Bürgermeisterwahl Sandhausen

SPD schickt parteilosen Kämmerer ins Rennen (Update)

Die Mehrheit der Mitglieder wählte Timo Wangler zum Kandidaten. Genosse Moos scheiterte im ersten Wahlgang, Rat Rüttinger fehlte.

07.02.2021 UPDATE: 07.02.2021 20:00 Uhr 3 Minuten, 43 Sekunden
Der SPD-Vorsitzende Thorsten Krämer (v.r.) und die Bürgermeister-Kandidaten: Timo Wangler, Hans-Jürgen Moos, Petra Weiß und Hakan Günes. Foto: Alex

Von Lukas Werthenbach

Sandhausen. Der frühere Skispringer Timo Wangler hüpft mit einem Satz auf die rund einen Meter hohe Bühne der Festhalle: Rückblickend wirkt diese Szene aus der SPD-Mitgliederversammlung am Samstag fast symbolisch. Die Sozialdemokraten haben den parteilosen Kämmerer Wangler zu ihrem Bürgermeisterkandidaten gewählt. Damit setzte sich der 46-Jährige gegen Petra Weiß (parteilos), Hans-Jürgen Moos (SPD) und Hakan Günes (CDU) durch. Im Gegensatz zu Wangler hatten diese Drei jeweils den dafür vorgesehenen, längeren Weg durch eine Tür und über eine Treppe auf die Bühne ans Rednerpult genommen. Der fünfte Bewerber, Gemeinderat Jürgen Rüttinger (SPD), hatte aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig abgesagt. Ein für viele überraschender Vormittag in drei Teilen:

Die Versammlung

Für die erste Überraschung hatte der SPD-Ortsverein bereits vor zwei Wochen gesorgt: Damals gab der Vorsitzende Thorsten Krämer den Vorschlag der vierköpfigen Findungskommission bekannt, den parteilosen Kämmerer Timo Wangler als Kandidaten der SPD ins Rennen für die Bürgermeisterwahl am 18. April zu schicken. Obwohl sich der Kommission mit dem Sandhäuser und Ex-Bürgermeister Meckesheims Hans-Jürgen Moos und Gemeinderat Jürgen Rüttinger auch zwei SPD-Mitglieder vorgestellt hatten.

Nun lud der Ortsverein alle fünf Aspiranten um die Nachfolge des scheidenden Rathauschefs Georg Kletti (CDU) in die Festhalle ein, um unter der Versammlungsleitung des Bundestagsabgeordneten Lars Castellucci in einer fast zweieinhalbstündigen Sitzung den Mitgliedern das letzte Wort zu überlassen. Knapp 30 Genossen waren gekommen, das Hygienekonzept mit Adresserfassung und Maskenpflicht abseits der Sitzplätze stand einer lockeren Atmosphäre nicht im Wege: Freunde und Bekannte freuten sich über derzeit seltene Wiedersehen, eine gut gelaunte und engagierte Technikabteilung sorgte für eine Live-Übertragung in die Wohnzimmer von knapp zwei Dutzend weiteren Genossen. Nach den Reden durften – unter Ausschluss der Öffentlichkeit – alle anwesenden Mitglieder Fragen an die Bewerber stellen. Dann wurde abgestimmt.

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Hintergrund

> Timo Wangler, Kämmerer und SPD-Bürgermeisterkandidat, erklärte nach der Abstimmung auf RNZ-Nachfrage, dass er sich wohl noch etwas Zeit mit der offiziellen Bewerbung um das Bürgermeisteramt lassen wolle. "Diese Wahl heute war ein großer

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> Timo Wangler, Kämmerer und SPD-Bürgermeisterkandidat, erklärte nach der Abstimmung auf RNZ-Nachfrage, dass er sich wohl noch etwas Zeit mit der offiziellen Bewerbung um das Bürgermeisteramt lassen wolle. "Diese Wahl heute war ein großer Schritt in die richtige Richtung", sagte er. Aber der Zeitpunkt des Einreichens seiner Bewerbung sei aus seiner Sicht unwichtig, solange er innerhalb der bis 22. März währenden Frist erfolge. So wolle er sich wie angekündigt weiterhin ein Bild von den Rückmeldungen aus der Bevölkerung machen.

