Victoria Hahn, österreichische Olympia-Teilnehmerin im Bobfahren, feiert am Samstag gegen den TSV Heinsheim ihr Debüt im Trikot des SV Obrigheim. Foto: G. Langthaler
Von Roland Karle
Obrigheim. Es ist gerade erst zehn Monate her, dass Victoria Hahn bei den Olympischen Spielen "Gas gegeben hat für Österreich", wie sie sagt. Die Sportart: Bobfahren. Ihre Aufgabe: Anschieben. Das Ergebnis: Rang 17 im Zweierbob, zusammen mit Pilotin Katrin Beierl.
Kraft und Schnelligkeit, ihre besonderen Qualitäten, werden auch am Samstag gefragt sein, wenn die 25-Jährige zum ersten Mal für den SV Obrigheim in der Bundesliga aufläuft. Allerdings ohne Schnee, ohne Eiskanal, ohne Mitfahrgelegenheit. Die Neue wird sich im Reißen und Stoßen üben. Damit kein falscher Verdacht aufkommt: Hahn ist alles andere als ein Gewichtheber-Küken. Sie kennt sich aus in dieser Sportart, hält in der 69-Kilo-Klasse die österreichischen Rekorde. Ende März, gut einen Monat nach ihrer Olympia-Premiere in Südkorea, wurde sie Neunte bei der Gewichtheben-EM in Bukarest.
Doch wie kommt die starke Blonde aus Linz plötzlich zum SV Obrigheim? Teamchef Manuel Noe plante mit einem der beiden Spanier, doch Alejandro Gonzales Baez (Rücken) und Acoran Hernandez (Hüfte) haben wegen Verletzungen abgesagt. Sie werden am Samstag im Lokalderby beim TSV Heinsheim (Beginn 20 Uhr) fehlen. Also wäre nur einer von zwei Ausländerplätzen besetzt gewesen, durch Sargis Martirosjan, den österreichischen Nationalheber mit armenischen Wurzeln.
Der empfahl bei einem Telefonat mit Noe seine Trainingskollegin "Vici", die wie der 108-Kilo-Mann für den SK Vöest in Linz Gewichte stemmt. Kurz danach war alles klar: Hahn wird in Heinsheim ihr Debüt geben, der SV Obrigheim präsentiert ein neues Alpen-Duo. "Wir haben spontan reagiert, weil wir im Kampf um die Spitze nichts unversucht lassen wollen. Am Ende kann jeder Punkt zählen", betont Manuel Noe.
Hintergrund: Nach dem so knapp verlorenen Duell gegen den AV Speyer (843,2:844) stehen die Obrigheimer Gewichtheber unter Druck. Anders als in den vergangenen Jahren mischt mit dem AC Mutterstadt eine dritte Mannschaft oben mit. Doch wer sich für den DM-Endkampf qualifizieren will, muss mindestens Zweiter werden. Die Pfälzer haben sich unter anderem mit Nationalheber Max Lang und WM-Starterin Lisa Marie Schweizer verstärkt und mit einer bisherigen Rundenbestleistung von 867 Punkten aufhorchen lassen.
Am Samstag kommt es zum Aufeinandertreffen zwischen Mutterstadt und Speyer, da werden beide Teams hohe Lasten bewegen und Punkte sammeln. Noes Einschätzung trifft zu: Durchaus möglich, dass am Ende der Runde wenige Kilopunkte darüber entscheiden, wer ins Finale um die deutsche Mannschaftsmeisterschaft einzieht und wer draußen bleiben muss.
Zwar ist Victoria Hahn keine Weltklasse-Athletin, aber 120 bis 130 Punkte sind ihr aktuell zuzutrauen. "Das hilft uns", sagt Noe. Die Alternativen im Kader sind aus verschiedenen Gründen rar. Alexander Oberkirsch laboriert noch immer an den Folgen einer Verletzung, ob er nochmal topfit auf die Bühne zurückkehrt, ist ungewiss; Yannik Staudt kann nach einem operativen Eingriff am Handgelenk noch nicht wieder eingreifen; Matthäus Hofmann braucht nach seiner WM-Premiere in Turkmenistan eine längere Pause, ehe er wieder in den Wettkampfmodus schaltet.
Dadurch stellt sich die Mannschaft für Samstag fast von alleine auf. Sie wird angeführt von Europameister Nico Müller und Jakob Neufeld, dem deutschen Vizemeister in der 77-Kilo-Klasse. Hinzu kommen Marius Oechsle und Ruben Hofmann, die am vergangenen Wochenende ebenfalls bei der DM in Roding am Start waren, sowie die Athleten aus Austria, Sargis Martirosjan und Victoria Hahn. Für alle Fälle steht Vorstand Kevin Ockert als einköpfige Eingreiftruppe bereit. Seine Nominierung rührt aus dem Umstand, dass die 2. Mannschaft in der 2. Bundesliga zeitgleich einen Wettkampf beim Tabellennachbarn in Ladenburg absolviert. Entsprechend sind die personellen Kapazitäten ausgereizt.
Dennoch fahren Noe & Co zuversichtlich an den Neckar. "Ich hoffe auf ein Ergebnis zwischen 800 und 830 Punkten", sagt der Sportliche Leiter. "Dann kann uns Heinsheim sicher nicht gefährlich werden." Die Gastgeber weisen eine Rundenbestleistung von aktuell 711,4 Punkten auf, ihr vor gut einem Jahr aufgestellter Vereinsrekord steht bei 717 Punkten.