Die Handballer jagten von einer Sensation zur nächsten
Erftalgemeinde etablierte sich trotz Problemen als Handballhochburg

Hardheim. (zeg) Während die Gründung des TV Hardheim vor 125 Jahren an der Namensgebung "Turnverein" unschwer erkennen lässt, dass dessen Wirken aus der Aktivität von Turnern und auch Leichtathleten resultierte, wurde der Handballsport nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zu einem Selbstläufer.
Denn Hardheimer Turner und Leichtathleten erlebten bei auswärtigen Sportfesten als Zuschauer Handballspiele und fanden an dem Mannschaftsspiel der für sie neuen Sportart Gefallen. Die spektakuläre Entwicklung im Handball in Hardheim ging aus von den Eindrücken und Empfehlungen des Steinfurters Josef Dosch, der die Hardheimer Leichathleten betreute und auf dessen Anregung hin man es zusätzlich mit dem Handballsport probierte.

Hardheims Handballer mussten ihre ersten Spiele unter denkbar schlechten Bedingungen austragen. Sowohl TV als auch DJK lösten aber dennoch große Begeisterung aus. Die TV-Mannschaft trainierte und spielte auf der Insel bei der Gärtnersmühle, die DJK auf dem früheren Bahnhofsgelände. Beide beschafften sich schließlich andere Spielstätten, der TV auf den Wiederrothwiesen unterhalb des Friedhofs, die DJK wechselte auf ein Gelände am "Schmiergässle". Mit den dann bespielbaren Plätzen konnte ein geregelter Spielbetrieb begingen.
Hintergrund
Goldene Jahre
Mit einem knappen 21:20-Sieg beim TSV Malschenberg stiegen die "Erftäler" im April 1984 in die Regionalliga Süd, die dritthöchste deutsche Spielklasse, auf. Drei Spielrunden lang boten sie dort renommierten Mannschaften wie Scharnhausen,
Goldene Jahre
Mit einem knappen 21:20-Sieg beim TSV Malschenberg stiegen die "Erftäler" im April 1984 in die Regionalliga Süd, die dritthöchste deutsche Spielklasse, auf. Drei Spielrunden lang boten sie dort renommierten Mannschaften wie Scharnhausen, Rintheim, Birkenau, Oppenweiler oder Hemsbach Paroli, ehe sie 1987 wieder abstiegen.
Hintere Reihe (v. l.): Julius Heim (stellvertretender Abteilungsleiter), Alex Wilhelms (Physio), Dieter Huspenina, Ralf Drolshagen, Peter Steinbach, Bernhard Bischof, Norbert Fürst, Armin Engels, Stefan Heffner und Ernest Pahan (Trainer).
Vordere Reihe (v. l.): Arnold Weimann, Jürgen Weimann, Reimund Weimann, Peter Huspenina, Martin Wilhelms, Martin Steinbach, Michael Leitner und Norbert Horn. Es fehlt: Hermann Wawatschek (Abteilungsleiter).
Der TV spielte im Gau Main-Neckar zwischen Wertheim und Eberbach, die DJK im Bezirk Bauland mit den Kreisen Buchen, Mosbach und Tauberbischofsheim. Beide Mannschaften waren sehr erfolgreich. Die DJK kam 1932 zu Meisterehren und spielte um den Aufstieg gegen Mannheim-Lindenhof, musste jedoch finanziell bedingt passen. Der TV seinerseits wurde Bezirksmeister.
Trotz aller bestehenden Rivalitäten kamen beide Vereine nicht um einen Zusammenschluss herum, als der DJK als Sportgruppe christlichen Ursprungs jeglicher Sportbetrieb untersagt wurde. Sie hoben 1934 die Turngemeinde aus der Taufe, doch trotz des Zusammenschlusses und des beidseitigen Willens zur Zusammenarbeit kam der Sportbetrieb fast zum Erliegen.
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Zehn Jahre nach dem ersten Handballspiel fand dann wieder eine junge Mannschaft zusammen. 1938 wurde der bestehende Sportplatz verbessert, regelmäßig wurden dann Spiele ausgetragen. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs stoppte der Spielbetrieb 1939 erneut, bevor er 1942 ganz einschlief. Erst am 7. April 1946 durfte der TV mit Genehmigung der Militärregierung erneut gegründet werden – und der Verein ging erstmals mit einer Damenmannschaft an den Start.
1947 gab es dann das erste der in der Folgezeit beliebten Blitzturniere, die sonntäglichen Spiele der zwei Mannschaften zogen Scharen von Zuschauern an. Das war damals Feldhandball, ehe sich zu Beginn der 50er Jahre der Hallenhandball durchsetzte. Schon 1952 errang ein Team des TV Hardheim erstmals die neu kreierte Odenwaldmeisterschaft im Hallenhandball. Das Handballfieber erfasste Ende der 40er und 50er Jahre die Jugend, bis heute spielt die Jugendarbeit in der Handballabteilung eine gewichtige Rolle. Obwohl ohne eigene Halle, hatten die Hardheimer Handballer in der Folgezeit fast ein Abonnement auf den Titel des Odenwaldmeisters, und Hardheim wurde zum bekanntesten Handballort zwischen Würzburg und Heidelberg.
Als 1960 die neue Schulsporthalle eingeweiht war, verfügten die Handballer erstmals über eine Trainingsmöglichkeit für das Hallenhandballspiel. Auf Anhieb schafften sie den Aufstieg aus der Kreisklasse Würzburg in die Bezirksklasse Unterfranken. Daraus resultierten allerdings neue Probleme: Die Hallengröße reichte nicht mehr aus. Dennoch holten sich die Hardheimer 1964/65 erstmals die Meisterschaft in Unterfranken. Nach der erneuten Bezirksmeisterschaft in Unterfranken gelang 1967 dann sogar der Aufstieg in die Landesklasse Nord, die damals dritthöchste Spielklasse. Seit dieser Zeit war dann immer wieder die Rede von Hardheim als Hochburg des Hallenhandballspiels.
Dann allerdings folgte der Wechsel der Handballer von Bayern nach Baden, als die Funktionäre 1969 das Gastspielrecht von badischen Mannschaften im bayerischen Handballverband kündigten. Die 1. Mannschaft spielte künftig in der badischen Oberliga und sorgte dort ob ihrer Erfolge und Siege kurz für Furore, ehe sie 1970 aus der Oberliga abstieg.

