Neujahrsmatinee Schriesheim

Fünf "Köpfe" plaudern über Beruf, Leidenschaften und Ehrenamt

Bei der Matinee des Partnerschaftsvereins stellten sich nach zwei Jahren Pandemie-Pause wieder fünf "Schriesheimer Köpfe" vor.

09.01.2023 UPDATE: 09.01.2023 06:00 Uhr 4 Minuten, 37 Sekunden
Bei der Neujahrsmatinee des Partnerschaftsvereins befragte dessen Vorsitzende Claudia Ebert (v.l.) diese fünf „Schriesheimer Köpfe“: Vivienne Becker, Jürgen Betzin (vor seinem Modell der Strahlenburg), Birgit Ibach-Höfer, Barbara Schenk-Zitsch und Friederike Meyenschein. Foto: Dorn

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Die Nachbarn haben ihre Neujahrsempfänge – Hirschberg übrigens auch am Sonntag –, Schriesheim hat seine Neujahrsmatinee des Partnerschaftsvereins, auf der sich nach zwei Jahren Pandemie-Pause wieder fünf "Schriesheimer Köpfe" vorstellten.

Von denen kennt man vier (Birgit Ibach-Höfer, Friederike Meyenschein, Barbara Schenk-Zitsch und Jürgen Betzin) ganz gut und eine (Vivienne Becker) noch nicht so, es sei denn man muss zum Bürgermeister. Drei (Meyenschein, Schenk-Zitsch und Betzin) konnten einiges aus der Arbeit von Ehrenamtlichen berichten, zwei (Ibach-Höfer und Becker) über das Bürgermeisterumfeld, schließlich ist Ibach-Höfer die Frau des "jüngeren Alt-Bürgermeisters", so Moderatorin Claudia Ebert, und Becker die Assistentin von dessen Nachfolger Christoph Oeldorf.

Ebert als Vorsitzende des Partnerschaftsvereins hatte einen "netten, amüsanten und lustigen Einstand ins neue Jahr" versprochen und ihre Fragen unter das Motto "Alt und neu" gestellt. Deswegen hätte sie auch gern jemanden aus dem jüngsten Verein der Stadt, dem Dartclub dabei gehabt, aber das ging nicht aus Termingründen.

Gut 100 Gäste waren in den Vereinsraum der Mehrzweckhalle gekommen. Foto: Dorn

> Birgit Ibach-Höfer: Natürlich wusste sie als Sonderschulpädagogik-Studentin nicht, dass sie mal "Bürgermeisterfrau" werden würde, als sie vor gut 40 Jahren nach Schriesheim kam (und später beim Volleyballtraining der "Blockfreien" Hansjörg Höfer kennenlernen sollte).

Auch interessant
Jahresinterview Grüne Liste: "Schriesheim hat keine Krise, wir haben Probleme"
Schriesheim: Bürgermeister Oeldorf wünscht sich 2023 "normale Probleme"
Schriesheim/Weinheim: Das Jahr begann im Weinberg oder vor der Kneipe

Aber Ebert fragte sie auch mehr nach ihrer Zeit an der Ladenburger Martinsschule, wo sie von 1988 bis zu ihrem Ruhestand Körperbehinderte unterrichtete. Besonders prägend war ein Erlebnis mit einem Erstklässler, dem sie aus dem Rollstuhl helfen wollte.

Der lehnte das ab: "Wenn ich Deine Hilfe brauche, sage ich Dir Bescheid. Sonst mache ich alles selbst." Das war ihr neu – und auch, dass die Schüler die Lehrer duzen –, denn sie hatte ja auch nie Körperbehindertenpädagogik studiert, aber nach und nach fand sie in ihren Job: "Die Kinder zeigen einem, was richtig ist. Da lernen Lehrer von Kindern."

Auch wenn selbst für Behinderte die Schulpflicht gilt: Viele haben danach keine Chance auf dem Arbeitsmarkt und entscheiden sich dann für Werkstätten. Umso größer war die Freude, als sie einen ihrer Ehemaligen im Schriesheimer Bauhof traf: "Es tut mir immer noch gut, wenn ich ihn in der Stadt sehe. Er ist der Einzige meiner Schüler, der heute ein normales Berufsleben hat."

Nun war Ibach-Höfer auch gut anderthalb Jahre die Patin der Mineure, also der Tunnelbauer – ein Ehrenamt, das sie ernst nahm: Sie brachte den Arbeitern zu ihrem Geburtstag einen kleinen Pralinengruß, lud sie auch auf dem Mathaisemarkt zum "Abend der Vereine" ein – und feierte sogar mal Weihnachten in deren Unterkunft. Und nicht zuletzt sorgten die Tunnelleute für jede Menge Steine in ihrem Garten.

> Friederike Meyenschein: Man kennt sie vom OWK und aus ihrer Zeit in der Kirchlichen Sozialstation – und Letzteres hat mit ihrem wechselhaften Berufsleben zu tun: Zunächst war Meyenschein Zahnarzthelferin, aber nach dem Tod ihres Schwiegervaters übernahm ihr Mann Richard dessen Fabrik für Fleischwerkzeuge in der Talstraße – und sie hatte die komplette Buchhaltung am Hals.

Für sie ein "Crashkurs", hatte doch ihre Ausbildung nur "in einem halben Tag bei einem Steuerberatungsbüro" bestanden. Als ihr Mann Richard 2007 starb, wurde sie mit Mitte fünfzig arbeitslos. Also machte sie eine Ausbildung zur Alltagsbetreuung von Demenzkranken und arbeitete noch gut zehn Jahre in diesem Beruf. Dabei half es ihr sehr, dass sie als "Ur-Schriesheimerin" mit den Senioren schnell ins Gespräch kam. Und noch heute arbeitet sie ehrenamtlich für die Sozialstation.

