Warum das Klimawäldchen Schule macht
Die temporäre Anlage am Wollhaus war die erste ihrer Art, jetzt entsteht eine weitere auf der Theresienwiese.

Von Brigitte Fritz-Kador
Auch beim Klimaschutz entfallen immer mehr Klischees, in Heilbronn jetzt dieses: Ein Festplatz muss einen festen Untergrund haben. Die Theresienwiese ist rund drei Hektar groß (zum Vergleich: Die Münchner Theresienwiese hat 42 Hektar) – das sind 30.000 Quadratmeter asphalt-versiegelter Boden, auf den im Sommer die Sonne erbarmungslos brennt.
Gerade wieder verwandelt sich die Festwiese in eine Zeltstadt. Für die Tagung "Ecsite" der führenden "Science Center" ist die "Experimenta" in diesem Jahr der Gastgeber, dafür wird die Theresienwiese zum Ort der Begegnung von fast 1000 Wissenschaftlern aus 50 Ländern der Erde – eines ihrer Themen ist der Klimaschutz. Sie können dann vor Ort und hier als erste Nutznießer sehen, wofür sich Heilbronn bereits in besonderer Weise profiliert hat: mit "Klimawäldchen" als einem aktiven und nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz.
Das erste "Klimawäldchen" seiner Art entstand zwischen 2018 und 2019 als Pilotprojekt auf 800 Quadratmetern mitten in der Stadt, am Wollhauszentrum. Es kostete 150.000 Euro und wurde mit dem "Deutschen Landschaftsarchitekturpreis 2021" ausgezeichnet. Auf dem Dach der Tiefgarage wachsen dort 200 Bäume, darunter Erlen, Birken, Pappeln, Fichten und Kiefern; es gibt Bänke und Tische, Wasserdüsen kühlen und befeuchten die Bäume.
Hintergrund
> Das Klimawäldchen wurde vom Büro "frei raum konzept – landschaftsarchitekten" in Stuttgart im Auftrag der Stadt umgesetzt; das Büro hatte schon den "Stadtdschungel" auf der Buga 2019 gestaltet. "Errichtet" wurde das Wäldchen dann von Mitarbeitern des städtischen
> Das Klimawäldchen wurde vom Büro "frei raum konzept – landschaftsarchitekten" in Stuttgart im Auftrag der Stadt umgesetzt; das Büro hatte schon den "Stadtdschungel" auf der Buga 2019 gestaltet. "Errichtet" wurde das Wäldchen dann von Mitarbeitern des städtischen Betriebsamts und des Grünflächenamtes. "Innerstädtische Waldstrukturen wie das Klimawäldchen gehören zu unserer Strategie, bei immer heißer werdenden Sommern schnell erlebbare Veränderungen zu schaffen. Dort können alle Besucherinnen und Besucher unmittelbar spüren, welche positiven Auswirkungen auf das Stadtklima eine auf den ersten Blick einfache Begrünung von versiegelter Fläche hat", erläutert Dr. Bettina Schmalzbauer, Leiterin der Klimaschutzleitstelle der Stadt Heilbronn. "Diese Strukturen tragen zur Verbesserung des Mikroklimas bei, wirken kühlend auf die Umgebung und erhöhen so die Aufenthaltsqualität." Sie spricht dabei von Temperatursenkungen um bis zu fünf Grad. Jeder Baum leiste einen Beitrag zum Klimaschutz und der Möglichkeit, CO2 langfristig zu speichern." (bfk)
Nach dem gleichen Konzept entstand nun auch der "Smart Festival Forest" auf der Theresienwiese – "smart" deshalb, weil seine Bewässerung automatisch-digital gesteuert wird. "Da Nachhaltigkeit und Klimawandel zu den Hauptthemen der "Ecsite"-Konferenz gehören, passt die Einweihung des Klimawäldchens im Rahmen der Tagung wunderbar", sagt Dr. Wolfgang Hansch, Geschäftsführer der "Experimenta", die das Projekt kofinanziert hat.
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Das Wäldchen passt aber nicht nur zum wissenschaftlichen Anspruch der Tagung und dem der KI-Stadt Heilbronn, wie Oliver Toellner, Leiter des Heilbronner Grünflächenamts, erklärt. Er schwärmt auch von den Effekten, die dann entstehen, wenn sich die Wassernebel aus den 13 Nebelsäulen im Sonnenlicht brechen.
Auch der "Smart Festival Forest" hat eine Fläche von 800 Quadratmetern, ist damit so groß wie der Heilbronner Rathaus-Innenhof, und ist mit 72 Bäumen bepflanzt – einige davon sind vom Neckarbogen hier her "umgezogen", um dort Baugrund freizugeben. Hinzu kamen 83 Sträucher und 245 Stauden, damit eine "waldähnliche Struktur" entsteht und auch bestehen bleibt. Die Wege sind mit Rindenmulch bedeckt, auf sieben Holzdecks aus Douglasienholz können sich die Besucher niederlassen.
Wenn nach wenigen Tagen die Zeltstadt abgebaut und die "Ecsite"-Tagungsteilnehmer abgereist sind, steht im Juli das Volksfest an. Steffen Schoch, Leiter der Heilbronn Marketing sagt, man habe sich zum Klimawäldchen schon mit Festwirt Göckelesmaier verständigt – und sei auf Verständnis gestoßen. In den vergangenen Jahren – vor der Pandemie-Pause – hatte der Festwirt selber schon eine Terrasse mit Vorgarten vor seinem Zelt angelegt, weil darin die Temperaturen an heißen Tagen oft nur noch schwer erträglich waren.
Für das Volksfest-Riesenrad bleibt trotzdem Platz; ein paar Änderungen wird es jedoch bei den Straßen für die Schausteller geben – aber mit dem Klimawäldchen auch eine Attraktion mehr. Theoretisch wäre auf der Theresienwiese sogar noch ein weiteres denkbar. Schoch meint, man solle erst mal den Versuch mit dem einen als "Real-Labor" abwarten und dann weiter sehen.