Die Gründung der Bürgerinitiative "Große Sporthalle für Hardheim" ermöglichte endlich den lang ersehnten Bau einer großen Sporthalle und eröffnete Erfolgsaussichten. 1982 gelang mit der Verpflichtung des ehemaligen rumänischen Nationalspielers Ernest Pahan ein "großer Wurf", und die Hardheimer Handballer stiegen wieder in die Oberliga auf, qualifizierten sich für die Pokalspiele auf süddeutscher und dann sogar bundesdeutscher Ebene. In der zweiten Spielrunde mit Ernest Pahan wurde der TV erstmals badischer Meister und schaffte den Aufstieg in die süddeutsche Regionalliga, die dritthöchste Spielklasse.
Der Einzug in den Pokalwettbewerb des deutschen Handballbunds führte schließlich zu der wohl spannendsten Begegnung der Hardheimer Handballer: In einem regelrechten Handballkrimi bezwang der TV nach zweimaliger Verlängerung, vier Sekunden vor der Schlusssirene, in der Walter-Hohmann-Halle Bundesligaaspirant TSV Milbertshofen mit 25:24. Hardheim schoss sich mit diesem Sieg unter die 32 besten Mannschaften der Bundesrepublik. Gegen den DSC Wanne Eickel fanden die Hardheimer dann allerdings nicht mehr zu solcher Hochform und unterlagen.
Wie überall im Leben folgte dem Höhenflug der Abstieg, der in die Oberliga und dann sogar in die Landesliga führte, ehe 1991 der Wiederaufstieg in die Oberliga gelang. Nach weiteren Höhen und Tiefen spielen die Handballer im Jubiläumsjahr des TV nun mit ihrer 1. Mannschaft mit Erfolg in der Badenliga, der fünfthöchsten im Spielbetrieb des deutschen Handballbunds. Die 2. Mannschaft ist in der Bezirksklasse zu finden, die 3. Mannschaft in der Kreisklasse B und die Damen der HSG Odenwald-Bauland in der Bezirksliga.
Die Handballer haben nicht nur beeindruckende Erfolge gefeiert und die Massen mitgerissen, sondern tolle Kameradschaft gezeigt und so beste Werbung für den Handball und für die Erftalgemeinde betrieben. Besonders die Jugendarbeit liegt den Verantwortlichen des TVH seit vielen Jahren am Herzen, bildet doch gerade der Nachwuchs den Unterbau für den Seniorenbereich und ist damit die Zukunft der Abteilung.