Von Rainer Kundel
Mannheim. Mit Ausnahme des EHC München als Teil im Event-Organigramm des milliardenschweren Red-Bull-Konzerns müssen die Klubs der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) den Gürtel enger schnallen. Auf 40 bis 60 Prozent belaufen sich ihre Umsatzverluste aufgrund fehlender Zuschauereinnahmen und damit einhergehender Spieltags-Erlöse aus Getränke-, Imbiss-und Fanartikelverkäufen.
Die deshalb reduzierten Budgets schlagen auf die Kaderlisten der Klubs durch – die Personalkosten machen schließlich den größten Posten aus. Prominente und teure Neuzugänge blieben nahezu aus. Stattdessen wurden talentierte Kräfte aus dem Nachwuchs oder der drittklassigen ECHL Nordamerikas verpflichtet. An manchen Standorten wurden auch die neun möglichen Importlizenzen noch nicht ausgeschöpft.
> Favoriten: Neben dem 2019 von den Adler Mannheim entthronten Meister EHC München sind die Kader schwer einzuschätzen. Dennoch gilt: Augen auf vor den Bremerhaven Pinguins und den Straubing Tigers.
> Flucht: Ein halbes Dutzend Spieler, alle über 30 und mit weitgehend abgeschlossener Vermögensbildung aus ihrer NHL-Zeit, beendeten angesichts der Corona-Pandemie ihre Karriere, weil sie nicht von ihrer Familie getrennt leben wollten. Oder vielleicht der nordamerikanischen Gesundheitspolitik mehr Vertrauen schenkten? Ebenso viele Akteure konnten sich nicht mit den Gehaltsverzichten, in die sich die Stundungen inzwischen gewandelt haben, anfreunden. Diese Tatsache stellte einige Pressesprecher vor neue Herausforderungen. " Der Spieler X hat sich entschieden, unseren Weg nicht mit zu gehen, was wir respektieren", wurde eine bisher nicht bekannte Formulierung kreiert. Nicht überall wurden aber Vertragsinhalte diskret verpackt. Zwischen Nationaltorhüter Timo Pielmeier und dem ERC Ingolstadt brach ein "Rosenkrieg" aus – der neue Geschäftsführer des Klubs kam wenige Tage zuvor aus der freien Wirtschaft und äußerte sich weniger diplomatisch.
> Sorgenkind Pinguine: Beenden die notorisch verlustträchtigen Krefeld Pinguine die Saison? Diese Frage beschäftigt nicht nur die Fans am Niederrhein. Den Schweizer Investor, der im Mai bei den "Frackträgern" einstieg, hat im Rheinland noch niemand gesehen. Sein Statthalter vor Ort, ein 24-jähriger Russe, ist maßlos überfordert und führt den Klub hemdsärmelig und nach Gutsherrenart. Das Kommen und Gehen im Spielerkader kommt einem Taubenschlag nahe.
Gehaltsverzichte ermöglichen die DEL-Saison
Mannheim. (RK) Als die DEL am 19. November während einer Videoschalte grünes Licht für den Saisonbeginn gab, wurde Daniel Hopp gefragt, welche Kriterien die Liga zum Umdenken veranlasst hätten. Der 40-Jährige antwortete als Aufsichtsratsmitglied der Liga und erinnert sich: "Es waren verschiedene Dinge, ab Mitte Oktober gab es immer mehr positive Zeichen."
Vorausgegangen war ein Treffen der DEL-Gremien mit Alexander Sulzer, dem Geschäftsführer der SVE (Spielervereinigung Eishockey), bei dem signalisiert wurde, dass die Spieler der meisten Klubs über die im Juni erklärten 25 Prozent Gehaltsverzicht hinaus zu weiteren Zugeständnissen bereit waren.
Der ehemalige NHL-Profi Sulzer (36) beendete wegen eines gutartigen Tumors kurz zuvor seine Karriere und führte nach den reichlich diffusen Einlassungen von SVE-Initiator Moritz Müller die Gespräche auf eine sachliche Ebene. Gleichzeitig standen mit dem Generalsponsor und TV-Partner der Liga zwei Säulen zu ihren Verträgen, dies trotz einer absehbar verkürzten Spielzeit.
"Mit dem MagentaSport-Cup als Vorbereitungsturnier waren am 22. Oktober die Weichen für die Saison gestellt", blickt Aufsichtsratschef Jürgen Arnold zurück. Man habe danach aber noch etwas Zeit gebraucht, um alle 14 Klubs mitzunehmen, begründete Daniel Hopp die Verzögerung bis zur dritten Dezemberwoche.
"Geholfen hat uns auch, dass nach anfänglichen Problemen die Bundeshilfen aufgrund der Einnahmeverluste bewilligt wurden, dafür sind wir der Politik sehr dankbar", erklärte der im Eishockey vielfach engagierte Unternehmer aus Walldorf. "Da wollten wir uns als Gesellschafter nicht verschließen und sind nochmals ins Risiko gegangen."
Für Dennis Endras, den bis 2022 unter Vertrag stehenden Adler-Torhüter, bedeuteten die Verzichte einen großen Einschnitt, mehr als für einen jüngeren Spieler ohne familiäre Bindung. Endras wurde erstmals Vater, Söhnchen Ian wurde im Juni geboren. Vor anderthalb Jahren begann er mit seiner Gattin Lisa, ein Haus in Augsburg zu renovieren, wohin die Familie irgendwann mal übersiedeln möchte. Der Alltag war in den vergangenen Monaten somit durchaus von Sorgen begleitet. "Unser Finanzplan hatte Corona nicht auf dem Papier, man muss schon schauen, wo das Geld herkommt", sagte Endras gegenüber einem Fachmagazin. "Ich bin 35 Jahre alt und weiß nicht, wie lange meine Karriere dauert. Ein Jahr, in dem solche Summen fehlen, merkt jeder beim Kredit. Das ist nicht lustig, es gibt da schönere Dinge."