RNZ-Sommertour nach Wiesenbach

Zu Besuch in "Deutschlands kleinster Lohnbrauerei" in Langenzell (Fotogalerie/Video)

Von der Malzmühle bis zum Biergenuss: Die Sommertouristen erlebten bei dem Ausflug in die "Craft Cell"-Brauerei die Kunst des Brauens mit allen Sinnen.

29.08.2024 UPDATE: 29.08.2024 21:29 Uhr 3 Minuten, 43 Sekunden
Die RNZ-Leser lernten von Braumeisterin Naty (r.) einiges rund ums Bier – Verkostung natürlich inbegriffen. Foto: Werthenbach

Von Lukas Werthenbach

Wiesenbach-Langenzell. Vom Malz-Schroten bis zum Biergenuss in weniger als vier Stunden: Das geht nur bei der RNZ-Sommertour – und natürlich nur dank einer entsprechenden Vorbereitung. Denn selbstverständlich war das Dilsberger Bier "Dilsch", dessen Brauvorgang vor den Augen der RNZ-Leser begann, zum Ende dieses Bierbraukurses am Donnerstag noch nicht bereit zum Genuss.

Aber da die "Craft Cell"-Brauerei im Hofgut Langenzell nahezu ständig im Betrieb ist, wartete auf die Gewinner dieser Sommertour in anderen Tanks bereits frisches Bier, das erst vor wenigen Wochen gebraut wurde – ein Erlebnis für alle Sinne.

Die Brauerei

Bei "Craft Cell" handelt es sich nicht um eine handelsübliche Brauerei, die ihr eigenes Bier braut und vertreibt. Vielmehr kann hier jeder selbst seine Bier-Idee vom Rezept bis zum Getränk umsetzen. Diplom-Ingenieur und Fachjournalist Alexander Büchler gründete das gleichnamige Unternehmen vor sieben Jahren, pachtete den ehemaligen Schweinestall des Hofguts Langenzell und richtete hier die Anlage ein.

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Dabei entstand die wohl "kleinste Lohnbrauerei Deutschlands". Vom Start-Up-Unternehmen wie das Heidelberger Heerlijk über Gastronomen aus der Region bis hin zum Junggesellenabschied mieten sich hier Bier-Freunde und -Profis ein, um ihr Produkt zu brauen und abzufüllen.

Für "Craft Cell" arbeiten zwei Braumeister sowie ein Biersommelier. Sie übernehmen die Brauvorgänge und stehen den jeweiligen Mietern auch beratend zur Verfügung. Während der RNZ-Sommertour war hier Braumeisterin Naty Neumann an den Kesseln und Bottichen aktiv: Die 35-Jährige stammt aus Chile, hatte dort Tourismus studiert, lernte dann aber das Bierbrauen und gründete ihre eigene Firma samt Ausschank namens "Cerveza Neumann".

In ihrer Heimat verliebte sie sich in einen Ludwigshafener, heiratete ihn – und aus einem eigentlich nur für wenige Monate geplanten Heimatbesuch ihres Ehemannes wurde durch einige Zufälle letztlich ein gemeinsamer Umzug in die Rhein-Neckar-Region samt Festanstellung bei "Craft Cell".

Hier ist man von Naty begeistert: Die sympathische Südamerikanerin versteht sich nicht nur bestens mit ihren Kollegen und macht nach einhelliger Ansicht "einen super Job", sondern sie bringt laut Büchler auch noch neue Impulse für die Bierproduktion ein.

Der Weg zum Bier

Als die RNZ-Leser um 8 Uhr am Donnerstagmorgen im Hofgut eintreffen, brummen schon die Maschinen im früheren Schweinestall – und Naty ist bereits fleißig am Vorbereiten. Empfangen wird die Gruppe von Brauer und Biersommelier Achim. Mit ihm geht es an den allerersten Arbeitsschritt in der Brauerei: Das Malz wird geschrotet. Die Leser helfen dabei, die Säcke in die Mühle zu schütten.

"Wir arbeiten hier so regional wie möglich", erklärt Achim: Das Malz kommt aus Heidelberg, der Hopfen – zwecks besserer Lagerfähigkeit in Form von Pellets – von einem Lieferanten aus Spechbach. 120 Kilogramm Malz braucht es für 650 Liter Bier – das ist wiederum die Menge, die hier die meisten Kessel fassen. "In der Schrotmühle wird das Malz aufgebrochen", erläutert er: So wird das Lösen von Stärke im Wasser erleichtert.

