Kriminalitätsstatistik 2019

Wo das Polizeirevier Wiesloch gerne besser wäre

Höchststand bei der Aufklärungsquote - Einbrüche gehen zurück

12.05.2020 UPDATE: 13.05.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 28 Sekunden

Von Sebastian Lerche

Wiesloch. Durchaus zufrieden zeigen sich Wieslochs Polizeirevierleiter Peter Albrecht und Jürgen Engelhardt, zuständig für die Kriminalitätsprävention, mit der Kriminalitätsstatistik von 2019. Das Revier, zuständig für Wiesloch, Walldorf, Dielheim, Malsch, Mühlhausen, Rauenberg, St. Leon-Rot, Leimen, Nußloch und Sandhausen, hat im letzten Jahr 5436 Straftaten registriert, rund zwei Prozent mehr als im Vorjahr, aber unter dem zehnjährigen Mittelwert.

Als "ziemlich gut" bewertet Albrecht die Aufklärungsquote: Sie konnte auf 60 Prozent gesteigert werden, liegt damit nur leicht unterm Landesschnitt und über dem des Kreises. Für das Wieslocher Revier ist das "ein zehnjähriger Höchststand", so Engelhardt. Diesen Erfolg kann sich die Polizei nicht gänzlich selbst zuschreiben, gibt Albrecht zu bedenken, außerdem gebe es Bereiche, "da wären wir gerne besser". Als Beispiel nennt er die Drogendelikte, die fast immer auch mit anderen Fällen, gerade Gewalt, zu tun hätten, Einbrüche, Verkehrsunfälle und Betrügereien (mit 1119 Fällen 2019 ein vergleichsweise hoher Wert).

Thomas Fänderich, Peter Albrecht und Jürgen Engelhardt (v.l.) vom Polizeirevier Wiesloch. Foto: Helmut Pfeifer

Kinder und Jugendliche machen etwas über 20 Prozent, also 559 der 2746 Tatverdächtigen aus. "Nicht Besorgnis erregend", so Albrecht, aber in der Präventionsarbeit mit Jugendlichen will man weiter aktiv bleiben. Hier lobt er auch die Jugendarbeit der Kommunen und der Vereine, "die mobile Jugendarbeit zahlt sich mehr als gut aus".

Die schlimmsten Vorfälle waren sechs als Tötungsdelikte registrierte Taten. Darunter waren vier Fälle im Psychiatrischen Zentrum: ein Suizid (die Ermittler schlossen Fremdverschulden aus), und drei Angriffe von Patienten auf andere Menschen, die glücklicherweise nur leichte Verletzungen erlitten. Die Gefahr solcher "Kurzschlusshandlungen" wegen psychischer Erkrankungen sei am PZN unvermeidlich, so Albrecht, man stehe "in mehr als engem Verbund" mit den Verantwortlichen, zudem zeigten drei Sachbearbeiter des Reviers dort Präsenz.

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Zwei weitere Fälle geschahen in Leimen: Ein Mann hatte den Mord an einer Geschäftspartnerin in Auftrag gegeben, die Polizei konnte die Tat aber verhindern, und bei einem Überfall auf ein Ehepaar in der eigenen Wohnung wurde die Frau schwer verletzt.

Bei Sexualstraftaten wurde ein zumindest prozentual großer Anstieg festgestellt, um fast 51 Prozent auf 122 Taten. Leider waren darunter auch 17 Fälle des sexuellen Missbrauchs, fünf der Vergewaltigung beziehungsweise sexuellen Nötigung sowie 23 der sexuellen Belästigung. Ein Teil des Anstiegs liegt aber auch an der Gesetzesänderung 2017, vor der manche der angezeigten Taten nur als "Beleidigung" galten, und an der gestiegenen Sensibilität der Menschen, Stichwort "MeToo"-Bewegung. Die Aufklärungsquote konnte bei Sexualstraftaten auf über 84 Prozent gesteigert werden.

Gute Nachrichten gibt es bei zwei Deliktbereichen, die der Polizei in der Vergangenheit schwer zu schaffen machten: Wohnungseinbrüche sind um 22 Prozent auf 66 Fälle zurückgegangen, Autoaufbrüche immerhin um vier Prozent auf 96 Fälle. Durch das entschlossene, konzentrierte Vorgehen der Polizei, unter anderem mit spezialisierten Ermittlungsgruppen, konnte die Zahl dieser Straftaten in den letzten Jahren kontinuierlich gesenkt werden. Da wolle man aber noch mehr erreichen, so Albrecht.

