Von Tillmann Bauer
Mannheim. Bereits die Einlaufzeremonie ließ auf nichts Gutes schließen. Als Kevin Gerwin, der Hallensprecher der Rhein-Neckar Löwen, die Gastmannschaft, wie es sich für einen guten Gastgeber gehört, zuerst in die Mannheimer GBG-Halle rief, dauerte es ein paar Minuten, bis sie tatsächlich auftauchte. Der weißrussische Rekordmeister SKA Minsk, der sich mit dem zweifachen deutschen Meister im Rückspiel um den Einzug in die Gruppenphase des EHF-Cups stritt, taumelte völlig verunsichert aus dem Kabinengang auf das Spielfeld und stellte sich – zu allem Übel – auch noch auf der falschen Seite der Spielfläche auf. Die Schläfrigkeit übertrug sich auch auf die eigene Leistung; kurzum: die Löwen überrollten die Weißrussen und siegten hochverdient mit 29:17. Das Vier-Tore-Polster, das man sich noch am Sonntag in Minsk herausgeworfen hatte, wurde überhaupt nicht benötigt.
"Das war ein sehr guter Auftritt von uns, wir waren viel besser als im Hinspiel", sagte Löwen-Trainer Kristjan Andresson. Er war hochzufrieden, als er an der kahlen Wand vor der Kabine lehnte: "Außerdem hat sich niemand verletzt – es war also ein perfekter Abend." Auch wenn der zuletzt so starke Abwehrriese Gedeon Guardiola, der die Löwen nach der Saison in Richtung Lemgo verlassen wird, nicht mal von Beginn an auflief, war die Defensive der Badener extrem kompakt.
Weil es bereits nach 20 Minuten 11:2 stand und jeder Zuschauer in der Halle spürte, dass die Weißrussen nicht den Hauch einer Chance haben werden, begann Coach Andresson das muntere Wechselspiel. Es gab in den vergangenen Wochen nicht ganz so viele Möglichkeiten, auch den Spielern aus der zweiten Reihe eine Chance zu geben, sich mit guten Leistungen zu empfehlen.
Nutzen konnten diese unter anderem Linksaußen Jerry Tollbring, Rechtsaußen Tim Ganz und der dänische Neuzugang Niclas Kirkelokke; Uwe Gensheimer wurde genau wie der angeschlagene Alexander Petersson über 60 Minuten geschont. Vermisst wurden sie – und das ist ein positives Zeichen – aber nicht.
"Wir haben gut gearbeitet und konnten so unsere leichten Tore erzielen", erklärte Trainer Andresson. Denn es war ein Spielverlauf, der vor allem ihm gefallen konnte. Schließlich verfolgt der schwedische Nationaltrainer die Philosophie nicht nur viel zu rotieren, sondern auch eine massive Deckung zu spielen, Ballgewinne zu provozieren und es dadurch immer wieder zu schaffen, schnelle Kontertore zu erzielen.
Weil all das der Fall war, stand der Übungsleiter bereits Mitte der zweiten Halbzeit lässig vor der Bank, hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben und konnte einfach zusehen, wie seine Mannschaft das umsetzte, was er forderte. Schließlich rollte der Löwen-Angriff fast im Minutentakt wie eine gelbe Dampfwalze nach vorne.
Es wäre Andresson wohl nicht unrecht, wenn in naher Zukunft noch einige solcher Einbahnstraßen-Handballspiele kommen werden.
Löwen: Appelgren, Palicka - Gensheimer, Schmid 2/1, Kirkelokke 4, Lagarde 1, Tollbring 3, Abutovic, Mensah Larsen 2/1, Fäth 2, Groetzki 4, Guardiola 4, Petersson, Nielsen 3, Ganz 2, Kohlbacher 2.
Minsk: Maroz, Kishou - Hiryk 1, Leukhin 2, Sabko, Aliokhin 2/2, Nikulenkau 3, Kamyshyk 1, Kryvenka 1, Rutenka, Ushal, Cherkashchenko 2, Kinl, Bokhan 4, Brouka, Shylovich 1.
Stenogramm: 3:1 (5.), 6:1 (10.), 7:2 (15.), 11:2 (20.), 13:6 (25.), 15:6 (Halbzeit) - 17:8 (35.), 19:10 (40.), 20:11 (45.), 23:13 (50.), 25:15 (55.), 29:17 (Ende).
Zuschauer: 1038.
Update: Mittwoch, 20. November 2019, 21.20 Uhr