fans habe sich seine Mannschaft nicht beeindrucken lassen, fand der Trainer, wohl aber vom Spieltempo der Hamburger. In zu vielen 50-zu-50-Situationen sei seine Mannschaft unterlegen gewesen, seufzte der Trainer und stellte eine "weinerliche Körpersprache" fest. Koschinat: "Wir lagen zu oft auf dem Boden."
Als er das sagte, wirkte er ein wenig ratlos. Schließlich könnten seine Spieler eigentlich mit breiter Brust dastehen nach einem der besten Saisonstarts in ihrer achtjährigen Zweitliga-Geschichte.
Doch seit dem 0:1 beim Karlsruher SC ist der Wurm drin. Da die Kurpfälzer im Wildpark erstmals ohne ihren nach Stuttgart abgewanderten Spielmacher Philipp Förster auskommen mussten, drängt sich unweigerlich die Frage auf, ob der Abgang die Mannschaft zu sehr geschwächt hat. Ähnlich war es ja schon einmal im Winter vergangenen Jahres. Als mit Lucas Höler der beste Schütze vom SC Freiburg weggekauft wurde und plötzlich Torflaute einsetzte. Es ist offenbar das Los eines jeden Sandhäuser Trainers, dass die Besten irgendwann weiterwandern.
Uwe Koschinat, der eigentlich schon seine Wunschelf gefunden hatte, muss nun wieder experimentieren. In Karlsruhe brachte eine Raute mit Philipp Türpitz an der Spitze und Emmanuel Taffertshofer und Erika Zenga als Assistenten nicht die gewünschte Durchschlagskraft, gegen Bochum durfte Last-Minute-Neuzugang Besar Halimi ran, doch die Bindung zur Mannschaft fehlte bei nur wenigen gemeinsamen Trainingseinheiten.
Und in St. Pauli sollte Türpitz die Förstersche Spielmacher-Position eins zu eins übernehmen, unterstützt diesmal von Erik Zenga und Marlon Frey, die sich zuletzt aufgedrängt hatten, aber vieles schuldig blieben. Wären der kampfstarke Denis Linsmayer und der erfahrene Ivan Paurevic im Hamburger Hexenkessel die besseren Alternativen gewesen?
Nach vorne ging zu wenig, wenngleich sich die Sandhäuser vor allem nach der Pause schon einige Möglichkeiten heraus- aber eben nicht zu Ende spielten. Die beste Chance vergab Kevin Behrens in der 76. Minute. Der fleißigste Schütze - bisher drei Saisontore - trage allerdings keine Schuld an der dritten Saisonniederlage, fand der Coach.
"Wir schaffen es nicht, Behrens bestmöglich zu unterstützen", stellte Koschinat fest, "als Mittelstürmer musst du eben auch gut in Szene gesetzt werden." Als in der Endphase mit Aziz Bouhaddouz und Julius Biada drei Angreifer auf dem Platz standen, wurde Sandhausen zwar vorne gefährlicher, aber hinten anfälliger. Nur Torwart Martin Fraisl - ein Glücksgriff - verhinderte eine höhere Niederlage.
Nicht ausgeschlossen, dass Koschinat am Samstag (13 Uhr/Sky) im Heimspiel gegen Aue erneut sein Personal wechselt. "Mit dem Zentrum war ich nicht zufrieden", gab er zu, "daran müssen wir arbeiten." Schließlich könne es in der Zweiten Liga auch schnell nach unten gehen. "Da müssen wir dagegenhalten", sagte Koschinat. Gegen den Tabellenvierten aus dem Erzgebirge, bei Jahn Regensburg und daheim gegen Schlusslicht Wehen Wiesbaden will Sandhausen die Kurve kriegen. "Das sind drei sauwichtige Spiele", betonte Kapitän Diekmeier, "da müssen wir so viele Punkte wie möglich mitnehmen."