Noch heute treffen sich ehemalige Spieler des SV Neckargerach, wie (v.l.) Helmut Röhrig, Werner Tautz und Peter Kirchesch. Foto: huwa
Von Hubert Waldenberger
Neckargerach. Wenn der Bub eigentlich hätte zu Hause sein sollen, aber nicht zu Hause war, mussten sich die Eltern keine Sorgen machen, denn mit ziemlicher Sicherheit ging der Filius auf dem Sportplatz seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Fußball spielen. Freilich kickte der fußballbegeisterte Knabe nicht nur mit anderen Jungs des Dorfes, sondern auch in den – so die damalige Bezeichnung – Schülermannschaften aller Altersklassen des örtlichen Sportvereins. In diesem Verein, dem SV Neckargerach, war Peter Kirchesch als ganz junger Fußballer bis hin zu den Alten Herren 50 Jahre aktiv – seine Ehrenmitgliedschaft ist die logische Folge davon.
Der SV Neckargerach holte 1976 erstmals den nordbadischen Fußballpokal in den Odenwald. Darüber freuten sich (v.l.) Werner Tautz, Alfons Frießling, Peter Kirchesch, Franco Guida, „Charly“ Hrynda, Rainer Lippert und Mannschaftskapitän Klaus Beckfeld. Foto: RNZAls die "Gericher" A-Jugend 1964 die Staffelmeisterschaft in die Vereinschronik schrieb, war dieser Erfolg eng mit dem Namen Kirchesch verbunden, denn der junge Mann erzielte Tore am Fließband. Eine seiner Stärken war die enorme Schnelligkeit. Wenn der kräftige Stürmer, dessen 100-Meter-Sprintzeit bei 11,6 Sekunden lag, ins Laufen kam, war es für die Widersacher schwer, ihn vom Ball zu trennen. Als zweite Stärke imponiert seine die Flugbahn des Balles verändernde Außenrist-Schusstechnik.
Dass der dem Jugendfußball entwachsene Kirchesch sich einige Zeit später fünf Jahre als Jugendleiter und Coach der A-Jugend des Neckargeracher Sportvereins einbrachte, war für ihn selbstverständlich. Als Lohn der Trainingsarbeit mit seinen Jungs stand der Titel als A-Jugend-Kreismeister unter dem Strich. Und als Stürmer in der "Ersten" trug Kirchesch 1965 beim 4:2-Erfolg im Aufstiegsentscheidungsspiel gegen den SV Dallau mit zwei Goals zur Beförderung des SVN in die A-Klasse bei. Bis zum Ende seiner Laufbahn als Fußballer gingen Tore zuhauf auf das Kirchesch-Konto.
Doch hatte sich Peter Kirchesch nicht nur dem Fußballsport verschrieben, sondern betrieb auch andere Sportarten. So spielte er Handball in der Pennäler-Mannschaft der Mosbacher Ludwig-Erhard-Schule und fand Gefallen am Tennisspiel. Sowohl mit dem kleinen Tischtennis-Zelluloidball als Aktiver des TTC Neckargerach/Guttenbach als auch mit der Filzkugel beim "Tennisclub Neckar" Zwingenberg, bei dem er zu den Gründungsmitgliedern zählt und einst als Spieler der 1. Mannschaft die Filzkugel mit dem Racket übers Netz trieb.
Wer sieben Mal zum Bürgermeister gewählt wurde (1974 bis 2006 BM in Neckargerach, 1978 bis 2013 BM in Zwingenberg), hat Stehvermögen bewiesen. Und zu dieser Eigenschaft trug der Sport bei. Am Tag vor seiner letzten Wahl zum Neckargeracher Rathauschef war Peter Kirchesch auf dem Sportplatz anzutreffen. Mutterseelenallein trainierte er in den Disziplinen fürs (damals sechste) Sportabzeichen. Fußballer, Handballer, Tischtennis- und Tennisspieler sowie Leichtathlet, der 74-Jährige Multisportler, Vater von drei Töchtern, wird seinen sieben Enkelkindern nahezu jede Frage zum Thema Sport beantworten können. Freilich auch die Frage nach dem Grund der auf ihn gemünzten Bezeichnung "stürmender Bürgermeister", die dereinst oft in der Presse zu lesen war.
Diese Zuschreibung hing mit der Doppelrolle des 1974 zum Bürgermeister gewählten Peter Kirchesch zusammen, der am Wochenende den bürgermeisterlichen Anzug und die Krawatte gegen das Trikot des SV Neckargerach tauschte und auch in der Mannschaft des Neckartalvereins aktiv war, die sich 1975 als Meister der 2. Amateurliga Odenwald in der 1. Amateurliga Nordbaden einfand. "Mit meinen Mannschaftskameraden, den Vereinsmitgliedern und der gesamten Gemeinde freue ich mich riesig über die Meisterschaft", lautet ein Zitat des Bürgermeisters, das in einem seinerzeitigen Presseartikel fixiert ist. Dass Kirchesch nach dem "amtlichen" Statement den Aufstieg im Kreise seiner Mannschaftskameraden gebührend feierte, versteht sich von selbst.
Auch in der ersten Saison des SV Neckargerach in der 1. Amateurliga trug Peter Kirchesch das Trikot seines Heimatvereins: Ein Alleinstellungsmerkmal. Denn nirgendwo ist verzeichnet, dass ein Bürgermeister in der damals höchsten Klasse unterhalb der 2. Bundesliga als Fußballer der "Ersten" seiner Gemeinde aktiv war. Am 30. Juni 1976 beendete der "stürmende Bürgermeister" seine Fußballer-Karriere. Der SV Neckargerach hatte seine erste Saison in der 1. Amateurliga auf Rang sieben beendet und stand an jenem 30. Juni in Sinsheim im Finale um den nordbadischen Pokal gegen den favorisierten VfR Mannheim. Die Neckargeracher gewannen das Endspiel mit 2:1, so dass Kirchesch seine Laufbahn als Pokalsieger ausklingen ließ.