Wieder eine Niederlage, wieder kein Punkt
Die TSG Hoffenheim steckt im Tabellenkeller fest. Noch nicht einmal am 85. Geburtstag von Dietmar Hopp gelingt ein Sieg.

Von Nikolas Beck
Sinsheim. Natürlich hatte die TSG Hoffenheim ihrem Gesellschafter Dietmar Hopp unbedingt einen Sieg zum 85. Geburtstag schenken wollen. Aber nicht nur deshalb waren die drei zu vergebenden Punkte im Heimspiel am Samstagnachmittag gegen Borussia Dortmund vom Prädikat "besonders wertvoll". Für beide Teams. Die Schwarz-Gelben brauchen im Saisonendspurt jeden Punkt, um ihre Champions-League-Hoffnungen am Leben zu halten. "Hoffe" dagegen fehlen nur noch wenige Zähler, um sich endgültig aller Abstiegssorgen zu entledigen. "Das Ergebnis gestern, der Sieg von Heidenheim in Stuttgart, hat natürlich etwas bewirkt", hatte 1899-Coach Christian Ilzer vor der Partie eingeräumt. Weil der 1. FCH, aktuell auf Relegationsrang 15., bis auf fünf Zähler an die TSG herangerückt war, müsse man erst recht in den verbleibenden vier Spielen "abliefern, Punkte holen, Siege einfahren", so Ilzer. Wohlwissend, dass auch er dringend ein paar Argumente für eine Weiterbeschäftigung über den Sommer hinaus sammeln müsste.
Gegen Dortmund gelang das nicht. Trotz einer kämpferisch ansprechenden Leistung und heftigen Diskussionen ganz zum Schluss stand Ilzer einmal mehr mit leeren Händen da.
Denn nach dem 2:3 (0:1) jubelten nur die vielen BVB-Fans im Stadion - und Dietmar Hopp wird vielleicht doch nicht unglücklich gewesen sein, mit seinen Gästen im Golf-Club in St. Leon-Rot, nicht im Stadion gefeiert zu haben.
Doch der Reihe nach: Angegangen war Ilzer die Partie mit vier Wechseln in seiner Startformation. Für den gelb-gesperrten Tom Bischof durfte Dennis Geiger ran, Leo Östigaard dagegen hatte seine Rotsperre nach seiner Notbremse aus der Partie in Leipzig abgesessen und kehrte für Stanley Nsoki zurück ins Team. Valentin Gendrey (Schlüsselbein) war am Freitag operiert worden und wurde von Pavel Kaderabek ersetzt. Außerdem verdrängte Adam Hlozek beim Startelf-Comeback Haris Tabakovic auf die Bank.
Den besseren Start erwischten aber die Gäste. Julian Brandt versuchte es als Erster, TSG-Keeper Oliver Baumann packte im nunmehr 401. Einsatz für "Hoffe" aber sicher zu. Brandt war es wenig später auch, der mit einem Heber in den Rücken der TSG-Abwehr Daniel Svensson in Szene setzte. Der schwedische Linksverteidiger war aus abseitsverdächtiger Position gestartet, hatte zu Serhou Guirassy weitergeleitet und der Dortmunder Toptorjäger eingenetzt (20.). Das angezeigte Abseits wurde mittels VAR-Überprüfung korrigiert - und Guirassy mit Verspätung zum Torjubel gebeten. Warum der Mann aus Guinea dazu aber erst einmal einige Meter sprintete, um nahe des "Hoffe"-Fanblocks zu zelebrieren, in dem er gestenreich in die Zuschauerränge schoss? Das wird sein Geheimnis bleiben.
Und vielleicht sind es eben doch die kleinen Sünden, die sofort bestraft werden. Wenig später fand der 29-Jährige jedenfalls in Oliver Baumann seinen Meister vom Elfmeterpunkt (34.). Zuvor hatte Östigaard viel zu billig einen Strafstoß an Gittens verursacht - und BVB-Kapitän Emre Can für Guirassy überlassen.
