Für die Sportlerin ist die Fußball-WM "ein riesengroßer Traum"
Die Sinsheimerin feierte gegen Brasilien ihr Länderspiel-Debüt. Mit der TSG Hoffenheim geht es nun wieder in die Champions League.



Nationalspielerin, TSG Hoffenheim
Von Michael Rappe
Sinsheim. Den 11. April 2023 wird Sarai Linder mit Sicherheit nie vergessen. Zur zweiten Halbzeit des Fußball-Länderspiels Deutschland gegen Brasilien in Nürnberg wurde sie für Sophia Kleinherne aus Frankfurt eingewechselt und feierte ihr Debüt in der A-Nationalmannschaft.
Die 23-Jährige, die seit der E-Jugend – mit einem Jahr Unterbrechung in Orlando – für die TSG Hoffenheim spielt, ist die erste gebürtige Sinsheimerin, die den Sprung zu den DFB-Frauen geschafft hat.
Zudem ist sie bereits die neunte deutsche A-Nationalspielerin, die der Bundesligist aus dem Kraichgau hervorgebracht hat. Linder hat bisher 83 Bundesliga- und zehn Champions-League-Spiele für Hoffenheim bestritten.
Über die aufregenden Tage beim Nationalteam, den großen Wunsch Champions-League-Qualifikation und den noch größeren Traum WM in Australien und Neuseeland sprach sie mit der RNZ.
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Sarai Linder, wie waren die Tage bei der Nationalmannschaft für Sie?
Es war total spannend und hat richtig Spaß gemacht. Die Trainingstage beim Nationalteam sind intensiver als im Verein, das Spieltempo ist viel höher. Für mich habe ich mitgenommen, dass ich noch schneller in der Entscheidungsfindung und noch präziser in meinem Passspiel werden muss.
Wie war Ihre Gefühlslage vor der Einwechslung gegen Brasilien?
So viel habe ich gar nicht gedacht, nur, dass ich mich gut aufwärmen muss. Es war richtig cool, gegen Brasilien 45 Minuten Einsatzzeit zu bekommen. Dafür bin ich total dankbar, das hat mir sehr viel bedeutet. Ich konnte hinterher bis 3 Uhr nachts nicht einschlafen. Schön war auch, dass meine Eltern und mein Freund dabei waren.
Vom Ergebnis her lief es mit dem 1:2 nicht so gut.
Es war für uns alle sehr emotional, weil Dzsenifer Marozsán ihr letztes Spiel gemacht hat. Jeder wollte für sie gewinnen. Vielleicht hat deshalb die letzte Konzentration gefehlt, möglicherweise hatten wir auch einfach zu viel Respekt vor Brasilien.
Im Sommer ist die WM in Australien und Neuseeland. Vorher sind nur noch zwei Länderspiele gegen Vietnam und Sambia. Wie sehen Sie die Chancen, im Kader für die WM zu stehen?
Die WM ist ein riesengroßer Traum, aber da will ich mich jetzt noch nicht draufstürzen. Der Fokus liegt nun auf dem Verein, und wenn ich beim nächsten Lehrgang dabei bin, möchte ich mich wieder zeigen.
Was bedeutet es für Sie, als Sinsheimerin den Sprung in die A-Nationalmannschaft geschafft zu haben?
Es macht mich sehr stolz, dass ich alle U-Teams beim DFB und bei der TSG durchlaufen habe und den Verein jetzt auch in der A-Nationalmannschaft vertreten darf. Ich darf und durfte meinen Traum leben, ohne Internat, alles hier in meiner Heimat.
Für eine waschechte Kraichgauerin sprechen Sie ein bemerkenswertes Hochdeutsch.
Ja, mein Papa hat darauf immer sehr viel Wert gelegt. In der Grundschule habe ich noch Dialekt gesprochen. Leider habe ich es im Diktat auch geschrieben. (lacht)
Können Sie sich noch an Ihr erstes Training bei der TSG Hoffenheim bzw. im Förderzentrum St. Leon-Rot erinnern?
Ich habe erst bei den Jungs des SV Hilsbach gespielt und im Breitensport-Mädchen-Team in Hoffenheim gespielt. Die TSG hat bei den Turnieren, die stattfanden, immer gesichtet, und so wurde ich mal zu einem Sichtungstraining eingeladen. Jugendkoordinator war damals Marco Göckel.
Sie kämpfen mit Hoffenheim um Platz drei in der Bundesliga und um die erneute Champions-League-Qualifikation. Jetzt geht es am Freitag nach Leverkusen. Ein besonderes Spiel für Sie, oder?
Zumindest habe ich in Leverkusen mein erstes Bundesligaspiel gemacht. Ich war 17 und wurde in den letzten zehn Minuten eingewechselt. Ich weiß noch, dass ich zwei Ballkontakte hatte. Zu Platz drei: Es wird ein enges Rennen mit Frankfurt, kein Team darf mehr patzen. Wir spielen noch in Frankfurt und bei Bayern. Platz vier wäre eine Enttäuschung. Aber sollte es so kommen, wäre der Ehrgeiz nächste Saison noch mal größer.
Die TSG hat kürzlich sensationell mit 2:1 bei Meister Wolfsburg gewonnen. Beim Ausgleich waren Sie ja hautnah dabei.
Ja, das stimmt. Ich war nur froh, dass der Ball drin war und habe deshalb gejubelt. Alle stürzten auf mich zu, dabei habe ich das Tor gar nicht gemacht. Es war ein Eigentor von Felicitas Rauch.
Wie bringen Sie Fußball und Beruf unter einen Hut?
Ich mache eine dreijährige Ausbildung zur Physiotherapeutin, das passt natürlich auch gut zum Fußball. Trotzdem ist es ein hoher organisatorischer Aufwand. Ich bin froh, wenn das geschafft ist.
Abgesehen von dem einen Jahr in Orlando haben Sie ihr ganzes Leben in der Region verbracht. Können Sie sich einen Vereinswechsel vorstellen?
Momentan fühle ich mich sehr wohl hier. Wenn der Verein sich weiterentwickelt, kann es gut sein, dass ich mich auch noch in vier, fünf Jahren wohlfühle. Klar, das Ausland reizt ebenfalls, aber ich bin auch gerne bei meiner Familie.