Zuerst geht es aber in den Maischbottich, wo Wasser und geschrotetes Malz hineingegeben werden. Das Wasser wird erhitzt, sodass die Malzstärke zu vergärbarem Zucker wird. Mit der Temperatur beziehungsweise den "Rasten" – dem Verbleib auf einer bestimmten Temperatur – lässt sich hier bereits der Geschmack des Bieres beeinflussen.

Im Läuterbottich wird die Würze – also die beim Maischen entstandene Flüssigkeit – vom verbliebenen Malz getrennt, dann geht es für die Würze zurück in den Maischbottich. Gesteuert wird das alles über ein digitales System, das eigens auf die "Craft Cell"-Anlage ausgerichtet ist. Nun wird die Würze gekocht, wobei der Hopfen hinzukommt: Je mehr Hopfen genutzt wird, desto herber schmeckt das Bier hinterher.

Achim präsentierte den Lesern dazu passend eine Handvoll Hopfen: Manche stellten hier ein starkes Maracuja-Aroma fest. "Mittlerweile kann man mit Hopfen fast alle denkbaren Geschmacksrichtungen erreichen", erklärt der Brauer. Anschließend geht es mit der Würze in den "Whirlpool", wo die Flüssigkeit von zurückgebliebenen Feststoffen wie etwa Hopfenbestandteilen getrennt wird.

Vom "Whirlpool" wird die Flüssigkeit in den Gärtank gepumpt, wo nun die Hefe hinzukommt: Die Gärung beginnt. Oft wird hier auch noch zusätzlich "kaltgehopft", um eine besondere Geschmacksnote zu erreichen. Nach etwa sechs Wochen kann das fertige Bier abgefüllt werden.

Der gemütliche Teil

Und da die RNZ-Sommertouristen keine sechs Wochen warten sollten, bekamen sie nun Bier ausgeschenkt, das diese Gär- und Lagerzeit gerade hinter sich hat – frisch aus dem riesigen Tank. Dazu servierten Büchler und Kollegen Weißwurst und Brezeln. "Bierbrauen ist wie Kuchenbacken", sagt Büchler: "Wenn man einmal angefangen hat, kann man nicht mehr viel tun und erfährt erst hinterher, ob’s schmeckt." Bei vielen Anekdoten rund ums Bier ließ die Gruppe diesen ebenso spannenden wie schmackhaften Vormittag ausklingen.


So blickten die Gewinner hinterher auf dieses besondere Erlebnis:

> Ilona Sauer aus Spechbach und ihr Ehemann freuten sich über einen "sehr interessanten" Braukurs: "Ich bin fasziniert davon, dass es so viele verschiedene Schritte fürs Bierbrauen braucht", sagt Ilona Sauer schmunzelnd: "Ich hätte es mir nicht so kompliziert vorgestellt."

> Patrizia Uwira aus Sandhausen fand es interessant zu sehen, wie lang der Prozess dauert. "Aber auch die ganze Umgebung hier mit dem schönen Hofgut – das passt gut." Und das Bier habe natürlich auch geschmeckt, wenngleich der Genuss so früh am Morgen ungewohnt sei, sagt sie lachend: "Es hat auch auf nüchternen Magen geschmeckt."

> Simon Schuster und Sebastian Heck aus Bammental kamen zusammen zur Sommertour: Erstgenannter hat bereits als Hobby häufiger Bier daheim gebraut und war entsprechend begeistert: "Ich konnte einige Fragen loswerden und habe auch Antworten bekommen. Für mich als Heim-Brauer war es natürlich auch toll zu sehen, wie hier im größeren Stil die Abläufe funktionieren." So hatte auch Sebastian Heck zwar als "Endverbraucher" des Produkts seines Kollegen Simon Schuster bereits "einige Vorkenntnisse", doch auch er habe Neues erfahren: "Mir hat es sehr gut geschmeckt und insgesamt hat es mir auch gut gefallen." Und zwar so gut, dass er seit diesem Donnerstag schon über seinen nächsten Geburtstag nachdenkt, der immerhin der 50. sei und den man ja eventuell hier mit "eigenem Bier" feiern könnte.

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