Hintergrund

> Die Verhinderung von Straftaten ist eines der wichtigsten Anliegen der Polizei. Wieslochs Revierleiter Peter Albrecht und Jürgen Engelhardt, der sich auf die Kriminalitätsprävention spezialisiert hat, verweisen unter anderem auf das von Bund und Ländern aufgelegte

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> Die Verhinderung von Straftaten ist eines der wichtigsten Anliegen der Polizei. Wieslochs Revierleiter Peter Albrecht und Jürgen Engelhardt, der sich auf die Kriminalitätsprävention spezialisiert hat, verweisen unter anderem auf das von Bund und Ländern aufgelegte Beratungsprogramm (im Internet unter www.polizei-beratung.de zu finden).

Mit Blick auf den Anstieg bei Fahrraddiebstählen, sicher nicht das drängendste Deliktfeld, aber ärgerlich für die Betroffenen, wird auf relativ einfache Schutzmaßnahmen hingewiesen: Gute Schlösser aus gehärtetem Stahl beispielsweise, damit wäre ein Großteil der Taten zu verhindern gewesen. Auch gibt es eine kostenlose App (leider aus rechtlichen Gründen keine polizeiliche Fahrradcodierung mehr), durch die das Rad als das eigene registriert werden kann.

Zur Verhinderung von Körperverletzung und insbesondere sexualisierter Gewalt gibt es auf der Beratungs-Webseite Telefonnummern und Links für potenzielle Opfer, Erwachsene wie Kinder und Jugendliche, aber auch für eventuelle Täter. Die Polizei bietet Antiaggressionstrainings, das Aktionsprogramm "Herausforderung Gewalt" für Schüler sowie Selbstverteidigungskurse an. Wichtig ist dabei auch die Suchtprävention, insbesondere bezüglich Alkohol als "Beschleuniger" bei Gewaltdelikten.

Gegen Wohnungseinbrüche, deren Zahl erfreulicherweise in den letzten Jahren zurückgegangen ist, hat die Polizei Tipps auf einer eigenen Webseite, www.k-einbruch.de, zusammengestellt. Allen voran stehen mechanische Sicherungen von Fenstern und Türen, eine Nachbarschaft, die zusammenhält, ist aber ebenfalls wichtig.

Betrügereien bilden ebenfalls einen Deliktschwerpunkt in der Region, unter Stichworten wie "Hurra, Sie haben gewonnen", "Falsche Polizeibeamte" oder "Enkeltrick" gibt es diverse Ratschläge, die vor allem gesundes Misstrauen und relativ schnelles Nachprüfen von Behauptungen und Versprechen zum Inhalt haben. (seb)

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Fahrraddiebstähle sind um fast 15 Prozent auf 353 Fälle gestiegen, viele wären zu verhindern gewesen durch bessere Schlösser, so Engelhardt. Elektro-Räder zu stehlen und auszuschlachten ist offenbar lukrativ. Eigene Polizeistreifen sind unterwegs, um Schwimmbäder, Bahnhöfe und andere Plätze, wo viele Räder abgestellt werden, zu kontrollieren.

Körperverletzungsdelikte lagen minimal über dem Vorjahresniveau bei 580 Fällen, sie bilden einen Schwerpunkt der Polizeiarbeit, gerade auch bei der Prävention. Angestiegen sind auch die Angriffe auf Polizeibeamte: auf 36 Fälle. Ein bedenklicher Wert, so Albrecht, "das nehmen wir nicht mehr als Berufsrisiko hin, sondern bringen es konsequent zur Anzeige". Man setze auch auf die mitgeführten Kameras ("Bodycams"). Zu generell weniger Respekt gegenüber Polizisten stößt aktuell überdies der Stress der Coronakrise.

Der äußert sich nach jetzigem Stand übrigens nicht in zunehmender häuslicher Gewalt, die Zahlen bewegen sich – zumindest noch – auf 2019er Niveau: Mit 102 Fällen wurde der niedrigste Stand der vergangenen zehn Jahre festgestellt.

Albrecht und Engelhardt treibt auch die Sorge um, dass man "an die Grenze er Belastbarkeit" gelangt. Doch einen Hoffnungsschimmer gibt es, da das Einstellungsprogramm des Landes erste Früchte trägt, sodass man wieder mehr Handlungsspielraum gewinnt.

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