Unterwegs in einem Gang voller Legenden
Immer sonntags gibt es Führungen auf der Burg Dilsberg

Mit diesem Brunnen wurden früher die knappen Wasservorräte auf dem Berg aufgefüllt. Fotos: Katzenberger-Ruf
Von Karin Katzenberger-Ruf
Neckargemünd-Dilsberg. Das Weiße, das da von der mit Moos bewachsenen Decke hängt, dürfte wohl der Kokon einer Spinne sein. Am Nachmittag ist die Gruppe am Ziel der einstündigen Führung angelangt: im Brunnenstollen unter der Burg in der Feste Dilsberg.
Rund 80 Meter geht es in geduckter Haltung in den Stollen hinein, der zum Teil nur 1,40 Meter hoch ist. Nur ein kleiner Junge freut sich: "Ich pass’ da noch durch." Gästeführerin Petra Kohl hat schon am Eingang erzählt, dass der unterirdische Gang vermutlich Mitte des 17. Jahrhunderts von Hand in den Buntsandstein gehauen wurde und als Belüftungsschacht gedient haben dürfte. Dieser wurde gebraucht, um tief unter der Erde nach Wasser graben zu können. Nach Kohls Schilderung galt die Burg der Grafen von Lauffen, im Jahr 1208 erstmals urkundlich erwähnt, wegen ihrer Lage zwar Jahrhunderte lang als "uneinnehmbar". Jedoch herrschte hoch auf dem Berg chronischer Wassermangel. Weshalb das kostbare Nass in Zisternen aufgefangen wurde.

Treffpunkt für die sonntäglichen Führungen durch Feste und Brunnenstollen ist der Innenhof der Burg. Fotos: Katzenberger-Ruf
Um den "Geheimgang" unter der Feste ranken sich viele Legenden. Führte er vielleicht zu den anderen Burgen im Neckartal? Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain, der das Neckartal und auch den Dilsberg besucht hat, schreibt davon in seinem Buch "A Tramp Abroad", das in der deutschen Fassung den Titel "Bummel durch Europa" trägt. Die Lektüre soll wiederum die Neugier des Deutsch-Amerikaners Fritz von Briesen geweckt haben. Er veranlasste, dass der verschüttete Zugang zum Stollen im Jahr 1926 freigelegt wurde. Weil er die Maßnahme auch finanziert hat, ist auf dem Dilsberg eine Straße nach ihm benannt.
Die Temperatur im Brunnenstollen liegt bei konstant zwölf Grad. An heißen Sommertagen kann oben auf der Schildmauer das Dreifache dieser Temperatur herrschen. Am Ende des Stollens beeindruckt übrigens auch der Blick nach oben zum fast 50 Meter entfernten Brunnenrand.
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Mit dem Aufstieg durch den Turm und dem Gang über die Brücke beginnt die Führung. Was gäbe es angesichts der grandiosen Aussicht in alle Himmelsrichtungen nicht alles zu erzählen?! "Da setzt jeder andere Schwerpunkte, das hängt auch immer von der Gruppe ab", erklärt Petra Kohl von der Touristik-Information, die an diesem Tag an der Reihe ist. Insgesamt wechseln sich im Laufe der Saison zwölf Gästeführer ab. Was es mit der "Rose vom Dilsberg" auf sich hat, lässt aber wohl keiner von ihnen aus: Das adlige Fräulein soll sich aus Liebeskummer von der Schildmauer gestürzt haben.

Diese Figur wurde vermutlich nachträglich im Zuge der Renovierung der Burg angebracht. Fotos: Katzenberger-Ruf
Obwohl die Burgfeste nie von feindlichen Truppen zerstört wurde, war sie Ende des 19. Jahrhunderts dem Verfall nahe und als "Steinbruch" freigegeben. "Es gibt wohl kein Haus aus jener Zeit, in dem nicht ein paar Steine von der Burg verbaut sind", vermutet Petra Kohl. Als Feste hatte das Anwesen schon mit dem Ende der Kurpfalz ausgedient, wurde ab 1803 aber noch als badisches Staatsgefängnis genutzt.
Info: Von Anfang April bis Ende Oktober sind die Burg und der Burghof täglich, außer montags, von 10 bis 17.30 Uhr geöffnet. Die regelmäßige "Sonntagsführung" ab 15 Uhr ist ein offenes Angebot, unabhängig von der Teilnehmerzahl. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Der Gang in den Brunnenstollen ist nur möglich, solange die Fledermäuse noch keinen Winterschlaf halten. Neugierige sollten sich also beeilen. Wer den Brunnenstollen auf eigene Faust erkunden will, bekommt den Schlüssel dafür an der Kasse gegen Kaution ausgehändigt. Individuelle Führungen sind bei der Tourist-Information unter Telefon 0 62 23 / 35 53 oder per E-Mail an info@tourismus-neckargemuend.de buchbar.