Sicherer Rückhalt: Löwen-Keeper Andreas Palicka glänzte mit 17 Paraden. Foto: vaf
Von Tillmann Bauer
Mannheim. Martin Schwalb ist ein Harmonie-Mensch. Das, was den Trainer der Rhein-Neckar Löwen am Handballsport fasziniert, ist das Zwischenmenschliche. So ließ es sich "Schwalbe" am Sonntagnachmittag, nachdem sein Team zum Auftakt der Bundesliga den TVB Stuttgart deutlich mit 30:20 geschlagen hatte und sich damit vorübergehend Tabellenführer nennen darf, nicht nehmen und lehnte sich entspannt über das Tribünen-Geländer. Er suchte den Dialog mit den Fans.
Ja, den Fans. Schließlich war das zweite Geisterspiel der Geschichte kein richtiges. Zehn einsame Zuschauer erhielten Zutritt zur Stehplatz-Tribüne, sie waren jeweils mit Trommeln ausgestattet und versuchten damit alles, um die eigenen Idole akustisch nach vorne zu peitschen.
Immerhin: Zahlentechnisch ist das – im Vergleich zu Dienstag, als man in der Quali zur European Handball League vor komplett leeren Rängen gegen TTH Holstebro spielte – eine deutliche Steigerung. Schwalb sagte: "Da hat man mal gemerkt, wie wichtig das für die Mannschaft und unsere Sportart ist. Dass es Menschen gibt, die sich dafür begeistern."
Nachdem die Stadt Mannheim kürzlich das überarbeitete Hygiene-Konzept für die SAP Arena abgelehnt hat, bleiben weitere Steigerungen aber stark zu bezweifeln. Patrick Groetzki sagte: "Man hat heute gesehen, dass wir besser wussten, wie wir damit umzugehen haben. Wir waren an die Situation gewöhnt, dass da nichts kommt, wenn man ein Tor schießt." Der TVB Stuttgart tat sich dagegen schwer.
Doch nicht nur die Stimmung steigerte sich, auch die Leistung auf dem Feld war eine ganz andere im Vergleich zum schwachen Auftritt gegen Holstebro. Die Mannschaft, die Schwalb gestern gegen die Schwaben aufs Feld schickte, präsentiere sich agil in der Deckung und kreativ im Angriff – auf Rechtsaußen durfte sogar Oldie Alexander Petersson beginnen, der eindrucksvoll unter Beweis stellte, dass er mit 40 Jahren noch keineswegs zum alten Eisen gehört. Weil die Stuttgarter in allen Belangen zu harmlos waren und Schlussmann Andreas Palicka vor keine großen Herausforderungen stellten, führten die Löwen schon zur Pause mit 17:9. Die Begegnung war eigentlich schon entschieden – der Rest war Schaulaufen: Kapitän Uwe Gensheimer meldete sich nach überstandener Erkältung zurück, Neuzugang Mait Patrail durfte wertvolle Spielminuten im Innenblock sammeln und das 18-jährige Nachwuchs-Talent David Späth, das noch immer den verletzten Mikael Appelgren ersetzt, feierte zehn Minuten vor Schluss sein Bundesliga-Debüt.
Matchwinner Palicka durfte sich mit einer Quote von unglaublichen 53 Prozent gehaltener Bälle in den Feierabend verabschieden. Auch wenn die Teamkollegen klatschten, blieb der Schwede bescheiden: "Wir haben glaube ich die beste Deckung seit eineinhalb Jahren gespielt. Dann kam das Selbstvertrauen dazu – wir waren viel besser heute."
Eine ähnliche Leistung wird wohl auch wieder am morgigen Dienstag (19 Uhr) benötigt. Im Lokal-Derby bei den Eulen Ludwigshafen sind in der Ebert-Halle bis zu 500 Zuschauer erlaubt – im Vergleich zu den gestrigen zehn wäre das nochmal ein gewaltiger Sprung. Patrick Groetzki lacht: "Ich bin ganz froh, dass Kai Dippe und Frederic Stüber nicht mehr dort spielen, das waren die Aggressive-Leader – trotzdem wird das sicher unangenehm."
Löwen: Gensheimer 3/2, Baena 4, Nilsson 6, Schmid 5/1, Gislason 1, Petersson 4, Lagergren 3, Tollbring 2, Kirkelokke 1, Groetzki 1,
Stuttgart: Kristjansson 5/1, Weiß 1, Peshevski 5, Müller 4, Zieker 1, Lönn 1, Pfattheicher 1, Röthlisberger 1, Häfner 1,
Strafminuten: Petersson 2, Gislason 2, Abutovic 4 – Röthlisberger 2, Lönn 4, Asgeirsson 2
Stenogramm: 4:2 (7.), 10:4 (16.), 14:7 (21.), 16:8 (27.), 17:9 (Halbzeit), 20:11 (38.), 22:13 (44.), 26:15 (50.), 27:19 (57.), 30:20 (Endstand).