Von diesem Szenario hat Emmanuel Iwe geträumt
Prima Einstand in der Dritten Liga: Der Neuzugang trifft in der Nachspielzeit.

Von Claus Weber
Sandhausen. "Wen wollt ihr denn als Interviewpartner haben?" Als sich Sandhausens Pressesprecher Kim Rileit in der 90. Minute auf den Weg in die Katakomben des Hardtwaldstadions machte, hatte er von den Journalisten keine eindeutige Antwort erhalten. Denn in den Vordergrund hatte sich bis dahin kein Kurpfälzer gespielt.
Eine Viertelstunde später hatte Rileit Emmanuel Iwe in die Mixed-Zone gelotst. Der 23-Jährige war – dazu bedurfte es keiner Nachfragen – der Spieler des Tages. In der dritten Minute der Nachspielzeit hatte der US-Amerikaner den Ball über die Linie gestochert und seinen SV Sandhausen zum nicht mehr erhofften 1:0-Auftaktsieg in der Dritten Fußballliga über den VfL Osnabrück geschossen. "Von so etwas träumst du", strahlte Iwe, "du kommst rein, es ist das erste Saisonspiel – und du machst gleich das Tor. Ich bin überglücklich."
Das waren auch die meisten der 3594 Zuschauer, die sich längst mit einem torlosen Remis abgefunden hatten. Denn Strafraumszenen waren bis zum Lucky Punch Mangelware. Der Absteiger aus Osnabrück hatte in der ersten Halbzeit mehr vom Spiel und die besseren Möglichkeiten – unter anderem einen Pfostentreffer von Jannes Wulff in der 36. Minute. Dafür waren die Gastgeber nach der Pause besser. Doch die beiden Gelegenheiten des neuen Stürmers Dominic Baumann waren nicht wirklich zwingend.
Ein Unentschieden – so ehrlich muss man sein – wäre auch gerecht gewesen. Das fand jedenfalls Uwe Koschinat. "Mit dieser Niederlage kann ich nur schwer umgehen", sagte der Osnabrücker Coach, der von Oktober 2018 bis November 2020 sehr erfolgreich am Hardtwald tätig war, "diesen einen Punkt dürfen wir nicht aus der Hand geben." Am Ende, so Koschinat, habe die Energie, die Sandhausen von der Bank gebracht habe, den entscheidenden Unterschied ausgemacht.
Auch interessant
Ristic’ kluge Schachzüge
Tatsächlich machte Sreto Ristic in seinem ersten Pflichtspiel als SVS-Coach mehrere Sachen richtig gut. Als er merkte, dass die Osnabrücker zu leicht durchkamen, berief der Serbe Marco Schikora vom Mittelfeld in die Abwehr, stabilisierte mit einer Fünfer-Kette sein Team. "Es war verrückt", klagte Ristic schmunzelnd, "wir hatten kein Videomaterial über Osnabrück auftreiben können, wir mussten uns erst während des Spiels anpassen."
Dann fand er in der Pause offenbar die richtigen Worte, denn danach waren die Sandhäuser mutiger und offensiver.
Und schließlich wechselte der Coach mit Emmanuel Iwe in der 76. Minute den Unterschiedsspieler ein.
Auch wenn Ristic diesen Begriff nie wählen würde, sondern darum bemüht war, seinen Torschützen vor allzu großem Rummel zu bewahren. "Der Junge muss hier erst mal richtig ankommen", sagte sein Trainer, "er hat eine wahnsinnige Geschwindigkeit und natürlich habe ich mir gewünscht, dass er diesen Speed auf den Platz bringt. Aber wir dürfen ihn mit unseren Erwartungen auch nicht erdrücken."
Den Druck möchte Ristic auch von seiner Mannschaft nehmen nach dem viel besseren Saisonstart als im vergangenen Jahr. Damals holte der SVS beim Aufsteiger Lübeck nur ein Remis, nun gegen den Absteiger Osnabrück einen Sieg. "Wir hätten auch mit einem Unentschieden leben können", gab Ristic zu und warnte vor verfrühter Euphorie: "Was am nächsten Wochenende auf uns zukommt, das ist noch einmal eine Etage höher."
Der 1. FC Saarbrücken, bei dem die Sandhäuser am Sonntag um 19.30 Uhr den zweiten Spieltag beschließen, sei eine erfahrene und abgeklärte Mannschaft. Die Saarländer hatten das Eröffnungsspiel der Dritten Liga am Freitagabend mit 1:0 bei 1860 München gewonnen – und das letzte Aufeinandertreffen mit Sandhausen im April gar mit 4:1.
Etwas einspielen können sich die Kurpfälzer am Mittwoch. Im badischen Pokal treten sie um 18.30 Uhr im Rhein-Neckar-Stadion bei Türkspor Mannheim an, den Vierten der zurückliegenden Landesliga-Saison. Die Frage nach einem Interviewpartner sollte dort früher geklärt sein.
