Im Altweibersommer sind die Öchslegrade gestiegen
Die Winzer der Region Wiesloch hatten mit Schädlingsbefall und Wetterkapriolen zu kämpfen. Die Qualität soll trotzdem stimmen.

Von Georg Wipfler
Rund um Wiesloch. War für viele das Jahr 2021 schon wegen der Corona-Pandemie ein Aufregendes, trifft dies auf die Winzerschaft rund um Wiesloch im Besonderen zu. Wetterkapriolen das ganze Jahr über bis zum Herbst haben den Weinbautreibenden Sorgen bereitet, sodass große Hoffnung auf einem schönen Spätsommer lag.
Diese Hoffnung aber wurde in diesem Jahr nur zum Teil erfüllt. Zu schaffen machten den Winzern im Rotweinbereich vor allem die Kirschessigfliege und im Allgemeinen die Pilzkrankheiten wie Personospora, Oidium oder Botrytis. Belohnt wurden die Winzer, die das ganze Jahr über sauber und akribisch im Weinberg gearbeitet haben. Ein großer Zeitaufwand war erforderlich, um gesundes Lesegut zu erhalten.
Die jetzt im Keller gärenden Moste geben Anlass zur Freude. Die Aromen zeigen schon in dieser frühen Phase des Weinausbaus das Potenzial auf, das im 2021er Jahrgang steckt. Im Bezug auf die Menge hat sich der aktuelle Jahrgang etwas zurückgehalten. Genaue Zahlen liegen noch nicht vor, doch die Erntemenge im Gesamten wird etwas unter dem langjährigen Mittel liegen, schätzen die Experten. Der Befall der roten Sorten mit der Kirschessigfliege hat für erhebliche Einbußen gesorgt, so mancher Winzer hat in diesem Jahr darauf verzichtet, einen Rotwein auszubauen.
Daniel Rhein vom Weingut Hummel in Malsch weist darauf hin, dass man bei der selektionierenden Handlese in diesem Jahr den Aufwand um zirka das anderthalbfache erhöhen musste, um die gleiche Qualität wie in den Vorjahren einzubringen. "Auch das Wetter war für uns eine Herausforderung, doch mit den Qualitäten der Trauben, die wir geerntet haben, sind wir sehr zufrieden. Die ersten Weine haben bereits vergoren und präsentieren sich duftig. Im Vergleich zu den sehr warmen Vorjahren sind die Gewächse aber in diesem Jahr schlanker", so das erste Fazit von Daniel Rhein.
Auch interessant
"Duftig, frisch und elegant" wirken die ersten durchgegorenen Weine auch im Keller von Rüdiger Bös in Malsch. Die Sonnentage im September und Oktober haben sich nach seinen Worten noch einmal positiv auf das Lesegut ausgewirkt und ihn zufrieden gestimmt. Ähnlich bewertet man den Herbst im Mühlhausener Weingut von Manfred Block. "Wir mussten zwar oft improvisieren, was die Lese anbelangt, dafür haben wir aber vollreifes Lesegut in den Keller bekommen." Die Gärung der ersten Weine neige sich gerade dem Ende zu. "Jetzt kann man schon erahnen, dass der Jahrgang 2021 ein guter wird", so Block. "Mit unseren weißen und roten Burgundern sind wir sehr zufrieden, besonders gut präsentiert sich jetzt schon der Auxerrois. Nach der ersten Fassprobe in diesem Jahr verspricht er, ganz besonders elegant zu werden." Der Gewinner des Jahres war für Friedhelm Koch der Riesling. Die alteingesessene Rebsorte hatte in den letzten Jahren in der Region wegen der warmen Witterung so ihre Schwierigkeiten, was in diesem Jahr nicht der Fall war.
"Die Trauben waren perfekt in Größe sowie Gesundheit und haben in Menge und Güte alle anderen Sorten übertroffen. Wir erwarten hier einen Topwein im nächsten Frühjahr. Insgesamt präsentieren sich die ersten vergorenen Weine schon jetzt spritzig und fruchtig, die Alkoholwerte werden in diesem Jahr aber deutlich geringer sein als in den Vorjahren", erklärt Friedhelm Koch. Wie er weiter mitteilt, will man in seinem Weingut den zum Teil hohen Säurewerten mit einem biologischen Säureabbau begegnen, was den Weinen eine geschmeidigere und weichere Struktur geben soll. Auf das Herstellen von Rotweinen hat Koch diesmal ganz verzichtet, dafür gibt es fruchtige Rosés, die laut Koch auch immer stärker nachgefragt werden. Volker Barth aus Malschenberg berichtet von einem langen Erntezeitraum in seinem Weingut. "Die Weine werden heuer nicht zu sehr alkoholbetont sein, dafür aber fruchtig und frisch, sodass das Trinken des Jahrgangs 2021 Spaß machen dürfte", so Barth.
Im Weingut Fellini ist man mit dem Jahrgang 2021 ebenfalls zufrieden. "Für uns war es ein zögerlicher Start in den Herbst. Der Altweibersommer hat dann dafür gesorgt, dass bei hohen Temperaturen tagsüber und kalten Nächten die Öchslegrade noch gestiegen sind. Bei uns hat sich die Säure dann auf ein angenehmes Maß eingependelt. Wir werden in diesem Jahr frische und aromatische Weine bekommen", so Bernhard Fellhauer.
Beim größten Traubenerzeuger in der Region, der Winzergenossenschaft Kraichgau, die über die "Winzer von Baden" die Gewächse auf den Markt bringt, hat man 2,6 Millionen Trauben mit einem durchschnittlichen Mostgewicht von 82 Öchsle geerntet. "Bei uns waren durch unsere Genossenschaftswinzer die Trauben optimal versorgt und machen jetzt auch bei der Gärung keine Probleme. Die Rotweine sind nach ihrer schwachen Farbausprägung und teilweise auch Schäden durch die Kirschessigfliege eher selten, dafür kann sich der Weingenießer auf spritzige und fruchtige Weiß- und Roséweine freuen", so Geschäftsführer Carsten Wipfler. Die Weinfreunde in der Region können damit rechnen, dass rechtzeitig zum Frühjahr 2022 die Gewächse auf den Markt kommen.