Der für den verletzten Akpoguma eingewechselte Nsoki leitete im Zusammenspiel mit Kramaric "Hoffes" erste echte Gelegenheit ein, als er Hlozek bediente. Dessen Direktabnahme flog aber knapp am Tor vorbei (39.). Unmittelbar danach ertönte tatsächlich die Torhymne der TSG. Aber nur für zwei Sekunden, dann hatte nach Anton Stachs vermeintlichem Ausgleich auch der Soundtechniker im Stadion die gehobene Abseitsfahne entdeckt. Zur Enttäuschung der Südkurve diesmal zu Recht.
Es war die beste Phase der Gastgeber und auch die einzige im ersten Durchgang, in der man nicht befürchten musste, der von Ilzer angesprochene Heidenheimer Coup habe tatsächlich etwas bewirkt. Nämlich Kramaric, Kaderabek und Co. zusätzlich gehemmt.
Auch nach der Pause blieb zunächst der BVB im Vorwärtsgang. Gittens ließ bei seinem Sololauf aufs "Hoffe"-Tor erneut ein mögliches 2:0 liegen (55.). Ein langjähriger, gewohnt kritischer TSG-Fan stellte die Frage, wie sein Herzensverein in dieser Partie denn überhaupt ein Tor schießen wolle. Tourés missratene Direktabnahme nach Baumanns weitem Schlag lieferte darauf erst einmal keine Antwort (58.). Die hatte dann aber Hlozek parat. Bedient von Stach, nahm der Tscheche den Ball mit der Brust mit und traf aus der Drehung aus rund elf Metern zum Ausgleich (61.). Ein sehenswerter Treffer.
Und ein Tor, das plötzlich richtig Stimmung in die Arena und aufs Feld brachte.
Doch gerade als der Hoffenheimer Anhang hoffen durfte, die Ilzer-Elf könne die Partie tatsächlich drehen, schlug der Ruhrpott-Klub abermals zu. Dennis Geiger, der einen gebrauchten Tag erwischt hatte, verlor ohne Not den Ball im Mittelfeld - und wenige Augenblicke später jagte Brandt den Ball zum 2:1 für Dortmund in die Maschen (74.). Der Schlusspunkt sollte das aber noch lange nicht gewesen sein. Hüben vergab Tabakovic per Kopfball nach einer Freistoßflanke von Tohumcu (80.); drüben scheiterte Karim Adeyemi an Baumann. Dennoch fand der nie aufsteckende Dorfklub einen Weg zurück ins Spiel. Kaderabek versetzte die Kurve in Ekstase, als er eine Flanke von David Jurasek mit Übersicht und Köpfchen am langen Pfosten einnetzte (90.+1).
Doch zumindest noch ein Punkt zu Hopps Geburtstag? Nein. In der fünften Minute der Nachspielzeit traf Waldemar Anton mitten ins "Hoffe"-Herz - und auch in ein leeres Tor. Zuvor hatte Baumann im Kampf um den Ball das Knie von Dortmunds Carney Chukwuemeka an die Schläfe bekommen und war liegen geblieben. Kein Wunder, dass der Unparteiische Benjamin Brand den Treffer erst nach Rücksprache mit dem VAR, unter großen Protesten der Hoffenheimer Spieler und während eines gellenden Pfeifkonzerts von den Rängen anerkannte.
Hoffenheim: Baumann - Arthur Chaves, Östigaard, Akpoguma (30. Nsoki) - Kaderabek, Stach, Geiger (77. Tohumcu), Bülter (71. Jurasek), Kramaric - Touré, Hlozek (71. Tabakovic).
Dortmund: Kabel - Süle (81. Chukwuemeka), Anton, Bensebaini - Ryerson (77. Couto), Can, Nmecha (68. Özcan), Svensson - Brandt (81. Reyna), Gittens (68. Adeyemi) - Guirassy.
Schiedsrichter: Brand (Schwebheim); Zuschauer: 30.150 (ausverkauft); Tore: 0:1 Guirassy (20.), 1:1 Hlozek (61.), 1:2 Brandt (74.), 2:2 Kaderabek (90.+1), 2:3 Anton (90.+5); Besonderes Vorkommnis: Baumann pariert Foulelfmeter gegen Guirassy (34.).