Die unechte Teilortswahl wird in der Region wohl bleiben
Nach dem Gerichtsurteil zur ungültigen Gemeinderatswahl in Tauberbischofsheim will Neckargemünd bei der unechten Teilortswahl bleiben.

Das Rathaus in Neckargemünd. Archiv-Foto: Reinhard Lask
Region Heidelberg. (cm) Es war ein Aufsehen erregendes Urteil: Ende Juli hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim die Gemeinderatswahl in Tauberbischofsheim aus dem Jahr 2019 für ungültig erklärt. Das Gericht gab einer Einwohnerin der Stadt im Main-Tauber-Kreis recht, die Einspruch erhoben hatte. Was zu Fragen führt: Steht die sogenannte unechte Teilortswahl vor dem Aus? Und droht zum Beispiel in Neckargemünd, wo das Wahlsystem auch angewendet wird, eine Neuwahl?
Konkret ging es in dem Tauberbischofsheimer Fall darum, dass die Klägerin die Wahl in Teilen als verfassungswidrig ansah. Denn jeder der sechs Ortsteile der Kommune habe eben durch die unechte Teilortswahl jeweils einen garantierten Sitz im Gemeinderat – unabhängig von der jeweiligen Einwohnerzahl. Damit sei die Stimme eines Bürgers aus einem kleinen Ortsteil mehr wert als die eines Wählers aus einem größeren Ortsteil. Auch der VGH sah das so. Die Sitzverteilung müsse im Regelfall nämlich so sein, dass Stadtteile gemessen am Anteil der Bevölkerung im Gemeinderat repräsentiert würden.
In Neckargemünd sieht die Stadt nach dem Urteil keinen Handlungsbedarf: "Wir bleiben bei der Beibehaltung der unechten Teilortswahl und sehen diese als konform an", betont Stadtsprecherin Petra Polte auf RNZ-Anfrage. In der Stadt am Neckar gibt es – anders als in Tauberbischofsheim – sehr wohl eine Gewichtung nach der Größe der Ortsteile. Der Kernstadt sind 14 Sitze garantiert, dem Stadtteil Dilsberg vier Sitze sowie Mückenloch und Waldhilsbach jeweils zwei Sitze. In Meckesheim beträgt das Verhältnis zwischen Hauptort und dem Ortsteil Mönchzell elf zu drei Sitze.
"Eine Abschaffung der unechten Teilortswahl würde mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass vor allem die beiden kleinsten Ortsteile Mückenloch und Waldhilsbach nicht mehr im Gemeinderat repräsentiert wären", erklärt Neckargemünds Stadtsprecherin. Dies würde sowohl der Eingemeindungsvereinbarung und dem Stadtleitbild zuwiderlaufen als auch von den Bewohnern der Ortsteile als ungerecht empfunden. Ein Kandidat aus einem Ortsteil hätte es, da er in der Regel weniger bekannt bei der Mehrzahl der Wähler sei, viel schwerer, in den Gemeinderat einzuziehen – wenn es nicht sogar ganz unmöglich wäre.
"Daher ist in Neckargemünd die Abkehr von der unechten Teilortswahl kein wirkliches Thema", so Polte. Aber: "Klar festzustellen ist, dass das Wahlverfahren bei der unechten Teilortswahl deutlich komplizierter ist, als wenn es sie nicht gäbe – daher gibt es in vielen Kommunen auch immer mal wieder Bestrebungen, diese aufzugeben." Aber bei einer Struktur wie jener Neckargemünds wäre das "für uns Stand jetzt kein gangbarer Weg".
Auch interessant
Der Wunsch nach größtmöglichem Erhalt von Eigenständigkeit sei in den Eingemeindungsvereinbarungen verankert – ebenso wie die unechte Teilortswahl. "Bereits beim Zusammenschluss in der ersten Hälfte der 70er-Jahre wurde es als zentral angesehen, den Ortsteilen eine angemessene Repräsentation im Hauptentscheidungsorgan der Stadt zu garantieren, entsprechend der jeweiligen Einwohnerzahl, damit die Interessen der Ortschaften im Gemeinderat angemessen vertreten werden können", so Polte. "Auch heute, nach 40 Jahren des Zusammenwachsens, prägt diese Sichtweise die kommunalpolitische Realität und macht den Charakter unserer Stadt aus."