Bürgerversammlung Angelbachtal

Bevölkerungszahl und Neubaugebiete trieben Bürger um

Das stand im Mittelpunkt der Veranstaltung - Rege Beteiligung

24.01.2020 UPDATE: 25.01.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 57 Sekunden
Gut besucht war die Bürgerversammlung in der Angelbachtaler Sonnenberghalle, bei der unter anderem Hauptamtsleiter Diethelm Brecht die Statistik vorstellte. Foto: Ralf März

Von Ralf März

Angelbachtal. Knapp drei Stunden wurde am Donnerstagabend informiert und diskutiert in der Sonnenberghalle: Rund 120 Bürger waren zur Bürgerversammlung gekommen, bei der vor allem die Bevölkerungsentwicklung in Angelbachtal und die Schaffung von Bauflächen im Vordergrund standen.

Rege machten die Bürgerinnen und Bürger von der Möglichkeit Gebrauch, Fragen zu stellen oder ihre Meinung kundzutun. Neben kritischen und teils emotionalen Äußerungen war ein deutlicher Zuspruch für die Prüfung und Schaffung von Neubauflächen zu erkennen.

Zunächst ging Hauptamtsleiter Diethelm Brecht, wie auch schon bei der letzten Gemeinderatssitzung im vergangenen Jahr, auf die statistischen Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung ein. Im Rückblick auf die letzten 20 Jahre hätte die Gemeinde ohne den Zuzug in die Neubaugebiete und die Innenentwicklung rund 930 Einwohner weniger. Als Beispiel führte Brecht an, dass ohne die Baugebiete der letzten 20 Jahre, alleine die Finanzzuweisungen jährlich 1,4 Millionen Euro niedriger wären: Maßnahmen oder Personal in Kinderbetreuung oder in der Verwaltung müssten eingespart werden, klang in der Versammlung an. Deutlich wurde der Hauptamtsleiter in seinem Fazit, "Wenn wir nicht entgegensteuern, geraten wir in einen negativen Abwärtsstrudel, in dem sich bereits viele ländliche Gemeinden im Kraichgau befinden."

Bauverwaltungsleiter Daniel Oestrich informierte über Innenentwicklungsprojekte, von denen es in den letzten 15 Jahren 34 Stück gegeben hat. Als Anreiz wurde dazu im Jahr 2013 auch die Fördermöglichkeit über das Landessanierungsprogramm beschlossen, 44 private Sanierungs- oder Ordnungsmaßnahmen wurden dabei bisher mit 620.000 Euro gefördert. Das Programm läuft bis ins Jahr 2022. Auf Anregung aus dem Gemeinderat habe die Verwaltung auch die Eigentümer der 64 unbebauten Grundstücke im Gemeindegebiet angefragt, berichtete Oestrich: Die Rücklaufquote habe nur bei 34 Prozent gelegen, lediglich ein Eigentümer habe aktuelles Verkaufsinteresse geäußert, fünf beabsichtigen einen Verkauf in den kommenden zwei Jahren.

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Der Bauverwaltungsleiter ging auch auf die Bauflächen der letzten Jahrzehnte ein und erklärte, dass es in den letzten Jahren eine deutlich geringere Flächeninanspruchnahme gab, als dies mit den großen Baugebieten seit 1945 der Fall war. Auch auf die vom Gemeinderat beschlossenen vier Suchfelder ging Oestrich ein und unterstrich, dass es sich um "ergebnisoffene Verfahren" handle.

"Warum gehen junge Leute weg?", hinterfragte ein Bürger und regte an, Arbeitsplätze zu schaffen, um diese am Ort zu halten. Die Ausweisung von Gewerbeflächen sei aufgrund der Regionalplanung für Angelbachtal jedoch kaum realisierbar, erklärte Bürgermeister Frank Werner. Lediglich kleine Flächen für die Expansion von Unternehmen seien möglich.

Kritisch sah eine Bürgerin den Verkehr am "Nadelöhr Schule" und fürchtete auch Kosten für die Anlieger, wenn neue Kanäle für die Anbindung der Baugebiete nötig würden. Derartige Kosten könnten nicht auf Anwohner umgelegt werden, stellte Werner klar, der das höhere Verkehrsaufkommen beim Bringen und Abholen der Schüler und Kindergartenkinder als "hausgemachtes Problem" bezeichnete.

Eine andere Bürgerin fragte, ob der Vortrag, der von anderen Rednern gelobt wurde, "das ist, was uns an Informationsfakten zusteht?" Sie kritisierte die dargestellten statistischen Zahlen und sprach sich gegen die Verdichtung im Innenraum aus, wo fruchtbare Gärten bebaut würden. "Lieber Neubaugebiete auf Agrarbrachen".

Eine andere Bürgerin bezeichnete den angewandten Paragrafen 13b des Baugesetzbuches für die Ausweisung der Neubauflächen ohne Umweltverträglichkeitsprüfung als fragwürdig. Sie sprach bei den großteils intensiv als Ackerflächen genutzten Feldern von Rückzugsgebieten für Tiere und Pflanzen. "Auf den letzten Drücker" sei im Dezember vom Gemeinderat entschieden worden, und zwar "ohne nachzudenken" kritisierte sie den Rat.

Angeregt wurde in der Bürgerversammlung auch die Schaffung vom bezahlbaren Mehrgenerationenhäusern. Neue Baugebiete und Gebäude hätten auch Vorteile für die Umwelt, führte ein Bürger an, denn sie seien wesentlich nachhaltiger und energieeffizienter. Als Vorsitzender der Unternehmerinitiative erklärte Markus Haaß, dass die 70 Unternehmen, Handwerker- und Dienstleister auch zukünftig auf Arbeitskräfte und Kunden angewiesen seien.

Verschiedene Bürger gingen auf die attraktiven Angebote der 5000-Einwohner-Gemeinde ein, die es zu halten gelte. Doch nicht nur sachlich argumentiert wurde in der Sonnenberghalle, auch Kritik an den Kritikern wurde laut: Die, die den Umweltschutz in den Vordergrund stellen, hätten einst auch auf der grünen Wiese gebaut, erklärte ein Bürger.

Neben den Bauflächen ging Rechnungsamtsleiter Peter Horsinka auch auf das Klimakonzept der Gemeinde ein. Umgesetzt wurden seit 2001 zahlreiche Solarprojekte auf öffentlichen Gebäuden, die Hackschnitzelheizung der Schule und auch Verbesserungen bei der Busanbindung. Zur neuen Buslinie Sinsheim-Wiesloch wurde aus der Bürgerschaft angeregt, nicht nur beim Einkaufsmarkt am Ortsrand zu halten, sondern den Eichtersheimer Busbahnhof anzufahren, wo gerade Parkplätze und Fahrradstellplätze entstehen.

Zur Sprache kamen auch die neuen Bestattungsformen wie Urnenstelen, Grün- oder Baumgräber, die derzeit auf den Friedhöfen Eichtersheim und Michelfeld baulich umgesetzt werden. Voraussichtlich im Frühjahr sollen die Maßnahmen abgeschlossen sein.

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