Totgesagte leben länger - Buwe überraschen beim 4:2-Sieg
Unter Trainer Glawogger gelingt der erste Sieg. Mannheim schöpft im Abstiegskampf wieder neue Hoffnung.

Von Daniel Hund
Mannheim. Dominik Glawogger kam nicht weit. Kaum ertönte im Stadion der Freundschaft der Schlusspfiff, wurde der Trainer des SV Waldhof umzingelt: Gerhard Zuber und Mathias Schober, die sportliche Kommandobrücke der Blau-Schwarzen, nahmen ihn in die Mangel, erdrückten den 35-Jährigen förmlich. Warum, war oben an der Anzeigentafel abzulesen: Cottbus 2, Waldhof 4 – unglaublich, aber wahr! Da schießen die Buwe in zuvor vier Partien nur ein Törchen und knallen den heimstarken Cottbusern vier Dinger rein. Entsprechend emotional fiel die Party nach der Partie aus. Vor dem mit rund 600 Anhängern gut gefühlten Gästeblock wurde geschunkelt und getanzt.
Ganz viel gelacht.
Und die Fans hatten einen passenden Hit rausgekramt. Sie sangen: "Waldhof gibt nie auf!" Nicht wenige hatten das schon in der Vorwoche vermutet, geschimpft wie die Rohrspatzen, als es daheim im Krisengipfel gegen den VfB Stuttgart II nur zu einem 0:0 reichte.
Der Abstieg schien so gut wie besiegelt zu sein, auch jetzt ist es noch ein Ritt auf der Rasierklinge, aber die Hoffnung auf den Klassenerhalt ist zurück. Auch beim Trainer. Dominik Glawogger, der Glückliche: "Die Mannschaft hat einen Topjob gemacht und die Situation angenommen. Es war ein packendes Spiel – mit dem schönen Ende für uns."
Auch interessant
Die Ausgangslage vor dem Duell? Dramatisch. Der seit sechs Spielen Sieglos-Waldhof war quasi zum Siegen verdammt. Weil der "kleine VfB" am Samstag vorgelegt und mit 2:1 gegen Alemannia Aachen gewonnen hatte. Das kann schon mal für wacklige Knie sorgen. Mit Spannung erwartet: die Aufstellung. Wie geht Glawogger die Monster-Aufgabe im "Wilden Osten" an? So: Der Österreicher rotierte dreimal. Die Routiniers Terrence Boyd und Marcel Seegert waren nur Bankangestellte, Arianit Ferati und der baumlange Niklas Hoffmann rückten aufs Rasen-Rechteck. Den gelbgesperrten Janne Sietan ersetzte Maximilian Thalhammer.
Die Idee hinter dem Boyd-Verzicht war nach RNZ-Infos folgende: Kenny Okpala und Felix Lohkemper sollten als Doppelspitze Vollgas geben. Pressen bis der Arzt kommt, gegen den Ball alles raushauen und gegebenenfalls bei Kontern pfeilschnell ausschwärmen. Ansonsten erinnerte die Taktik stark an das 4-1-2-1-2-System, das Ex-Trainer Bernhard Trares spielen ließ. Hoffmann, Thalhamer, Rieckmann und Ferati bildeten im Zentrum die Raute.
Zum Spiel: Die Buwe begannen mutig, standen dem Aufstiegsanwärter früh auf den Füßen. Das Problem: Hinten fehlte zunächst die Stabilität, große Lücken taten sich auf. Und in eine stachen die Hausherren sofort: Henry Rorig lief, lief und lief, schaute hoch, nahm Maß und knallte die Kugel aufs lange Eck. Aufsetzer, Innenpfosten, drin das Ding. 1:0 Cottbus (7.).
Der Anfang vom Ende für den Waldhof? Nein, im direkten Gegenzug klingelte es auf der anderen Seite: Ferati schickte Julian Rieckmann mit einem Steilpass auf die Reise, der legte im Sechzehner ein kleines Tänzchen hin, steckte quer auf Lohkemper durch und der murmelte ihn rein (8.) – Ausgleich.
Ein Treffer, der sichtlich Mut machte. Der Waldhof war jetzt drin im Spiel, verdiente sich den Ausgleich immer mehr und stellte in der 30. Minute sogar auf 2:1: Wieder einmal war’s Kreativ-Geist Ferati, der eine perfekt gespielte Bogenlampe genau in den Lauf von Okpala zirkelte. Und der war nicht mehr zu stoppen, knallte den Ball mit Karacho ins Netz.
So ging’s auch in die Pause. Wer danach ein Energie im Dauerfeuer-Modus erwartet hatte, wurde schnell eines Besseren belehrt. Der Waldhof hatte weiter das Kommando – und belohnte sich rasch mit Okpalas zweitem Streich. In der 52. Minute fuhr der 20-Jährige Slalom. Ließ alle stehen und erhöhte auf 3:1. "Auf genau solche Situationen lauere ich", grinste das Schlitzohr: "Ich hab‘ mir dann einfach gedacht, lauf durch die Mitte."
Als Defensiv-Haudegen Henning Matriciani in der 62. Minute auf 4:1 erhöhte, war hinter dem Cottbus-Trip eigentlich bereits ein blau-schwarzer Haken. Daran änderte auch das 2:4 durch Tolcay Cigerci, der mit einem in der Entstehung extrem kritischen Elfmeter traf, nichts mehr.
Und was fehlt jetzt noch zum Klassenerhalt? Schwer zu sagen. Der SVW hat sich durch den 4:2-Coup wieder am VfB II und jetzt auch an der U23 von Borussia Dortmund vorbeigeschoben. Alle drei Mannschaften sind punktgleich, der Waldhof profitiert von der besseren Tordifferenz. Nächsten Samstag reist Titelkandidat Dynamo Dresden an, das in Mannheim den Aufstieg perfekt machen will. Der VfB II muss bereits freitags im Kellerduell in Dortmund ran.
Nervenkitzel pur.
Cottbus: Bethke - Rorig, Kusic, Kaizer (67. Hofmann), Hasse - Pelivan, Cigerci, Borgmann (51. Pronichev) - Copado (51. Krauß), Engelhardt, Halbauer (51. Thiele).
Waldhof: Bartels - Matriciani, Klünter (75. Seegert), Sechelmann, Voelcke - Hoffmann - Thalhammer, Rieckmann - Ferati (84. Becker) - Okpala (71. Abifade), Lohkemper.
Schiedsrichter: Bauer (Mainz); Tore: 1:0 Rorig (7.), 1:1 Lohkemper (8.), 1:2 Okpala (29.), 1:3 Okpala (52.), 1:4 Matriciani (62.), 2:4 Cigerci (66., Foulelfmeter); Zuschauer: 15.764.