Lungenkranke 76-Jährige sucht "Gassigeher"
Claudia Weybrecht kann wegen einer Lungenkrankheit nicht mehr mit ihrem katalanischen Hütehund-Mischling Jana spazieren gehen.
Von Anja Hammer
Walldorf. Alleinstehend? "Ja, aber alleine bin ich nicht", sagt Claudia Weybrecht gewitzt. "Ich hab’ doch meinen Hund!" Und um eben diese treue Gefährtin sorgt sich die Walldorferin nun. Denn seit einiger Zeit leidet Weybrecht an einer Lungenkrankheit und kann seit einer Operation den rechten Arm nicht mehr belasten. Die Folge: Das Gassigehen mit ihrer Hündin Jana ist für die 76-Jährige fast unmöglich geworden. "Ich brauche ganz dringend Hilfe", sagt sie traurig.
Seit 14 Jahren sind Weybrecht und Jana unzertrennlich. Über eine Tierschutzorganisation, die dem Tod geweihte Hunde in Spanien rettet, kam die damals zweijährige Jana in die Astorstadt. "Ich habe ein Foto von ihr gesehen und mich sofort in sie verliebt", erinnert sich Weybrecht. Der katalanische Hütehundmischling erinnerte sie an die beiden Hunde, die zuvor ihr Leben bereichert hatten. Diese zwei Straßenhunde hatte sie einst selbst in Spanien gerettet und während ihrer Zeit als Medizinproduktberaterin im Außendienst immer mit dabei gehabt. "Die Hotels, in denen ich übernachtet habe, kannten mich schon."
Dieses im wahrsten Wortsinn bewegte Leben kennt Jana nicht. Sie genoss mit ihrem Frauchen das Rentnerdasein. Gemeinsam unternahmen sie morgens lange Spaziergänge im Feld, mittags fuhren sie für ausgiebige Touren in den Wald und abends war dann eine kleine Runde rund ums Quadrat angesagt.
Das alles ist jetzt nicht mehr möglich – für beide. "Jana hat Arthrose, kriegt alle 14 Tage eine Spritze, sie sieht nicht mehr gut und kann nicht mehr hören", erläutert Weybrecht die Gebrechen ihrer 16-jährigen Vierbeinerin. Und sie selbst kann nur noch morgens mit ihr raus. "Zumindest geht das jetzt noch", so die Seniorin. Doch im Herbst und Winter hat sie mit zunehmender Kälte Probleme mit dem Atmen, bekommt kaum Luft.
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Dazu darf ihr Sauerstoffgerät nicht mit Regen in Kontakt kommen. Die 20-minütigen Mittags- und Abendrunden kann die Walldorferin dagegen jetzt schon nicht mehr leisten. Dann sind die Hitze und die Atemnot einfach zu groß. "Und ich kann ja nicht ständig mein Notfallspray einsetzen", so Weybrecht. Ihre beiden Töchter wohnen in Nußloch und sind berufstätig, können also tagsüber auch nicht einspringen.
Hintergrund
Die Initiative "Silberpfoten – Für Senioren und ihre Tiere" gibt es seit 2014. Gegründet wurde sie in Stuttgart, doch inzwischen ist sie im ganzen Land aktiv – mit Hündin Jana nun auch im Rhein-Neckar-Kreis. Bei Silberpfoten unterstützen Tierfreunde ältere Menschen bei der
Die Initiative "Silberpfoten – Für Senioren und ihre Tiere" gibt es seit 2014. Gegründet wurde sie in Stuttgart, doch inzwischen ist sie im ganzen Land aktiv – mit Hündin Jana nun auch im Rhein-Neckar-Kreis. Bei Silberpfoten unterstützen Tierfreunde ältere Menschen bei der Versorgung ihrer Haustiere, damit sie so lange wie möglich zusammenbleiben können.
Die ehrenamtlichen Helfer, die meist in der Nachbarschaft wohnen oder arbeiten, übernehmen beispielsweise das Gassigehen, erledigen Fahrten zum Tierarzt oder bringen Futter und Katzenstreu nach Hause, wenn die Tierhalter dies nicht mehr alleine schaffen. "Für viele Senioren ist ihr Tier der beste Freund, mit dem sie häufig bereits über viele Jahre ihr Leben teilen", erklärt Marcel Yousef, Leiter der Initiative.
Doch oftmals müssten sich ältere Menschen von ihrem geliebten Haustier trennen, weil sie es nicht mehr angemessen versorgen können. Für die meist ebenfalls betagten Tiere bedeutet dies oft, den Rest ihres Lebens allein im Tierheim verbringen zu müssen.
Für diesen Einsatz zum Wohl von Tier und Mensch wurde Silberpfoten bereits mit dem Deutschen Tierschutzpreis sowie mit dem Tierschutzpreis Baden-Württemberg ausgezeichnet. (RNZ)
Da diese Probleme schon seit Oktober 2021 bestehen, hatte die Seniorin damals schon nach Hilfe gesucht und war im Internet auf die Initiative "Silberpfoten" (siehe Hintergrundkasten) gestoßen. Über diese fand sie dann Gassigeher in der Nachbarschaft. Doch die Studentin, die ihr half, hört Ende August auf, ein Schüler aus der Nachbarschaft zieht für die Ausbildung weg, seine Mutter ist berufstätig und kann nur manchmal abends. Ein Nachbar hat zwischenzeitlich selbst gesundheitliche Probleme. "Und jetzt sitze ich da und suche und suche nach Gassigehern", berichtet die 76-Jährige verzweifelt.
Zwar verlässt die Hündin ihr Frauchen nur ungern – "sie ist mein Schatten", erläutert Weybrecht – und muss dann mit Leckerli gelockt werden. Doch an sich ist sie nach Angaben ihrer Besitzerin offen, lammfromm und kommt mit jedem Hund und jedem Tier aus. "Wenn wir im Wald waren, hat ihr nicht einmal ein Reh in der Nähe etwas ausgemacht", erinnert sich Weybrecht. Und auch sonst kann sie nur Gutes über ihre vierbeinige Gefährtin sagen. Deshalb wäre Weggeben auch nie eine Option. "Das wäre für den Hund schlimm und für mich doppelt und dreifach", so die Seniorin. "Da breche ich lieber auf der Straße zusammen."
Info: Wer hat Zeit und Lust, regelmäßig ein- oder mehrmals pro Woche Jana für einen Spaziergang von circa 20 bis 30 Minuten abholen? Wer volljährig ist und helfen möchte, findet auf www.silberpfoten.de nähere Informationen zur Initiative oder kann sich per E-Mail an info@silberpfoten.de direkt an die Silberpfoten wenden.