Das Knattern der Bertha-Benz-Fahrt war weithin hörbar
Als "erste Tankstelle der Welt" war die Apotheke wieder Station der traditionellen Fahrt.

Von Hans-Dieter Siegfried
Wiesloch. "Tankstopp" an der Stadtapotheke am Rande des evangelischen Kirchplatzes in Wiesloch: 40 Oldtimer rollten an, um sich von Apothekerin Jutta Suchy, unterstützt von ihrem Ehemann Adolf, symbolisch mit "Ligroin" versorgen zu lassen.
Dieses Waschbenzin hatte auch anno 1888 Bertha Benz genutzt, als sie mit dem Patent-Motorwagen ihres Mannes von Mannheim nach Pforzheim mit ihren beiden Söhnen unterwegs war. Kurz vor Wiesloch ging ihr bei dieser werbewirksamen Fahrt der Sprit aus und der damalige Apotheker Willi Ockel konnte ihr aushelfen. Und so hatte die Stadtapotheke in Wiesloch schnell ein Markenzeichen, war sie doch die "erste Tankstelle der Welt".
Bertha Benz wollte mit der Fahrt von Mannheim nach Pforzheim die Alltagstauglichkeit des "pferdelosen" Gefährts unter Beweis stellen und hatte als Unterstützung ihre Söhne Eugen und Richard mit dabei. Ihrem Ehemann Carl, der 1886 seinen Motorwagen Typ 1 erfolgreich zum Patent angemeldet hatte, verschwieg sie den Plan.

Pforzheim hatte sie bewusst als Ziel ausgesucht: Zum einen wollte sie eine Fernfahrt unternehmen, zum anderen Stand ein Besuch ihrer Eltern in ihrer Geburtsstadt an. Klammheimlich machte sie sich dann auf den Weg, unterbrochen von dem notwendigen Tankstopp in Wiesloch. Ein paar Tage später kehrte sie dann nach Mannheim zurück und sie hatte den eindrucksvollen Beweis erbracht, dass man auch ohne Pferde unterwegs sein kann. Eine echte Pionierleistung.
Jetzt wurde diesem Ereignis erneut gedacht. Organisiert vom Allgemeinen Schnauferl-Club Deutschland (ASC) hatten sich viele zu einer dreitägigen Rundfahrt getroffen, allesamt mit Fahrzeugen, die vor 1939 gebaut wurden. Das älteste Gefährt war ein "Benz Velo", der erstmals 1896 unterwegs war – und dies mit ganzen vier Pferdestärken.
Organisiert wurde der Zwischenstopp in der Weinstadt vom Verein "Freunde historischer Fahrzeuge Wiesloch" und es wurde in der Wartezeit auf die Autos viel Historisches vermittelt. Dann kamen die ersten, weithin hörbar, die Hauptstraße entlang "geknattert", die Insassen zumeist historisch gewandet.
Mit dabei unter anderem ein Napier T27, Baujahr 1907, mit immerhin stolzen 35 PS unter der Motorhaube. Ebenfalls gesichtet und bestaunt von den zahlreichen Interessenten an der Strecke wurde ein Renault CC von 1912 oder ein Ford A, anno 1928 konstruiert. Alle Fahrzeuge präsentierten sich in bestem Zustand, alles glänzte und funkelte – gerade auch die originellen Kühlerfiguren.

"In der Stadtapotheke wurde bereits 1954 der erste Stopp organisiert", informierte Jutta Suchy über die Geschichte der Bertha-Benz-Fahrt und zeigte auf eine Plakette an der Wand der historischen Apotheke, die dies dokumentierte. Am Wegesrand war ein Nachbau des Benz-Motorwagens Typ 1 zu bewundern, der sich seit nunmehr sechs Jahren im Eigentum der "Freunde historischer Fahrzeuge" befindet und als willkommenes Fotomotiv für Jung und Alt diente.
Bertha Benz selbst war wohl mit einem anderen Fahrzeug unterwegs, da sie von ihren Söhnen begleitet wurde. "Da wurde sicherlich noch eine weitere Sitzbank eingebaut", so Uwe Sauer, der zweite Vorsitzende des Vereins. Beim nachgestellten Tankstopp erhielten alle Teilnehmer neben einer Urkunde auch zwei Fläschchen Ligroin pro Fahrzeug und auch Bürgermeister Ludwig Sauer hatte es sich nicht nehmen lassen, den Oldtimer-Teams alles Gute für die Weiterfahrt zu wünschen.
"So um die drei bis vier Liter dürfte Bertha Benz 1888 getankt haben, mehr Waschbenzin hatte Apotheker Ockel damals wohl kaum im Regal stehen", erzählte Jutta Suchy. Die Stadtapotheke existiert seit mindestens 1735. "Oder sogar länger, aber da haben wir keine Dokumente mehr gefunden."