Mühlhausen

Ist die Abfrage nach dem Ipad-Bedarf soziale Benachteiligung?

Gemeinderatsmitglieder sollen die Geräte zur Verfügung gestellt bekommen. Kritik von Seiten der SPD.

03.12.2021 UPDATE: 04.12.2021 06:00 Uhr 1 Minute, 58 Sekunden
Rathaus Mühlhausen

Der Mühlhausener Haushalt verzeichnet ein geringeres Minus als letztes Jahr - trotzdem plant die Gemeinde mit einem Minus von etwa 420.000 Euro. Foto: Reinhard Lask

Von Sophia Stoye

Mühlhausen. Es ist in Zeiten der Digitalisierung eigentlich ein Routinebeschluss, der in Mühlhausens Gemeinderat aber eine Diskussion über soziale Benachteiligung zutage brachte. Die Verwaltung hatte dem Gremium empfohlen, der Beschaffung von maximal 32 Ipads für alle Mitglieder des Gemeinderats und der Ortschaftsräte für die digitale Rats­arbeit zuzustimmen. Da dafür auch die eigenen Geräte benutzt werden können, hatte die Verwaltung die einzelnen Gremiumsmitglieder abgefragt, ob diese überhaupt ein Ipad zur Verfügung gestellt haben möchten – und genau darin entzündete sich Kritik.

Mit den Endgeräten der Marke "Apple" sollen künftig Einladungen zu Sitzungen und die entsprechenden Unterlagen, die auch mal mehrere hundert Seiten umfassen, digital abgerufen und bearbeitet werden können. Dafür muss eine bestimmte App installiert werden, die den Zugriff auf die Dokumente ermöglicht.

"Es gibt erst eine Übergangszeit, in der sich die Ratsmitglieder noch entscheiden können, ob sie die Unterlagen digital oder elektronisch haben wollen", erklärte Bürgermeister Jens Spanberger. Diese gehe noch bis zur nächsten Gemeinderatswahl 2024. Spanberger appellierte an die Gremiumsmitglieder, die digitale Variante zu nutzen, da das sowohl Zeit als auch Papier spare.

Der Gemeinderat entschied sich bei einer Gegenstimme für die günstigere Version der Ipads: Für 32 Stück würden Kosten in Höhe von über 17.000 Euro fällig werden. Im diesjährigen Haushalt wurden dafür 40.000 Euro eingestellt, der Betrag steht noch in voller Höhe zur Verfügung. Außerdem kommen laut Bürgermeister Spanberger auch Kosten für die Wartung und Betriebssysteme hinzu. "Die Geräte sind ausgeliehen, sie wären nicht im Besitz der Gemeinde", betonte Spanberger.

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Um die notwendige Datensicherheit zu gewährleisten, müssten die Geräte in das Mobile Device Management (MDM) der Gemeinde eingebunden werden. Grünen-Rat Bernhard Drabant machte allerdings deutlich, dass er nur ein Gerät ohne MDM akzeptieren würde: "Ich habe keine Lust, dass die Gemeinde die Kontrolle über meinen Rechner hat."

Dominique Odar (SPD) stellte in Frage, ob es legitim sei, von den ehrenamtlich tätigen Ratsmitgliedern zu erwarten, dass sie ihr eigenes Endgerät zur Verfügung stellten. Auf Spanbergers Ratlosigkeit, der ihre Kritik nicht verstand, führte Odar aus: "Es kann nicht vorausgesetzt werden, dass jeder ein Ipad hat." Es könne dann aber auch nicht vorausgesetzt werden, dass jeder, der sich ein solches Endgerät nicht leisten könne, dies gegenüber der Gemeinde auch angeben möchte. "Das ist soziale Benachteiligung", meinte die SPD-Rätin, die gegen den Beschlussvorschlag stimmte: Entweder alle sollten eines bekommen oder keiner.

Bürgermeister Spanberger betonte, dass das ja eine freiwillige Angabe sei und auch CDU-Rätin Stephanie Kretz schaltete sich in die Diskussion ein: "Mit der Abfrage des Möchtens und nicht des Brauchens entsteht keine soziale Benachteiligung", sagte sie. Jedem und jeder sei freigestellt, ein Leihgerät in Anspruch zu nehmen – unabhängig vom persönlichen Bedarf.

Fraktionskollege Holger Meid erklärte, dass er "sein" Ipad, das er für die Ratsarbeit bekäme, gerne der Kraichgauschule zur Verfügung stellen würde. Die Idee fand auch bei anderen Ratsmitgliedern Anklang. Bürgermeister Spanberger bestätigte, dass dies grundsätzlich möglich sei. Die Ratsmitglieder wollen nun in einer nächsten Sitzung darüber beraten.

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