Rückkehrer Uwe Gensheimer hebt ab und erzielt einen seiner sieben Treffer für die Löwen. Foto: vaf
Von Tillmann Bauer
Ludwigshafen. Erst zehn Minuten vor Schlusspfiff war alles wie früher. Uwe Gensheimer, Rückkehrer und Vereinsikone, sprintete alleine auf das gegnerische Tor zu, brachte den Harzball mit einem eleganten Dreher im gegnerischen Kasten unter, breitete seine Arme auf dem Rückweg in die Abwehr aus und brüllte seine Freude Richtung Publikum. Es war der Treffer zur zwischenzeitlichen Vier-Tore-Führung und gleichzeitig die Vorentscheidung in einer extrem zähen Bundesliga-Auftaktpartie, die die Rhein-Neckar Löwen bei den Eulen Ludwigshafen letztendlich mit 26:23 (11:11) für sich entschieden. "Das hat sich heute nicht sehr gut angefühlt", sagte Gensheimer, als er im Kabinengang der Friedrich-Ebert-Halle stand. Man sei, so der Publikumsliebling, insgesamt sehr, sehr weit vom eigenen Leistungsmaximum entfernt gewesen: "Klar freuen wir uns über die zwei Punkte. Aber wir können viel besser Handball spielen als wir es getan haben."
Viele technische Fehler
In der Tat. Weil die Löwen unglaublich viele technische Fehler produzierten und sich im Angriff schwer taten, Lösungen zu finden, hatte man das Gefühl, dass sich der zweifache Deutsche Meister - vielleicht inspiriert von einer extrem stickigen Luft in der Halle - noch in der Sommerpause befand. "Wir waren oft zwar da, meistens haben dann aber ein paar Zentimeter gefehlt", sagte Gensheimer. Mit sieben Toren war er erfolgreichster Werfer: "Für mein erstes richtiges Spiel war es ganz okay, aber ich war trotzdem nicht zufrieden mit unserer Mannschaftsleistung."
Lange Zeit lagen die Eulen, die - wie man es von ihnen kennt - bedingungslos um jeden Ball kämpften und die Zuschauer mit emotionalen Abwehraktionen begeisterten, in Führung. Kristjan Andresson, der sich sein Debüt als Bundesliga-Trainer sicher etwas entspannter vorgestellt hatte, war gezwungen, bereits früh seine zweite Auszeit zu nehmen. Was er da auf dem blauen Hallenboden sah, konnte ihm gar nicht gefallen. "Wir wussten, dass es sehr hart wird", sagte der Isländer. Man sei gewarnt gewesen und hatte erwartet, dass sich die Eulen in jeden Zweikampf mit vollem Einsatz werfen würden: "Und trotzdem haben wir uns im Angriff extrem schwer getan." Das hatte auch damit zu tun, dass Andy Schmid nicht wie gewohnt auf dem Feld den Ton angab, sondern mit schwarzer Baseball-Kappe auf der Ersatzbank saß - muskuläre Probleme machten einen Einsatz im Derby unmöglich. "Natürlich hat uns Andy sehr gefehlt. Aber daran lag es nicht, wir haben einige Spieler, die das kompensieren können", sagte Andresson.
Einer von diesen Unterschiedsspielern war Romain Lagarde. Der Löwen-Neuzugang ließ seiner Aussage, dass er Verantwortung übernehmen wolle, Taten folgen und war gerade dann, wenn es brenzlig wurde, eiskalt zur Stelle und sorgte für entscheidende Tore. "Das Wichtigste war einfach, dass wir gewonnen haben", sagte der Franzose, als er auf seine eigene Leistung angesprochen wurde. Auch wenn er es nicht selbst ausformulieren wollte: Gerade Romain Lagarde war es, der den Rundenstart rettete.
"Er nimmt eine wichtige Rolle im Team ein", lobte auch sein Trainer. Andresson sei sehr zufrieden, wie der Rückraumspieler bereits Verantwortung übernehme und sich nicht scheue, den Ball in der sogenannten "Crunch-Time" aufs gegnerische Gehäuse zu werfen.
Dass vor dem Topspiel am Donnerstag gegen Flensburg eine Leistungssteigerung her muss, konnte auch Andresson nicht bestreiten: "Das war ein typisches Auftaktspiel. Die Eulen haben um jeden Ball gekämpft und wir haben eben ein bisschen gebraucht, bis wir ins Spiel gekommen sind. Ich bin mir sicher, dass wir am Donnerstag anders auftreten werden." Ob Schmid bis dahin wieder die Baseball-Kappe abnehmen und auf dem Feld stehen kann, ist noch fraglich. Falls nicht, weiß man nun ja, wem man in den brenzligen Situationen den Ball zuspielen kann …
Löwen: Appelgren, Palicka 1 - Gensheimer 7/2, Kirkelokke, Lagarde 5, Tollbring, Ahouansou, Abutovic, Larsen, Fäth, Groetzki 5, Guardiola, Petersson 5, Nielsen 1, Ganz, Kohlbacher 2.
Spielfilm: 3:2 (7.), 5:5 (14.), 9:7 (24.), 11:11 (Halbzeit), 13:13 (35.), 15:16 (44.), 17:20 (49.), 21:25 (55.) 23:26 (Ende); Zuschauer: 2350 (ausverkauft).