Dieser Wolfgang Huber hat "nichts mit Terror-Huber zu tun"
Wolfgang Huber über Verwechslungen: Sein krimineller Namensvetter leitete das Sozialistische Patientenkollektiv (SPK).

Von Lukas Werthenbach
Region Heidelberg. Beide sind Ärzte, beide promovierten in den 1960er Jahren in Heidelberg – und beide heißen Wolfgang Huber. Doch während der eine sich als demokratisch gewählter SPD-Stadtrat für bezahlbaren Wohnraum engagierte, knüpfte der andere Kontakte zu Terroristen und plante den gewaltsamen Umsturz des kapitalistischen Systems. Nach der RNZ-Berichterstattung über die Auflösung des Sozialistischen Patientenkollektiv (SPK) vor 50 Jahren wandte sich der erstgenannte Prof. Dr. Wolfgang Huber an die Redaktion und bat um eine öffentliche Klarstellung: "Ich habe mit dem Terror-Huber nichts zu tun", sagt er. Dabei erzählt der 81-Jährige, wie er immer wieder mit dem heute als "verschollen" geltenden und 1971 zu viereinhalb Jahren Haft verurteilten SPK-Chef Dr. Wolfgang Huber verwechselt wurde.
Die bis heute mysteriösen Schüsse in Wiesenbach auf einen Polizisten hatten gerade die Region in Aufruhr versetzt; Berichte über Verbindungen des SPK zur Baader-Meinhof-Bande erschienen und die Polizei ermittelte mit einem Großaufgebot zum als "kriminelle Vereinigung" eingestuften "Inneren Kreis" des Kollektivs, dessen Kopf der Psychiater Dr. Wolfgang Huber war.
Mitten in dieser aufgebrachten Phase, im Sommer 1971, wurde der damalige Internist Dr. Wolfgang Huber – die Habilitation folgte später – auf dem Heimweg von Polizisten angehalten. "Ich hatte gerade einen Nachtdienst am Klinikum in Mannheim hinter mir, war ziemlich übermüdet und wollte nach Hause nach Handschuhsheim", berichtet Huber. Er habe einen "uralten VW" gefahren, "braun angemalt und mit Seilzugbremsen". An der Autobahnabfahrt stoppten ihn die Beamten. "Ich gab ihnen meine Papiere, auf denen mein Name Dr. Wolfgang Huber stand." Daraufhin sei er von Polizisten "umringt" worden. "Ich habe ihnen gleich gesagt, dass ich nichts mit dem Dr. Wolfgang Huber zu tun habe, den sie suchen", erzählt der heute in Wieblingen wohnende Heidelberger. "Ich sagte ihnen, dass sie gerne meinen Chef fragen können." Nach eingehender Überprüfung seiner Papiere habe er dann weiterfahren dürfen.
Besonders überrascht war der SPD-Huber über diese Begegnung nicht. Seit der andere Huber mit seinem SPK 1970/1971 Schlagzeilen machte, habe er wiederum häufig verdutzte Blicke geerntet. "Wenn die Leute meinen Namen hörten oder lasen, wurde immer erst mal gezuckt", sagt er. Dies habe sich sogar fortgesetzt, als der kriminelle Huber längst in Haft war. Die Parallelen in den Lebensläufen der "beiden Hubers" sind – zumindest auf den ersten Blick – frappierend. Beide studierten ungefähr zur gleichen Zeit Medizin an der Heidelberger Universität. Nur während der SPK-Huber Psychiater wurde, spezialisierte sich der andere auf Innere Medizin, deren Teilgebiet Nephrologie und Umweltmedizin. So arbeitete Letzterer etwa am Aufbau der "künstlichen Niere" mit, später war er als "Leitender Arzt Dialyse" am Heidelberger Kurpfalzkrankenhaus tätig.
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Da er außerdem als Assistentensprecher Teil des Kleinen Senats an der Universität war, bekam er bereits früh mit seinem Namensvetter zu tun: Als der SPK-Huber und etwa 25 Patienten im Juli 1970 das Rektorat der Uni besetzten, war auch sein Rat gefragt. Das Kollektiv forderte unter anderem die "Abschaffung der Fremdbestimmung des Gesundheitswesens beispielsweise durch Industrie und Bundeswehr", wie die RNZ damals berichtete. "Wir haben uns damit beschäftigt, wie wir diesen Konflikt lösen könnten", erinnert sich der Internist Huber, der das Vorgehen des Kollektivs auch heute noch kritisiert: "Dieser Huber setzte seine Patienten ein, um politische Forderungen durchzusetzen." Auch für die anderen Assistenten sei dies damals "unmöglich" gewesen. Mit Blick auf das Verwechslungspotenzial nicht nur aufgrund des Namens meint er: "Ich wollte natürlich auch mehr Mitbestimmung, aber ich hätte dafür niemanden persönlich angegriffen."
Und während sich das SPK zumindest in Teilen weiter radikalisierte, rückte der SPD-Huber in den Heidelberger Gemeinderat nach: Von 1971 bis 1999 saß er für die Sozialdemokraten im Stadtparlament, von 1975 bis 1985 war er deren Fraktionsvorsitzender. "Ich habe mich vor allem für die Verbesserung der Wohnraumsituation und für bezahlbare Straßenbahn-Tarife eingesetzt", sagt der heutige stellvertretende Vorsitzende der Heidelberger Arbeiterwohlfahrt (Awo): "Diese Themen sind heute noch aktuell."
Übrigens hatte er Ursula, die spätere Ehefrau des SPK-Chefs, schon früher persönlich kennengelernt: "Sie war Dozentin an der Uni und ich hatte als Student Kurse bei ihr", berichtet der SPD-Huber. Die gelernte Physiologin sei damals "äußerst kompetent" gewesen. Da habe man noch nicht ahnen können, dass diese Frau später gemeinsam mit ihrem Ehemann unter anderem wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und Sprengstoffherstellung verurteilt werden würde ...