Update: Sonntag, 4. August 2024, 16.55 Uhr
Last-Minute-Tor bringt 1:0-Auftaktsieg
Von Claus Weber
Sandhausen. Prima Einstand für den SV Sandhausen in die neue Saison der Dritten Fußballliga. Durch ein Last-Minute-Tor von Emmanuel Iwe in der dritten Minute der Nachspielzeit schlugen die Kurpfälzer den VfL Osnabrück etwas glücklich, aber nicht unverdient mit 1:0 (0:0). Der US-Amerikaner stocherte den Ball nach einem Tumult vor dem Osnabrück Tor über die Linie. Kurz darauf war Schluss – und der SV Sandhausen durfte sich über die ersten drei Punkte freuen.
Der Auftaktsieg geht in Ordnung, auch wenn der Absteiger aus Niedersachsen mit einem Pfostentreffer in der 37. Minute Pech hatte. Es war die einzig gute Möglichkeit in der regulären Spielzeit.
Was die drei Punkte wert sind, kann man nach dem ersten Spiel schwer sagen. "Wir wissen vor dem Start halt gar nicht, wo wir stehen", hatte Sreto Ristic zwei Tage vor dem Anpfiff eingeräumt. Viel schlauer ist der Sandhäuser Trainer nun auch nicht.
Mehr weiß man frühestens am Sonntag in einer Woche. Dann sind die Kurpfälzer um 19.30 Uhr zu Gast beim 1. FC Saarbrücken, der im Saisoneröffnungsspiel am Freitagabend mit 1:0 bei den Münchner Löwen gewonnen hat und in dieser Runde wieder zu den Mitfavoriten im Rennen um die Meisterschaft zählt.
Wie sich in den letzten Testspielen bereits abgezeichnet hatte, gab Trainer Sreto Ristic gleich fünf Neuzugängen das Vertrauen. Neben Rückkehrer Besar Halimi, der von September 2019 bis Juli 2021 schon mal am Hardtwald gespielt hatte, standen auch Jeremias Lorch (Viktoria Köln), der neue Kapitän Jakob Lewald (Dynamo Dresden), Marko Schikora (Erzgebirge Aue) und Stürmer Dominic Baumann (Hallescher FC) in der Startformation.
Die Partie begann flott. Noch keine zwei Minuten waren vergangen, da prüfte Osnabrücks Beermann den Sandhäuser Torwart Nikolai Rehnen mit einem Schuss aus der zweiten Reihe. Und im direkten Gegenzug köpfte SVS-Angreifer Baumann eine Flanke von Sebastian Stolze knapp neben den Kasten (3.).
Danach passierte eine ganze Weile nichts mehr. Erst eine Flanke von Tesche, die abgefälscht wurde, senkte sich gefährlich vors Tor. Nikolai Rehnen wehrte reflexartig zur Ecke ab (22.). In deren Anschluss schoss Kehl das Spielgerät knapp vorbei. Lichterloh brannte es dann allerdings der 36. Minute im Sandhäuser Strafraum: Erst traf Jannes Wulff den linken Pfosten, den Abpraller knallte Joel Zwarts freistehend über den Kasten. Riesen-Glück für die Gastgeber. Die letzte Gelegenheit vor der Pause hatten dann aber wieder die Kurpfälzer: Dominic Baumann hechtete nur um Zentimeter an der Hereingabe von Sebastian Stolze vorbei (45.).
Nach der Halbzeit fand der SV Sandhausen besser ins Spiel, hatte durch Patrick Greil zwei Gelegenheiten. Doch einmal traf der Mittelfeldmann am linken Pfosten vorbei (51.), beim anderen Mal wurde die Situation abgepfiffen, weil Baumann zuvor Beermann touchiert hatte (69.).
Erst in der Nachspielzeit wurde es wieder spannend. Alexander Mühling prüfte nach einem tollen Solo des eingewechselten Emmanuel Iwe VfL-Torwart Richter. Iwe machte es kurz darauf besser und schaffte den Lucky Punch. Der Ball sprang nach einer Abwehr von Richter im Strafraum hin und her – und Iwe drückte ihn schlussendlich über die Linie.
Sandhausen: Rehnen – Stolze, Lorch, Lewald, Weik – Halimi (76. Wolf), Schikora, Greil (83. Fuchs) – Otto (76. Iwe), Baumann (83. Pink), Maciejewski (64. Mühling).
Osnabrück: Richter – Ajdini, Gyamfi, Beermann, Wiemann – Kehl (43. Ercan), Gnaase, Tesche – Wulff (78. Mulaj), Zwarts (90. Engelhardt), Niehoff (78. Beyer).
Schiedsrichter: Martin Speckner (Runding)
Zuschauer: 3594
Tor: 1:0 Iwe (90.+3)