Stadion-Neubau Sandhausen

Pläne des SVS abgelehnt – Bürgermeister will Kompromiss

Die Gemeinde beteiligt sich nicht am Stadionneubau, stattdessen soll eine neue Variante den Durchbruch bringen.

29.03.2022 UPDATE: 30.03.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 51 Sekunden
Gut besucht war die Festhalle am Montagabend, als es in öffentlicher Gemeinderatssitzung um das weitere Vorgehen mit den Erweiterungsplänen des SV Sandhausen ging. Foto: Popanda

Von Lukas Werthenbach

Sandhausen. Wenn der SV Sandhausen (SVS) sein gewünschtes Stadion an der Autobahn A5 doch noch bauen will, muss er die Kosten dafür wohl alleine tragen. Das ging aus der Gemeinderatssitzung am Montagabend hervor. Bürgermeister Hakan Günes erklärte vor rund 50 Bürgern in der Festhalle, dass die bisherigen Pläne des Fußball-Zweitligisten, einen Stadionneubau gemeinsam mit der Gemeinde zu finanzieren, "juristisch nicht möglich" seien. Weil die Gemeindeverwaltung auch die anderen bisher diskutierten Varianten für eine Erweiterung des SVS nicht weiterverfolgen will, schlug Günes eine neue Alternative vor. Diese beschrieb der Rathauschef als "politischen Kompromiss", der "die Interessen sämtlicher Sandhäuser Vereine" berücksichtigen soll. Nach dem Willen der Verwaltung soll der Gemeinderat die Variante Ende April mit einem Grundsatzbeschluss auf den Weg bringen.

Hintergrund

Sandhausen. (luw) Die ersten Reaktionen der Bürger auf die "Variante Verwaltung" zur Erweiterung des SV Sandhausen (SVS) waren positiv. Zugleich ergaben sich mehrere Nachfragen an die Gemeindeverwaltung.

> Michael Weiß fragte angesichts des laut SVS

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Sandhausen. (luw) Die ersten Reaktionen der Bürger auf die "Variante Verwaltung" zur Erweiterung des SV Sandhausen (SVS) waren positiv. Zugleich ergaben sich mehrere Nachfragen an die Gemeindeverwaltung.

> Michael Weiß fragte angesichts des laut SVS erforderlichen Umbaus des bestehenden Stadions, ob der Club mit der nun vorgestellten Variante zufrieden sei und was mit den Plänen eines Stadionneubaus – gegebenenfalls in einem anderen Ort – geschehe. Darauf erklärte Bürgermeister Hakan Günes, dass die Neubau-Idee des SVS "aus wirtschaftlicher Sicht absolut nachvollziehbar" sei. Jedoch sei die aktuelle Planung mit einer finanziellen Beteiligung der Gemeinde "kommunalrechtlich schlichtweg nicht möglich". Zudem forderte Günes ein "klares Bekenntnis" des Vereins, bevor die Variante infolge eines Grundsatzbeschlusses umgesetzt werde.

> Rolf Schneider, Mitglied der Bürgerinitiative "Pro Waldschutz" (BI) und Zweiter Vorsitzender der Turngemeinde (TG), fragte, ob der nun im Waldschutzgebiet geplante Sportplatz nicht weiter nördlich gebaut werden und dafür ein Teil des Sonnenwegs versetzt werden könnte. Günes entgegnete, dass man das Ortsbild von Süden kommend so wenig wie möglich beeinträchtigen wolle. Er erinnerte an die Bedeutung des Sonnenwegs insbesondere für Bewohner des nahen Pflegeheims. Zu Schneiders Sorge, der SVS könnte in der Folge später einmal Anspruch auf noch mehr Fläche im Schutzgebiet erheben, sagte Günes: "Wir würden im Gemeinderat klar kommunizieren, dass der SVS von dem Baurecht an dieser Stelle keinen Gebrauch mehr machen sollte."

> Anton Hofmann, Vorstandsmitglied des SC Sandhausen, bezeichnete die neue Variante als "grundsätzlich sehr ansprechend". Er fragte aber, ob die auf das heutige FC-Gelände zu verlagernden Tennisplätze nicht zu nah an der Bebauung seien. Schließlich gebe es schon jetzt immer wieder Klagen über den Lärm seitens der Anwohner. Der Rathauschef erinnerte aber daran, dass genau dort derzeit Fußball gespielt werde – und dabei handele es sich um eine "geräuschintensivere" Sportart als Tennis.

