Gut gebrüllt: Ober-Löwe Andy Schmid ist für jede Abwehrreihe in ganz Europa ein Albtraum. Die Geniestreiche des Schweizers sind legendär. Foto: vaf
Von Daniel Hund
Heidelberg. Begibt man sich auf die Suche nach den besten Spielmachern der Handball-Welt, kommt man an einem definitiv nicht vorbei. Andy Schmid (34) natürlich! Der Kopf der Rhein-Neckar Löwen. Der Mann, der irgendwie immer einen Lösungsansatz findet. Im Januar war es jetzt mal ruhig um ihn. Während der Rest der Elite auf dem Balkan nach dem EM-Titel griff, tauchte Andy Schmid ab. Zuhause in der Schweiz ließ der frisch gebackene Handballer des Jahres mit der Familie die Seele baumeln, schaltete ab. "Das hat mir gut getan, ich konnte den ganzen Handball-Zirkus mal hinter mir lassen", sagt der Mittelmann mit der eingebauten Torgarantie.
Doch bei all der Erholung, es war auch eine schwere Zeit. Denn es lief wieder mal ein großes Turnier bei dem Schmid fehlte. Das "Problem" ist sein Heimatland. Außer ihm gibt es dort nur ganz wenige Top-Handballer. Mittlerweile müsste er sich eigentlich an die Zuschauerrolle gewöhnt haben, wenn die besten Nationen ihre Titelträger ermitteln. Aber dem ist nicht so. Im Gegenteil: "Wenn ich ehrlich bin, dann wird es für mich von Jahr zu Jahr schwerer. Ich würde wirklich sehr gerne auch mal bei so einem Turnier dabei sein. Es ist wirklich hart für mich!"
Verpasst hat er kaum ein Spiel. Und nicht immer gefiel ihm, was er gesehen hat. Richtig verwundert ist er jedoch darüber, wie gerade das Hauptrunden-Aus der deutschen Mannschaft aufgearbeitet wird. Unter anderem auch der kritische Umgang mit Uwe Gensheimer, seinem Ex-Kollegen bei den Löwen. "Da werden jetzt Leute in die Ecke gedrängt. Auf sie zeigt man mit dem Finger. Diese Entwicklung finde ich wirklich krass und bedenklich." Und weiter: "Es ist ja noch gar nicht so lange her, da durfte Deutschland nur dank einer Wildcard bei solchen Turnieren starten. Das darf man nicht vergessen."
Mit einem wie Schmid wäre Deutschland wohl dem vorzeitigen K.o. entgangen. Denn einen Denker und Lenker von Topformat hat der DHB nicht. Eine mögliche Lösung: Schmid wird Deutscher. So kann er selbst endlich mal an einem großen Turnier teilnehmen und Deutschland bekommt den wohl weltbesten Ideengeber. "Naja, eine Einbürgerung war ehrlich gesagt noch nie ein wirkliches Thema für mich", schmunzelt der König der Löwen.
Genug geträumt, es gibt Wichtigeres. Nämlich die Titelverteidigung der Löwen, der Hattrick in der stärksten Liga der Welt. Schmid selbst schwitzt schon eine ganze Weile für den neuerlichen Coup. Mitte Januar begannen die Nicht-EM-Fahrer mit dem Training. Gemeinsam mit der Reserve wurde vor allem an den Grundlagen gefeilt, Kraft und Kondition gebolzt. Das eigentliche Mannschaftstraining unter Meistertrainer Nikolaj Jacobsen hat am 1. Februar wieder begonnen.
Die Zielsetzung ist klar definiert: die nächste Meisterschaft soll her. "Wir wissen schon, dass noch 15 Spiele zu spielen sind, aber wir sehen jetzt jede Partie als eine Art Endspiel an", sagt Schmid. In Sachen Hauptkonkurrenten tippt er vor allem auf Flensburg und Kiel. "Der THW hat jetzt wieder Aufwind, die muss man trotz des Rückstandes im Auge haben", betont der Superstar der Löwen. Und was ist mit den Berliner Füchsen? "Die sind genau wie Hannover auch gefährlich. Wobei Berlin mit Petar Nenadic in der Winterpause einen ganz wichtigen Mann verloren hat. Er war der X-Faktor."
Wichtig wird sein, dass die Gelben locker bleiben. Ganz cool. Schmid macht sich diesbezüglich jedenfalls keine Sorgen. Er lächelt: "Wir waren jetzt zweimal Meister und sind mittlerweile recht erfahren. Warum sollten wir jetzt nervös werden?"
Gegenfrage: Klappt es diesmal vielleicht sogar mit dem Triple? Also neben der Meisterschaft auch mit dem Titel im DHB-Pokal und der EHF-Champions-League!? "Möglich ist das sicher. Wir wissen, dass wir in Europa jede Mannschaft schlagen können, aber eben auch gegen einige Teams verlieren können", stellt Schmid klar und zuckt mit den Schultern.
Entscheidend ist demnach immer auch die Tagesform. Schmid nickt: "Hast du in der K.o.-Phase drei gute Tage, stehst du eigentlich schon so gut wie sicher im Final Four. in Köln, was für den ganzen Verein natürlich eine Riesen-Sache wäre."
Trotzdem steht die Meisterschaft für Schmid über allem. "Dieser Titel ist einfach der schwierigste Titel, den du in Europa holen kannst. Für mich ist er das Größte überhaupt."
Der Meisterschafts-Hattrick käme Schmid deshalb sicher nicht ungelegen. Nun heißt es Daumen drücken.