Von Tillmann Bauer
Düsseldorf. Der Weg zur Gästekabine im Düsseldorfer ISS Dome ist sehr lang. Die Wände sind kahl, der Gang ist breit – es ist generell sehr geräumig. Am Donnerstagnachmittag, nachdem die Handballer der Rhein-Neckar Löwen beim Bergischen HC einen überdurchschnittlichen Auftritt hingelegt und einen 29:26-Auswärtssieg eingefahren hatten, wurde es aber doch ziemlich eng und – passend zu Weihnachten – kuschelig vor der Umkleide. Denn sie war abgeschlossen, was zur Folge hatte, dass Trainer Kristjan Andresson zunächst seine Kabinenpredigt verschieben musste und Oliver Roggisch, der Sportliche Leiter, hektisch durch die Arenagänge tigerte, um den Hausmeister mit dem zugehörigen Schlüssel zu suchen.
So weit, so schlecht – man nahm es mit Humor, schließlich zeigten sich die Löwen in diesem Weihnachtsspiel, in dem man sich traditionell in der Vergangenheit schwergetan hatte, ungewohnt souverän und durften sich im letzten Duell vor der Europameisterschafts-Pause noch mal über zwei Punkte freuen. Es gab also doch noch ein besinnliches Jahresende.
"Ich bin erleichtert und glücklich über diesen Sieg", sagte Coach Andresson. Er stand gerade im Spielertunnel und herzte jeden seiner Schützlinge, der an ihm vorbeilief: "Vor allem Niclas und Romain haben es heute gut gemacht. Es war wichtig, dass wir Kraft aus dem Rückraum hatten." Denn hervorzuheben war diesmal, dass die beiden angesprochenen Neuzugänge Niclas Kirkelokke (5 Tore) und Romain Lagarde (7), die von Beginn an das Vertrauen bekamen, selbstbewusst auf das gegnerische Tor warfen. Ungewohnt viel Gefahr ging generell von der zweiten Reihe der Gelben aus, so traf auch Routinier Alexander Petersson, der zuletzt immer wieder aufgrund von Rückenproblemen gefehlt hatte, in der Schlussphase richtige Entscheidungen und sorgte dafür, dass die letzten Spielminuten nicht in einem Krimi endeten.
Aber auch die Deckung der Löwen, in der Jesper Nielsen und Gedeon Guardiola den Innenblock bildeten, zeigte sich stark verbessert – dahinter krallte sich der bärenstarke Torwart Mikael Appelgren die Bälle und erinnerte an die Tage, an denen die Gelben noch Angst und Schrecken in der Bundesliga verbreiteten. "Ich habe deutlich gesagt, dass ich mit den vergangenen Spielen im Dezember nicht zufrieden war, aber heute haben wir wirklich gut und mit viel Leidenschaft gespielt", sagte Andresson.
Doch es wäre nicht typisch für die aktuelle Form der Löwen, wenn man es nicht noch mal zumindest kurzfristig spannend gemacht hätte. Weil man sich kurz nach der Pause, als man noch 16:12 führte, einen 0:4-Lauf einfing und wieder einmal eine Phase hatte, in der gar nichts zusammenlief, kam im ISS Dome dann doch so etwas wie ein weihnachtliches Knistern auf. "Aber wir haben es dann gut zu Ende gespielt", sagte Andresson: "Dieses erste halbe Jahr in der Bundesliga ist eine große Erfahrung für mich. Wir brauchen alle Zeit, wir haben viel Potenzial, aber jetzt freue ich mich erst mal auf Silvester."
Dann fragte der Trainer, der die Schweden im Januar als Nationalcoach zum EM-Titel führen soll, was man denn vor dem Jahreswechsel in Deutschland wünsche und verabschiedete sich mit einem skandinavisch angehauchten "Guten Rutsch" in die Kabine. Die war mittlerweile übrigens offen.
Bergischer HC: Rudeck, Mrkva - Darj 5, Weck, Gunnarsson 5/5, Nippes 3, Majdzinski 2, Baena 1, Babak 2, Szücs 1, Damm, Gutbrod 5, Arnesson 1, Johannsson, Boomhouwer 1, Stutzke.
Löwen: Appelgren, Palicka - Schmid 2/1, Gensheimer 5/4, Kirkelokke 5, Lagarde 7, Tollbring, Abutovic, Mensah Larsen 3, Fäth, Groetzki 1, Guardiola, Petersson 4, Nielsen, Ganz, Kohlbacher 2.
Stenogramm: 1:1, 2:3, 4:5, 6:7, 8:11, 9:13, 12:16 (Halbzeit), 13:18, 16:19, 18:19, 18:21, 19:22, 21:23, 23:25, 23:28, 25:29, 26:29 (Ende); Zuschauer: 5734.