> Monika Hack, BI-Mitglied, fragte mit Blick auf die Waldfläche südlich des Stadions, ob sich diese der SVS als "eine Art Vorrat für weitere benötigte Parkplätze" vorbehalte: "Das wäre ja ein wunderbarer Vorwand, um Wald abzuholzen". Günes sagte, dass er dies aktuell nicht beantworten könne. Das gelte es zu untersuchen und mit anderen Vereinen zu besprechen. "Es kann sein, dass wir am Ende zum Ergebnis kommen, dass man sich für 20, 30 oder 40 Parkplätze entscheidet."

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"Ich habe es mir als frisch gewählter Bürgermeister herausgenommen, all diese Varianten zu betrachten, und auch mit dem Ortsbaumeister zusammen alles noch mal bewertet", sagte der seit Juli 2021 amtierende Günes. Aus Sicht der heutigen Verwaltung seien die in Nachbarschaft des SVS aktiven Amateurvereine bei den Beratungen des Runden Tischs "stiefmütterlich behandelt" worden. Die dabei seit Januar 2020 erarbeiteten Varianten für eine Erweiterung des Proficlubs bezeichnete er als "Stückwerk", das "nur zwischen zwei Parteien ausgehandelt" worden sei: "Das waren der SVS und die Bürgerinitiative ,Pro Waldschutz’." Deswegen habe man mit der "Variante Verwaltung" nun versucht, "das Sportzentrum in seiner Gesamtheit neu zu denken: weg vom Stückwerk hin zum nachhaltigen Denken".

Und so sieht die neue Variante aus: Die Amateurfußballer des FC Sandhausen sollen auf die andere Seite der Jahnstraße ins Walter-Reinhard-Stadion umziehen; der bisher im Norden und Süden von Fußballern "eingekesselte" Tennisclub 1970 (TC) wandert wenige Meter Richtung Norden auf die bisherige Fläche des FC. Weil der SVS bisher das – dann vom FC belegte – Walter-Reinhard-Stadion mitnutzt und einen Bedarf von zwei weiteren Trainingsplätzen angemeldet hatte, könnten so drei neue Sportplätze direkt am BWT-Stadion entstehen: zwei durch die Verlagerung von TC beziehungsweise FC und einer im Waldschutzgebiet Schwetzinger Hardt.

Zur Erinnerung: Die Suche nach Varianten war 2020 überhaupt erst losgegangen, weil insbesondere die BI "Pro Waldschutz" gegen den Ursprungsplan protestiert hatte, 2,5 Hektar geschützten Wald für den Bau von zwei Sportplätzen zu roden.

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Nun soll also nur etwa die Hälfte dieser Fläche abgeholzt werden. Es handele sich um einen Kiefernwald mit vereinzelten Buchen und Eichen, so Günes. Dieser solle "mindestens 1:1" an anderer Stelle wieder aufgeforstet werden: Der Rathauschef stellte in Aussicht, gemeinsam mit Naturschutzverbänden und BI einen "klimaresistenten, CO2-bindenden Wald zu kreieren, zu gestalten und zu etablieren".

Als Vorteile dieser Variante hob er eine "Optimierung der jeweiligen Situation" auch der anderen Vereine hervor: Sowohl TC als auch FC hätten ohnehin bereits "mittelfristig" einen Erneuerungsbedarf ihrer Anlagen angekündigt. Zudem würden die in Reinhard-Stadion und Hardtwaldhalle aktive Turngemeinde (TG), die Kegler und der SC profitieren – insbesondere durch den Bau von rund 150 Stellplätzen in etwa am heutigen FC-Gelände. Schließlich sorgt die Parksituation am Sportzentrum zu bestimmten Spiel- und Trainingszeiten schon lange für Ärger.

Als einziger Gemeinderat meldete sich Lukas Öfele (GAL) nach der Präsentation: Seine Fraktion werde der Umsetzung dieser neuen Variante "zu keiner Zeit zustimmen", weil der davon betroffene Wald als "besonders schützenswert" eingestuft worden sei.