> Thorsten Krämer, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins, freute sich über eine "fair und sachlich" abgelaufene Versammlung. Er begrüßte, dass alle Kandidaten der Einladung gefolgt waren. Zudem lobte er mit Blick auf die Abstimmung ein "gutes Ergebnis", das die Arbeit der Findungskommission bestätigt habe. Angesprochen auf Wanglers Zurückhaltung bezüglich einer offiziellen Bewerbung im Rathaus auch nach der nun offiziellen Unterstützung durch die SPD, zeigte sich Krämer verständnisvoll und zuversichtlich: "Ich bin überzeugt, dass er jetzt den nächsten Schritt gehen wird."

> Hans-Jürgen Moos, SPD-Gemeinderat und früherer Bürgermeister in Meckesheim, äußerte sich direkt nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses gegenüber der RNZ "sehr enttäuscht". Dabei hatte er noch erklärt, dass er über ein Zurückziehen seiner Bewerbung nachdenke. Doch bereits am Samstagabend habe sich seine Enttäuschung "erstaunlicherweise in Grenzen" gehalten, teilte er dann mit. Nach allen erhaltenen Rückmeldungen sei seine Vorstellung an diesem Tag "sehr gut" gewesen. Aktuell verspüre er eher den Ansporn, "meine Kandidatur nun als bürgerlicher Alleinkämpfer zusammen mit dem BürgerTeaMoos aufrechtzuerhalten".

> Petra Weiß, Diplom-Verwaltungswirtin und Bürgerinitiativen-Sprecherin, war auf Nachfrage weder enttäuscht über die Niederlage in der Stichwahl noch besonders froh über diesen Teilerfolg. "Für mich wäre es schön gewesen, wenn sich die SPD für diese Koalition bereit erklärt hätte", sagte sie.

> Hakan Günes, CDU-Gemeinderat, betonte in seiner Rede, Bürgermeister "für alle" sein zu wollen. "Für mich gibt es nicht Rot oder Schwarz, für mich gibt es nur Grün, Weiß und Blau: die Farben unseres Sandhäuser Wappens", sagte er. luw

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Die Kandidaten

Jeder Kandidat hatte acht Minuten Redezeit. Aufgrund der zuvor festgelegten alphabetischen Reihenfolge machte CDU-Gemeinderat Hakan Günes (27) den Anfang. Der mit Abstand jüngste Bewerber und offizielle Kandidat der CDU trat dynamisch auf, sein hohes Redetempo war wohl auch dem Zeitlimit geschuldet. Er erklärte, die SPD habe ihm bereits verdeutlicht, dass er nicht als ihr Kandidat in Frage komme. Es entspreche aber seinem Verständnis von "Höflichkeit und Respekt", sich dennoch vorzustellen.

SPD-Politiker Hans-Jürgen Moos (48) wartete am Pult einige Sekunden, ehe er ansetzte – gespannte Stille. Bereits zuvor, während der Begrüßung durch Krämer, hatte er Faltblätter an die Mitglieder verteilt und verwies nun darauf "in Rücksicht auf das Zeitlimit". Er erzählte, wie er nach "bitterer Kindheit in Kinderheimen und bei rüden Pflegeeltern" als Achtjähriger nach Sandhausen kam, "wo er endlich der Lausbub sein durfte, als der er wohl geboren wurde". Später beschrieb er sich selbst als "Mensch mit Ecken und Kanten", der inzwischen "reifer, diplomatischer" geworden sei.

Nach dem eingangs erwähnten Sprung auf die Bühne legte Timo Wangler (46) los: Nebenbei erzählte er, dass er seit jüngeren Jahren, damals Teil der deutschen Skispringer-Nationalmannschaft, mit Sven Hannawald befreundet sei. Der seit 2011 amtierende Leiter der Kämmerei sieht sich als "gewiss keine Rampensau" und auch als "keinen geschliffenen" Redner. Er könne aber "schuften" und sei "enorm belastbar". Und er betonte, dass er auch im Falle einer SPD-Unterstützung "politisch unabhängig" bleibe.

