Warum Schiri-Legende Aron Schmidhuber eineinhalb Stunden zum A-Liga-Spiel fährt
Warum Aron Schmidhuber dem FC Eschelbronn und FVS Sulzfeld auf dem Kallenberg zuschaute.

Von Eric Schmidt
Sinsheim. War das nicht? Doch, er war es. Der Mann, der am Pfingstsamstag auf einer Bank im Schatten Platz genommen hatte, war tatsächlich Aron Schmidhuber. Der ehemalige Fifa-Schiedsrichter schaute sich auf dem Kallenberg das A-Liga-Spitzenspiel zwischen dem FC Eschelbronn und FVS Sulzfeld an.
Aron Schmidhuber hat schon viele Stadien gesehen in seinem Leben. Der ehemalige Fußball-Schiedsrichter hat in Wembley das Europapokalfinale der Landesmeister zwischen dem FC Barcelona und Sampdoria Genua gepfiffen (1992). Im Giuseppe Meazza schaute er dem AC Mailand und Real Madrid auf die Füße (1989), im Old Trafford Manchester United und Legia Warschau (1991). Schmidhuber leitete bei der WM 1990 in Italien die WM-Spiele England - Irland sowie Spanien - Jugoslawien, bei der EM 1992 bekam er es mit der Partie Dänemark - Schweden zu tun. Am Samstag kam der viel gereiste Referee aus Bayern an einen Ort, an dem er zuvor noch nie gewesen war: auf den Kallenberg.
Keine Pfeife. Weder eine Gelbe geschweige denn eine Rote Karte, auch kein Notizblock oder ein Stift: Der 75-Jährige saß in Jeans und kariertem Hemd auf einer Bank im Seitenaus, um sich in aller Ruhe das A-Liga-Endspiel um Platz zwei zwischen dem FC Eschelbronn und dem FVS Sulzfeld anzuschauen. Was ihn ausgerechnet nach Eschelbronn geführt hatte? "Bei uns in Bayern ist die Saison bereits zu Ende. Zu Hause habe ich mir ein paar Tabellen angeschaut und mir ein Spiel ausgesucht, bei dem es noch um was geht", antwortete Schmidhuber.
Von Eibelstadt bei Würzburg war er deshalb auf den Kallenberg gefahren, eineinviertel Stunden hatte der Trip gedauert, dank Navi hatte er den "Betze" vom Kraichgau ohne Probleme gefunden. Der neutrale Beobachter Schmidhuber schaute sehr genau hin, was sich auf dem kleinen, engen Rasen alles abspielte. Wie Eschelbronn sich ins Getümmel stürzte und den Gegner mit seinen Ecken in Bedrängnis brachte. Wie Sulzfeld mit seinen schnellen Vorstößen gefährlich wurde. Wie ein umstrittener Foulelfmeter von Andreas Dinkel zum 1:0 führte (83.). Und wie nur vier Minuten später Hendrik Hauber zum 1:1-Ausgleich köpfte. Klar, dass Schmidhuber auch ein Auge auf den Schiedsrichter, Manuel Kahl, warf.
Ob er andere Entscheidungen getroffen hätte als der Schiri dieses Spiels? Hin und wieder schon, ja. In der 30. Minute, als Sebastian Baumgartner (FCE) den schnellen Tarek Aljokhadar (FVS) von den Beinen holte, hätte es der "Schiedsrichter des Jahres" von 1987, 1991 und 1992 nicht mit Gelb bewenden lassen. "Das ist glatt Rot. Vor allem, wenn man das Tempo bedenkt, dass in der Aktion drin war", sagte Schmidhuber. Auch den überharten Einstieg von Patrick Heckler (FVS) in der zweiten Halbzeit hätte er schärfer als mit Gelb sanktioniert.
Manuel Kahl war mit sich im Reinen: "Ich bin meiner Linie treu geblieben. Ich denke, es hat zusammengepasst", sagte der Referee, der seine Entscheidungen gegenüber den Kickern klar kommuniziert hatte: Was bei dem einen nicht Rot gewesen war, konnte auch beim anderen kein Rot sein. So sahen es auch die Trainer. "Es hätte zwei Mal Rot geben können. Dass es nur Gelb gab, fand ich hinsichtlich der Relegation gut vom Schiedsrichter", lobte Andreas Dinkel.
Aron Schmidhuber weiß, wie es ist als Schiri. In seiner Karriere fand er die kleinen Spiele von kleinen Kulissen schwieriger als die Spiele vor 80.000 Fans. "Ehrlich gesagt war ich nervöser bei den Spielen in den unteren Ligen – bei denen man jedes Wort mitbekommt. Das hat mich viel mehr gestört. Im großen Stadion hörst du nur ein Rauschen", hatte Schmidhuber vor ein paar Jahren in einem Interview mit dem "Spiegel" gesagt.
Ach ja: Spielerisch hatte ihn der Schlagabtausch zwischen Eschelbronn und Sulzfeld nicht vom Hocker gerissen. Bereut hat er seinen Ausflug in den Kraichgau trotzdem nicht. Denn: "Sonst hätte ich im Garten arbeiten müssen. Da bin ich jetzt drumrum gekommen."