Auch Petra Weiß als Sprecherin der BI kritisierte in der anschließenden "Fragestunde" den nun geplanten Eingriff ins Waldschutzgebiet, was per Gemeinderatsbeschluss 2019 als "rote, nicht überschreitbare Linie" dargestellt worden sei: "Dieser eine Sportplatz gehört eigentlich in die Verlängerung des Sonnenwegs." Dies sei ohne großen Aufwand möglich, so Weiß. Wenn es dagegen zur Rodung im Schutzgebiet komme, werde die BI "alles rechtlich in ihrer Macht Stehende tun, um das zu verhindern oder mindestens zu verzögern". Günes erklärte daraufhin, dass die Verwaltung auch über eine Verlegung des einen Platzes an den Sonnenweg nachgedacht habe. Jedoch sehe man die nun präsentierte Lösung als "nachhaltigste und zukunftsorientierteste", die zudem ein Kompromiss sei, "weil hier jeder von seiner Ursprungsidee etwas" abweiche.


Warum das Rathaus alle bisherigen Varianten ablehnt

Die Verwaltung geht auf 34 Seiten darauf ein. Auch Juristen, Kommunalrechtsamt und Landesminister Peter Hauk kommen dabei zu Wort.

Sandhausen. (luw) Ein juristisches Gutachten, Stellungnahmen von Kommunalrechtsamt und baden-württembergischem Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU): Das ist nur ein Teil der Anlagen, die einem 34-seitigen Dokument der Gemeindeverwaltung angehängt sind; dieses ist nun auch im Internet unter www.sandhausen.de verfügbar. Die Verwaltung argumentiert darin, warum sie – nach jeweils derzeitigem Planungsstand – empfiehlt, keine der bisher diskutierten Varianten zur Erweiterung des SV Sandhausen (SVS) umzusetzen. Stattdessen soll die "Variante Verwaltung" auf den Weg gebracht werden (siehe weitere Artikel).

Im Zuge der Ursprungsidee Variante 0 sollten 2,5 Hektar Wald im Schutzgebiet Schwetzinger Hardt südlich des BWT-Stadions gerodet werden, um zwei Sport- und 144 Parkplätze zu bauen. Zwar sei die Errichtung baulicher Anlagen hier "grundsätzlich verboten", jedoch seien Ausnahmen durchaus möglich. Zumal der Erholungswald in diesem Bereich ohnehin nicht besonders stark besucht sei. Diese Variante hält die Gemeindeverwaltung zwar für "grundsätzlich realisierbar", spricht sich aber auch unter Berücksichtigung der Proteste dagegen aus.

Variante 1 würde einen Umzug des FC Sandhausen auf das Gewann Schwammerswiesen im Osten der Gemeinde vorsehen, sodass der SVS einen Sportplatz auf dessen jetzigem Gelände und einen weiteren auf dem Parkplatz des Walter-Reinhard-Stadions bauen könnte. Darin sieht die Verwaltung jedoch "städtebaulich gewichtige Nachteile", weil die Gemarkungsstruktur "zersplittert" werden würde. Auch im Zuge der Varianten 2a und 2b würde der FC ins Gewann Schwammerswiesen ziehen, zudem wäre der Tennisclub beeinträchtigt: In dessen Norden würden zwei Fußballplätze entstehen. Hier sieht die Verwaltung vor allem die Einschränkung des Sonnenwegs kritisch, der täglich von vielen Spaziergängern genutzt werde. Variante 3 lehnt das Rathaus ab, weil durch den Umzug des Tennisclubs auf den Parkplatz des Walter-Reinhard-Stadions die "städtebauliche Trennung von Sportzentrum und Wohnbebauung aufgeweicht" werden würde.

Gegen die Stadionvariante spricht laut Günes, dass zur Finanzierung sowohl die Gründung einer Betriebsgesellschaft mit Kapitalanlage als auch ein Darlehen an den SVS "gewissermaßen rechtswidrig" sei. Auch auf die Variante der Bürgerinitiative ging Günes ein: Ein Sportplatz auf Stelzen oder auch ein Parkdeck würden das "geordnete Bild ebenerdiger Anlagen" an dieser Stelle stören.

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