Bandengeneräle: Kaugummi-Liebhaber Bill Stewart will mit den Adlern das Ingolstädter Team von Doug Shedden (Foto) ausschalten. Foto: imago
Von Rainer Kundel
Mannheim. Wie tief die Finalisten der Eishockey-Saison 2014/15 gefallen sind, zeigt sich daran, dass sich die Adler Mannheim und der ERC Ingolstadt drei Jahre danach ab dem morgigen Mittwoch (19.30 Uhr, Saturn-Arena) schon im Viertelfinale begegnen. Viel hat nicht gefehlt und beide Teams hätten sich erst für die Runde der letzten Acht qualifizieren müssen. Dass es nicht zu diesem Umweg kam, ist späten Comebacks nach einem Trainerwechsel zu verdanken. Die Oberbayern trennten sich am 30. November von Tommy Samuelsson und stellten vier Wochen später nach einem erfolglosen Interregnum mit Manager Larry Mitchell Doug Shedden ein. Mit dem Kanadier ging es steil aufwärts.
Aus den unter seiner Verantwortung stehenden 17 Partien holten die Panther 34 Zähler. Nur dreimal blieb man in diesen Wochen punktlos, darunter fällt die 1:3-Niederlage in Mannheim vom 24. Januar. Wer im Wettbüro einen Meistertipp abgibt und dabei etwas gewinnen will, wird nicht auf Triple-Kandidat EHC München kommen. Sondern auf eine "heiße" Mannschaft setzten und dabei fällt auch der Name ERC Ingolstadt. Die RNZ vergleicht vor dem Viertelfinale (best of seven) die das Weiterkommen beeinflussenden Faktoren.
Torhüter: Timo Pielmeier gilt hinter einer nicht immer sattelfesten Defensive als Konstante. Mit 92,7 Prozent Fangquote weist der 28-Jährige zwar einen besseren Wert als Dennis Endras auf, bei den direkten Aufeinandertreffen blieb Pielmeier aber eher im Durchschnitt.
Verteidiger: Auf beiden Seiten das Sorgenkind. Dass Ingolstadt die späte Flucht nach vorn angetreten hat, lag meist an der Treffsicherheit der Offensive. Mit dem Anfang des Jahres nachverpflichteten Finnen Ville Koistinen (15 Spiele, 16 Punkte) wurde noch ein Quarterback fürs Powerplay gefunden. Den eher grobschlächtigen Part übernimmt Matt Pelech (116 Strafminuten), der den Topangreifern des Gegners regelmäßig unter die Haut geht.
Stürmer: Von Verletzungen beeinflusst und vom Misserfolg deprimiert, bat der nominell stärkste Angreifer Brandon Buck am 21. Dezember um die Freigabe für den HC Davos. "Es war eine unpopuläre Entscheidung", gesteht Manager Larry Mitchell, "aber es musste irgendetwas Gravierendes passieren, um die Mannschaft besser zu machen". Punktbester Stürmer ist der ehemalige Berliner Darin Olver (36 Punkte), der erst nach dem Trainerwechsel auf Touren kam. Als "unsung hero" (wertvollster Mannschaftsspieler) gilt der Amerikaner Brett Olson als Unterzahl- und Bully-Spezialist. Aufgrund ihres tieferen Kaders haben die Adler Vorteile.
Trainer: Der im Vorfeld interessanteste Vergleich. Nicht nur, weil sich mit Doug Shedden (56) und dem vier Jahre älteren Bill Stewart zwei Bandengeneräle alter Prägung mit einer bunten Vergangenheit gegenüber stehen. Shedden erlitt während eines Florida-Urlaubs nach seiner Entlassung beim EV Zug 2014 einen Herzinfarkt, mutete sich anschließend mit Zagreb (KHL), Lugano und Ingolstadt stressige Jobs zu. Der oft mit hochrotem Kopf die Spiele verfolgende Trainer stammt aus derselben Stadt wie Bill Stewart, 90 Kilometer nördlich von Toronto gelegen, beide kennen sich seit 40 Jahren. "Wir hatten den gleichen Freundeskreis und hingen mit denselben Leuten ab", erinnert sich Shedden gegenüber dem Donaukurier. Das sei der Beginn einer engen Freundschaft gewesen.
Vielleicht hält diese bis heute auch deshalb, weil sich die beiden ehrgeizigen, äußerlich aber ruhiger gewordenen Kontrahenten beruflich nie näher gekommen sind. "Ich habe bis zu diesem Jahr noch nie gegen Bill gecoacht, weil wir nie in derselben Liga unterwegs waren", sagt Shedden, "aber ich weiß, wie er spielen lässt". Die Brisanz des Viertelfinals reduziert sich vor dem ersten Bully auf die prominent besetzte Bande, wird sich aber schnell auf das spielende Personal verlagern.
Erwartungen und Umfeld: Auch ohne eine mit Mannheim vergleichbare Tradition ist der Erfolgsdruck bei den Donaustädtern seit dem Titelgewinn 2014 hoch. Aufgeregtheiten gehören angesichts des elitären Sponsorenkreises zum Tagesgeschäft. Der Verschleiß an Trainern mit drei vorzeitigen Trennungen seit der Vizemeisterschaft 2015 steht dem in Mannheim nicht nach.
RNZ-Tipp: Auch wenn der gebürtige Lampertheimer Laurin Braun in Anlehnung an seine Berliner Eisbären-Zeit den Lautsprecher gibt ("Mannheim habe ich in den Playoffs immer geschlagen) - die Adler kommen mit 4:2-Siegen weiter.