Die von der Bürgerinitiative "Pro Waldschutz" bekannte Petra Weiß (50) stellte sich als "waschechte Sandhäuserin" vor, die gemeinsam mit ihrer Familie samt zwei Kindern ihre Gemeinde "in all ihren Facetten" erlebe. Zudem hob sie ihre Erfahrung als Diplom-Verwaltungswirtin hervor, die als solche seit 26 Jahren bei der Stadt Leimen tätig sei. "Ich stehe für flache Hierarchien und bin überzeugte Verfechterin des kooperativen Führens", sagte sie.

Ab in den roten Eimer: Mit Abstand wurden die Stimmzettel eingesammelt. Foto: Alex

Die Entscheidung

In roten Eimern mit SPD-Aufkleber wurden die Stimmzettel der Mitglieder eingesammelt. "Die SPD wäre nicht die SPD, wenn’s einfach abgegangen wäre", verkündete Wahlleiter Thomas Schulze nach der ersten Auszählung. "Jürgen Rüttinger und Hakan Günes – das ist keine große Überraschung – haben beide null Stimmen", erklärte er. Von insgesamt 29 Stimmen gingen demnach sieben an Moos, neun an Weiß und 13 an Wangler. Im zweiten Wahlgang mussten sich die Mitglieder also zwischen Wangler und Weiß entscheiden: Dieser ging mit 55 zu 34 Prozent an Wangler; "die restlichen elf Prozent waren Enthaltungen", erläuterte Schulze. Die Mitglieder klatschten, worauf Wangler seinen Applaus ans Publikum richtete.

Update: Sonntag, 7. Februar 2021, 20.32 Uhr


SPD schickt parteilosen Kämmerer ins Rennen

Sandhausen. (luw) Überraschender Start in den Bürgermeister-Wahlkampf: Die Sandhäuser SPD hat an diesem Samstag in einer Mitgliederversammlung den parteilosen Kämmerer Timo Wangler zu ihrem Kandidaten für die Wahl am 18. April gekürt. Damit setzte er sich gegen die beiden SPD-Mitglieder Hans-Jürgen Moos und Jürgen Rüttinger durch, die beide bereits ihre Bewerbung im Rathaus eingereicht haben. Letzterer, ein Gemeinderat der Sandhäuser Sozialdemokraten, sagte allerdings aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig ab. Eine vierköpfige Findungskommission des SPD-Ortsvereins hatte Wangler als Kandidaten empfohlen, die Mitglieder sollten aber das letzte Wort haben – und folgten der Kommission.

In der Festhalle stellten sich bei der mit Hygienekonzept stattfindenden Versammlung insgesamt vier Kandidaten vor, worauf eine Abstimmung über alle fünf (mit Rüttinger) folgte. Im ersten Wahlgang stimmten 13 von 29 Mitglieder für Wangler (parteilos), 9 für die von der Bürgerinitiative "Pro Waldschutz" bekannte Petra Weiß (parteilos) und 7 für den Sandhäuser und Ex-Bürgermeister Meckesheims Hans-Jürgen Moos (SPD).

Der vierte Bewerber im Feld war CDU-Gemeinderat Hakan Günes, der von seiner eigenen Partei bereits offiziell unterstützt wird. Die SPD hatte ihm im Vorfeld der Veranstaltung erklärt, dass er als offizieller Kandidat der Sozialdemokraten nicht in Frage komme. Es entspreche aber seinem Verständnis von "Höflichkeit und Respekt", sich dennoch vorzustellen.

Weil im ersten Wahlgang niemand die absolute Mehrheit auf sich vereint hatte, kam es in der zweiten Runde der SPD-Abstimmung zum Duell der einzigen beiden parteilosen Kandidaten: Der 46-jährige Familienvater und Kämmerer der Gemeinde Timo Wangler holte 55 Prozent der Stimmen, 34 Prozent gingen an Petra Weiß. Die restlichen 11 Prozent der SPD-Mitglieder enthielten sich.

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