Mausoleum in Weinheim mit Aufklebern verunstaltet
Kennzeichen der mutmaßlichen Impfgegner wurden in vier Metern Höhe angepappt. Darauf wies Stadtführer Piva hin, als er städtische Arbeiter bewirtete.

Von Günther Grosch
Weinheim. Es ist ein großes Ärgernis, das Stadtführer Franz Piva am Rande seines traditionellen Frühstücks mit den Arbeitern der Stadt am Nikolaustag nicht verschweigen wollte: Unbekannte haben eine Reihe von Aufklebern über dem Säulenportikus des nach Plänen des Mainzer Dombaumeisters Ludwig Becker errichteten Mausoleums angebracht – und zwar an den vergoldeten Mosaiken. Im Zuge eines "sicher nicht billigen Versuchs, die Aufkleber wieder rückstandslos zu entfernen", befürchtet Piva, dass damit auch Teile der Goldauflage abgelöst werden.
Nach Recherchen der RNZ handelt es sich bei den "Kunstbanausen" mutmaßlich um eine Gruppierung von Impfgegnern. Der Slogan auf den Aufklebern "Studenten stehen auf – Freiheit für Meinung, Lehre und Wissenschaft" führt im Internet jedenfalls zu einer Webseite, auf der die Corona- und Impfpolitik von Bund und Ländern ebenso harsch kritisiert wird wie die Berichterstattung der "Medien" zum Thema. Dass es sich nicht nur um einen "Dummejungenstreich" handelt, sondern die Aufkleber bewusst angebracht wurden, belegt der Umstand, dass sie in einer Höhe von vier Metern kleben und "man dafür mit Sicherheit eine Leiter brauchte".

Das gemeinsame Frühstück wiederum ist zu einer ebenso noblen Geste wie feinen Tradition geworden: Seit 2014 lädt Piva die unter anderem für die Pflege des Schlossparks und der Rosenanlage zuständigen städtischen Arbeiter jeweils am Nikolaustag zum Frühstück in das oberhalb des Schlossparks gelegene Mausoleum ein. Als kleines Dankeschön dafür, dass die Männer das ganze Jahr über die Umgebung des zwischen 1908 und 1913 erbauten Monuments in Schuss halten, wie Piva erklärte.
Wobei die Stadt dies eigentlich gar nicht müsste. Die topografisch auf dem höchsten Punkt in der südöstlichen Ecke des Parks befindliche letzte Ruhestätte von acht Angehörigen der Familie von Berckheim ist immer noch im Besitz des Grafengeschlechts. Die Gruft weist 39 Grabkammern auf. Als die von Berckheims den Schlosspark 1938 für rund 583.000 Reichsmark an die Stadt verkauften, war das auf einer Fläche von 264 Quadratmetern stehende Mausoleum im Grundbuch vom Parkgelände abgetrennt worden – und ist es bis heute geblieben. Wenn er den Weinheim-Besuchern im Rahmen seiner Stadtführungen das Mausoleum zeige, so Piva, solle auch die 1984 letztmals genutzte Beisetzungsstätte der Familie als eine der Visitenkarten der Stadt kein schlechtes Erscheinungsbild abgeben. Mit Piva, dem Weinheimer Rechtsanwalt Frank Berner und der vor Kurzem im Alter von 97 Jahren verstorbenen Luitgard Fresin an der Spitze gründete sich deshalb vor einigen Jahren ein "Freundeskreis der Kapelle im Schlosspark zu Weinheim". Dieser will das vom Landesdenkmalamt als "Kleinod des Jugendstils" eingestufte Gebäude mit seinen vergoldeten Kalksteinmosaiken, Jugendstilornamenten, Engelsfiguren und Gebetsbänken vor dem Verfall retten.
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Am besten wäre es, so Piva, wenn die Erben das Mausoleum angesichts von dessen bevorstehendem 110. Geburtstag im kommenden Jahr der Stadt vermachten. Esperanca Sobrino Gräfin von Berckheim, die Witwe von Constantin Christian Graf von Berckheim, hat aber auch auf mehrmalige Anschreiben des Freundeskreises bisher nicht reagiert. "Und hat wohl auch kein Interesse am Mausoleum", so Pivas Einschätzung der Lage.
Umso dankbarer zeigte er sich auch in diesem Jahr wieder gegenüber den Schlossparkarbeitern Nico Johann, Dominik Schorsch und Markus Mühlum, die er – wie auch den inzwischen ins Rentnerdasein eingestiegenen Achim Winkler – auf eigene Kosten nicht nur zu einem deftigen Frühstück einlud, sondern die Helfer im Anschluss als zusätzliches "Merci" jeweils auch noch mit einer Tasche mit Süßigkeiten und Sekt beschenkte.
"Ein dickes Lob" und seinen Dank sprach der Stadtführer auch an die Holzbaufirma Knapp aus. Diese hatte im Laufe des Jahres mehrere Stützbalken unterhalb der marode gewordenen Sandsteinbalustrade des Mausoleums angebracht. Und sie damit vor einem Abbrechen – und einer damit verbundenen Gefährdung von Spaziergängern – bewahrt.