Heilbronn

Drogen bleiben ein Problem

2020 wurden in der Stadt 1702 AOK-Versicherte wegen Betäubungsmittelsucht behandelt.

28.12.2021 UPDATE: 29.12.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 8 Sekunden
Der Drogenkonsum in der Region verharrt auf einem relativ gleichbleibend hohen Niveau. Foto: AOK

Heilbronn. (RNZ) Auch in Heilbronn sind Drogen ein Problem: Die Krankenhausaufenthalte wegen Missbrauchs verringerten sich hier bei den AOK-Versicherten in den Jahren 2016 bis 2020 zwar geringfügig – um jährlich um 0,5 Prozent – doch die absoluten Zahlen bleiben hoch: 2020 waren im Landkreis Heilbronn 974 AOK-Versicherte wegen Drogenkonsum in ärztlicher Behandlung. Im Stadtkreis waren es 728. In Baden-Württemberg wurden 2020 insgesamt mehr als 36.000 AOK-Versicherte mit dieser Diagnose behandelt, davon waren mehr als 23.000 Männer und rund 13.000 Frauen. Die Zahlen der AOK gelten als repräsentativ, da sie mit einem Marktanteil von mehr als 45 Prozent in Baden-Württemberg die meisten Menschen versichert.

Bei der Altersverteilung fällt auf, dass die Zahl der Drogenfälle zwischen 15 und 40 Jahren fortlaufend größer wird und sich danach deutlich verringert. Der Jahresbericht der deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht verdeutlicht, dass die Dunkelziffer sehr hoch ist: Bei Befragungen haben rund acht Prozent der Bevölkerung zugegeben, regelmäßig verbotene Substanzen zu konsumieren.

Die Abweichung zu den AOK-Daten beruht darauf, dass sich nur ein Bruchteil der Drogenkonsumenten in ärztliche Behandlung begibt. Laut Deutscher Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) erhalten derzeit rund 80.000 Menschen in Deutschland eine Substitutionstherapie. Die Zahl der an illegalen Drogen gestorbenen Menschen ist im vergangenen Jahr deutlich angestiegen. 2020 wurden in Deutschland 1581 drogenbedingte Todesfälle registriert. Dies entspricht einem Plus von 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr (1398).

Dr. Hans-Peter Zipp, Kinder- und Jugendarzt der AOK Baden-Württemberg: "Drogensucht beschreibt körperliche oder seelische Abhängigkeit von einem Suchtmittel und den Kontrollverlust über den Konsum. Diese verursacht erhebliche gesundheitliche, soziale und volkswirtschaftliche Probleme. Faktoren für die Entwicklung einer Drogensucht sind genetische Veranlagung, soziales Umfeld, riskante Persönlichkeitsmerkmale – Unsicherheit oder geringe Impulskontrolle – belastende Situationen oder Traumata."

Drogen können positive Empfindungen auslösen, weshalb sich ein starkes Verlangen danach entwickeln kann. Der Betroffene verliert die Kontrolle über den Konsum, Gehirn und Organe werden geschädigt. Meist entwickelt sich zunächst eine psychische Abhängigkeit, die schleichend in eine körperliche übergeht. Die Grenzen zwischen gefährlichem Konsum und Abhängigkeit sind fließend. Ob harte oder weiche Drogen: Die Fachleute sind sich einig, dass der Gebrauch von Rauschmitteln jeglicher Art auf lange Sicht zu vielen Einschränkungen und gesundheitlichen Problemen führt. Dies gelte auch für den Cannabiskonsum, dessen Legalisierung nach einem Beschluss der Regierungskoalition unmittelbar bevorsteht.

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"Unabhängig von der konsumierten Substanz können Suchtmittel unter anderem Angst- und Panikattacken, Depressionen, Persönlichkeitsveränderungen, Psychosen und Halluzinationen, Suizidgedanken oder suizidale Handlungen auslösen. Körper und Psyche werden belastet, und es besteht das Risiko zum sozialen Aus", betont Zipp. Da sich Denken, Fühlen und Handeln der Betroffenen zunehmend auf den Konsum einengten, vernachlässigten diese andere wichtige Lebensbereiche wie Familie, Freunde, Hobbys oder den Beruf. "Psychische Erkrankungen und finanzielle Probleme isolieren dabei zusätzlich", sagt Zipp und ergänzt: "Im Falle der Drogenabhängigkeit eines Angehörigen, Freundes oder Kollegen ist es hilfreich, sich über die Krankheit zu informieren, um das Verhalten und Denken des Betroffenen besser verstehen zu können."

Betroffene sollten unbedingt ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. In der Behandlung der Drogensucht sind nach dem Aufdecken der Ursachen wichtige Elemente die Förderung von Krankheitsakzeptanz und der Motivation zur Abstinenz, die Verhaltens- und Gruppentherapie sowie der Aufbau alternativer Verhaltensstrategien.

Unterstützung bieten die Drogenberatungsstellen der Landratsämter. Patienten in der Nachsorge einer Suchterkrankung können von der biopsychosozialen Versorgung im Rahmen des AOK-Facharztvertrages PNP (Psychiatrie/Neurologie/Psychotherapie) profitieren. Der Soziale Dienst der AOK Baden-Württemberg unterstützt und berät bei sozialen, beruflichen und familiären Belastungen, die in Verbindung mit Krankheit oder Sucht auftreten.

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