Eine Wohnungssuche in Eppingen braucht Zeit
Ende September soll in Eppingen ein qualifizierter Mietspiegel vorgestellt werden.

Von Angela Portner
Eppingen. Ob es die erste eigene Wohnung ist, der Familienzuwachs einen Umzug notwendig macht, der Arbeitsplatzwechsel in die Region oder die Trennung vom Partner: Es gibt viele Gründe für die Suche nach einer neuen Bleibe. Besonders Menschen mit geringem, aber inzwischen auch die mit mittlerem Einkommen, brauchen einen langen Atem, bis sie fündig werden. Weil Angebot und Nachfrage den Preis regeln, sind die Mietpreise auch in der Fachwerkstadt in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Noch in diesem Jahr soll ein qualifizierter Mietspiegel Mietern und Vermietern Orientierung geben.
Die Nachfrage danach war groß. Bereits 2018 entschied der Gemeinderat, die Sache nun endlich anzugehen. Um eine 100-prozentige Förderung zu erhalten, haben sich dafür elf Kommunen zusammengeschlossen – neben Eppingen auch Ittlingen, Gemmingen, Kirchardt und Zaberfeld. Mit der Erstellung wurde ein Hamburger Analyseinstitut beauftragt. Um eine aussagefähige Datenlage zu erhalten, wurden 10.000 Mieter anonym zu ihrer Mietsituation befragt, doch der Rücklauf war eher bescheiden. "Wir mussten eine zweite Umfrage machen", sagt Manuel Hecker, der das Verfahren seitens der Stadt leitet.
Voraussichtlich Ende September wird der Mietspiegel dem Gemeinderat vorgestellt. Damit haben Mieter nicht nur eine Aussage zur örtlichen Vergleichsmiete, sondern auch eine rechtliche Verhandlungsbasis bei Neuabschlüssen von Verträgen oder bei Mieterhöhungen.
Das Wohnungsproblem kann ein solcher Mietspiegel jedoch nicht lösen. Wer einen Blick in Tageszeitungen oder den Stadtanzeiger wirft, erkennt schnell, dass kaum noch Wohnungen auf dem freien Markt zu finden sind. Bei den wenigen Angeboten sind Quadratmeterpreise von elf Euro und mehr fast schon die Regel. Für viele Menschen ist das kaum zu stemmen. Ohne Sozialleistungen wie Wohngeld geht es dann nicht mehr, wobei die Bewilligungsvoraussetzungen hinsichtlich Einkommen, Wohnungsgröße und Miethöhe gedeckelt sind.
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"Die Wohnraumversorgung ist eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit", sagt Bürgermeister Peter Thalmann. Zwar gibt es einige mehrgeschossige Bauprojekte in der Stadt, doch nachdem die Baukosten, auch wegen der hohen energetischen Vorschriften, immer weiter ansteigen, werden Eigentümer diese entweder selbst bewohnen oder zu entsprechend hohen Preisen vermieten.
Sozialer Wohnungsbau ist auch in Eppingen lange vernachlässigt worden. Inzwischen liegt die Krux nicht mehr am Wollen, sondern an den fehlenden Flächen. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum betrifft sozial schwache Bevölkerungsgruppen, Familien und Senioren gleichermaßen.
In den 1950er- und 1960er-Jahren lebten häufig viele Generationen unter einem Dach – besonders im ländlichen Raum. Die zunehmend geforderte Mobilität in der Arbeitswelt hat diese Wohnform längst zur Ausnahme gemacht. Familien fehlen die Großeltern, die sich um die Enkelkinder kümmern, den Senioren fehlt die Hilfe und Versorgung im Alter. Inzwischen ist der Bedarf an seniorengerechtem Wohnraum fast genauso groß wie der für die Familien, die wegen der Kinderbetreuung mit weniger Einkommen wirtschaften müssen. Von der Idee des Mehrgenerationenhauses hält Thalmann jedoch wenig. Gegenseitige Hilfe kann man nicht verpflichten: "Das muss ja auch alles passen."
Mit dem Baugebiet "Zylinderhof III" setzt die Stadt auf ein anderes Konzept: Hier sollen auf 2,2 Hektar 110 Wohnungen mit hoher Wohnqualität entstehen. Zum Verkauf stehen neun Bauplätze, auf denen ebenso viele Geschossbauten entstehen sollen. Für die Auswahl der Konzeptentwickler gibt es eine Bewertungsmatrix mit strengen Richtlinien: Mindestens 25 Prozent muss der Anteil an bezahlbarem Wohnraum sein, daneben fließen ökologische, aber auch gestalterische Aspekte mit ein. Thalmann erwartet, dass sich hier die Vermischung von Bevölkerungsgruppen über die Mietpreise regelt. Der Senior oder die Familie mit vier Kindern werden sich sicherlich keine Penthousewohnung mit gehobener Ausstattung leisten können, finden im gleichen Gebäude aber andere attraktive Wohnangebote zu bezahlbaren Preisen.
Einen Haken wird es aber auch hier geben: Die Förderung für bezahlbaren Wohnraum läuft nach zehn Jahren aus. Vermieter können ihre Preise danach auf die ortsübliche Vergleichsmiete erhöhen.