In den OWK-Vorstand kam sie im Jubiläumsjahr 1997, als Vize-Vorsitzende. Damals hatte ihr der 2002 verstorbene OWK-Ehrenvorsitzende Helmut Mai gesagt: "Da musst Du nichts machen." 2004 starb Vorsitzender Lothar Treibert plötzlich, und Meyenschein war Vorsitzende. Fast so ähnlich war es auch beim Kinderturnen: "Ich sollte als Aushilfe einspringen – und war dann 24 Jahre dabei."

> Jürgen Betzin: Da man im nüchternen Vereinsraum der Mehrzweckhalle fast vergisst, dass man in Schriesheim ist, hatte der Ehrenvorsitzende des GV Liederkranz ein selbst gebasteltes Modell von der Strahlenburg mitgebracht. Der Eberbacher lebt aber "erst" seit Anfang der achtziger Jahre hier. Beruflich hat er als Ingenieur für Nachrichtentechnik begonnen, bevor er Vermögensberater wurde.

Zum Liederkranz kam er über Umwege, denn eigentlich ist er Hobbymusiker: Er spielte sogar mit dem Orchester des Mannheimer Polizeifreiwilligendiensts beim Auftritt von Franz Josef Strauß am Mathaisemarkt – und zwar so lange den Bayerischen Defiliermarsch, bis sich der legendäre Bayer endlich setzte. Später fragte er mal, ob er in Schriesheim Musik machen könne, doch da hieß es: "Musik haben wir nicht, aber Gesangsvereine." Und so kam er zum Liederkranz, dann zum Kulturkreis: "Ich kam über die Vereine nach Schriesheim rein."

Betzin erzählte auch vom mühsamen Weg zum eigenen Vereinsheim: War lange der "Rose"-Saal das Liederkranz-Domizil, musste nach dem Ende der Gaststätte etwas Neues her. Die kühne Idee: Man teilt sich mit einem anderen Verein, der auch auf der Suche war, einen Ort.

Und so kam es dann auch. Kurz vor der Jahrtausendwende sicherten sich Awo und Liederkranz mithilfe der Stadt ein Grundstück in der Schmalen Seite, und seither gehört die ehemalige Scheuer den beiden Vereinen.

> Vivienne Becker: Die gebürtige Viernheimerin ist seit dem letzten Jahr die Assistentin des Bürgermeisters, also die Nachfolgerin von Margit Höhr. Eigentlich hatte sie Industriekauffrau gelernt, aber sie fühlte sich "in der Industriewelt nicht so richtig wohl". Also bewarb sie sich auf dem Rathaus – zumal sie mit ihrem Freund in Hirschberg wohnte –, und seither ist sie die "Schleuse" zum Bürgermeisterzimmer.

Im leider arg kurzen Gespräch mit Ebert plauderte sie nicht allzu viel aus dem Nähkästchen – außer dass sie für Oeldorf nicht die Reden schreibt ("das macht er schon selber"). Da ihr Hobby unter anderem Tanzen ist, rief Ebert in Richtung Meyenschein: "Friederike, Nachwuchs!"

> Barbara Schenk-Zitsch: Es muss wohl in den Genen liegen, dass die Zahnärztin 2009 eine Stiftung für Kinder und Jugendliche gründete: Schon ihr Vater Robert Schenk, ebenfalls Zahnarzt, half gern und oft in Notfällen.

Damals, und das wusste sie aus ihren 20 Jahren im Gemeinderat, fehlte gerade in den Kindergärten viel, und ständig mussten diese "betteln" gehen. Die Kindergärten sind nun besser ausgestattet, und deshalb gibt ihre Stiftung, in der nun die ganze Familie tätig ist, jetzt auch Geld für anderes aus – wie zum Beispiel für die Sonnenschirme im Schwimmbad.

Schade nur, dass die kommunalpolitische Zeit Schenk-Zitschs zu kurz kam: Sie berichtete, dass ihr die fünf Jahre als Bürgermeister-Stellvertreterin viel Spaß gemacht haben ("ich habe mich mit allen Fraktionen gut verstanden"). Auch die Kommunalpolitik lag in der Familie: Robert Schenk war ebenfalls Stadtrat, allerdings bei den Freien Wählern.

Und er erzählte seiner Tochter, wie sehr "die Grünen wieder den Peter Riehl geärgert haben". Interessant ihre Bemerkung: "Ich erkenne immer mehr Züge von meinem Vater an mir." Ob sich das auf die Lust auf die Politik bezog oder auf den Frust auf die Grüne Liste, mit der sie zuletzt über Kreuz lag?

Bitter ist sie darüber nicht geworden, denn seit 2019 ist sie ja Bürgerbeauftragte – und kann so "noch ein bisschen was machen". Dazu gehört vor allem ihr Lieblingsthema: die Barrierefreiheit.

Auch Bürgermeister Christoph Oeldorf ergriff nach den Interviews das Wort. Foto: Dorn

Zum Schluss der knapp zweistündigen "Schriesheimer Köpfe" dankte Bürgermeister Oeldorf den Organisatoren für die Veranstaltung und die "schönen Geschichten": "Dieses Format sollte beibehalten werden." Er erinnerte an das schwere letzte Jahr mit dem Ukrainekrieg – für ihn einer der Gründe, weswegen Partnerschaften so wichtig sind, gerade in einem geeinten Europa. Immerhin: In Uzès war er schon, wenn auch erst einmal inoffiziell.

Dieser Artikel wurde geschrieben von:
(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.