Lob für die Förster, Kritik an Bürokratie
Waldbewirtschaftungsplan in Mühlhausens Rat - Landwirtschaftsminister Hauk am Freitag vor Ort

Im Mühlhausener Wald sind teilweise ganze Buchenbestände abgestorben. Eine unmittelbare Folge des Dürrejahres 2018. Gerade die Buchen sind gegen Wasserstress sehr empfindlich, viel empfindlicher beispielsweise als die robustere Eiche mit ihrer Pfahlwurzel. Künftig wollen die Forstleute deshalb verstärkt auch die Eiche setzen. Foto: Kloé
Mühlhausen. (seb) Zum "Flickenteppich" werden die Reviere im Zug der Forst-Neuorganisation, das machten Forstbezirksleiter Philipp Schweigler und Mühlhausens Revierförster Bernd Niederer in der jüngsten Gemeinderatssitzung deutlich. Ein Kartellverfahren und das neue Bundeswaldgesetz machen die Trennung von staatlichen und kommunalen Wäldern notwendig, dadurch sinkt die Waldfläche, für die ein Förster bisher zuständig ist, "um ein Viertel", so Schweigler. Vom Neuzuschnitt, durch den "neue Reviere gleichen Arbeitsaufwands" geschaffen werden sollen, ist auch Mühlhausen betroffen.
Waldpflege und Holzverkauf müssen künftig in getrennte Zuständigkeiten fallen, dafür hat der Rhein-Neckar-Kreis eine separate Abteilung geschaffen. Die Kosten für den Revierdienst erhöhen sich für Mühlhausen (von durchschnittlich 11.000 in den vergangenen Jahren auf 17.000 Euro), nachdem die bisherige, entgegenkommende Berechnungsweise des Forsts als "indirekte Subvention" verboten wurde. Die Kostensteigerung wird aber abgemildert, da das Land eine direkte Förderung von 5500 Euro zusagt.
Für 2020 weist der Waldbewirtschaftungsplan ein Defizit von 9000 Euro auf: Einnahmen von 82.500 Euro stehen Ausgaben von 91.500 Euro gegenüber. Dabei schlagen vor allem die gestiegenen Verwaltungskosten (24.700) und der Aufwand für die Holzernte (38.500) zu Buche, der Ertrag aus dem Holzverkauf ist mit 75.000 Euro veranschlagt.
Der Rat beschloss einhellig, weiter mit dem Kreis zusammenzuarbeiten und den Gemeindewald in den bewährten Händen zu belassen: Bernd Niederer wurde für seine Kompetenz und sein Engagement einhellig gelobt. Der Staatswald auf Mühlhausener Gemarkung fällt fortan in die Verantwortung einer Anstalt öffentlichen Rechts von Forst BW mit Sitz in Eppingen, wie Schweigler erklärte.
Diese Aufsplitterung der Zuständigkeiten stieß auf Kritik aus dem Rat. "Wir haben ganz andere Probleme mit unserem Wald", so Hans Becker (CDU), die Forstneuorganisation "kommt zur Unzeit", sei "eine Katastrophe", da man angesichts von Schäden durch Trockenheits- und Hitzeextreme eigentlich "eine einheitliche Betreuung" des Walds bräuchte. Dr. Bernhard Drabant (Grüne) lobte die bisherige Waldpflege und -nutzung als "vorbildlich". Er beantragte, sieben bis zehn Prozent des Gemeindewalds dauerhaft aus der Nutzung zu nehmen und ganz der Natur zu überlassen, entsprechend der "Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt" des Bunds, vor zwölf Jahren bereits ins Leben gerufen.
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Da gab es aber einigen Diskussionsbedarf, Bernd Niederer zum Beispiel verwies auf die Bekämpfung von invasiven Pflanzenarten wie dem Riesenbärenklau, der sich intensiv die Ehrenamtlichen des hiesigen Natur- und Umweltschutzvereins widmen. Schweigler ergänzte, dass die Eiche, die aktuell am ehesten mit dem Hitze- und Trockenstress zurechtkomme und die im Mühlhausener Wald stark vertreten sei, als Jungpflanze die Unterstützung des Menschen benötige: Sonst unterliege sie der Buche, die sie verdränge, selbst aber später wegen der Trockenheit eingehe.
Zuerst, so Stephanie Kretz (CDU), müsse man wissen, wie viel Wald ohnehin schon nicht genutzt werden, viele Flächen auf der Gemarkung stünden ja unter Naturschutz. Rüdiger Egenlauf (CDU) pflichtete dem bei, in Tairnbach seien bereits Waldflächen aus der Nutzung genommen worden, die sich "zum Urwald zurück" entwickelten. Die Renaturierung der Rettigheimer Tongrube komme noch hinzu.
Auf Reimund Metzgers (Freie Wähler) Frage bestätigte Schweigler, dass man in einem ungenutzten Waldstück, einem Bannwald etwa, in der Regel auch nicht gegen massiven Schädlingsbefall vorgehe. Vorzugsweise wähle man einen starken, gesunden Mischwald, der sich gegen Schädlinge und invasive Pflanzenarten durchsetzen könne und mit Trockenheit zurechtkomme. Als Martina Krause (Freie Wähler) nachhakte, schränkte Niederer ein, dass im Fall des giftigen, Allergien auslösenden Riesenbärenklaus der Schutz der Menschen Vorrang habe.
Bürgermeister Jens Spanberger ergänzte, dass die Verwaltung gedenke, an der Aktion "1000 Bäume für 1000 Kommunen" des Gemeindetags Baden-Württemberg teilzunehmen, als die bereits geplante Aufforstung ergänzendes Projekt.
Bernd Niederer war kurz auf die Schäden im Wald eingegangen und auf mögliche Pflege- und Aufforstungsmaßnahmen. All das wird auch am kommenden Freitag, 6. Dezember, thematisiert, wenn Minister Peter Hauk in Mühlhausen zu Gast ist. Auf Einladung der CDU-Ortsverbände Mühlhausen und Östringen widmet man sich gemeinsam mit Fachleuten einem "Notfallplan Wald". Treffpunkt ist um 13 Uhr am Waldparkstadion Mühlhausen.