Kulturgemeinde Weinheim kämpft weiter mit sinkenden Abozahlen
Schlecht besuchte Sondervorstellungen rissen Loch ins Budget - Doch zuletzt gab’s Lichtblicke

Vorsitzende Angelika Keßler-Hauß (2.v.r.) und Geschäftsführer Martin Grieb (r.) zogen auf der Mitgliederversammlung der Kulturgemeinde eine durchwachsene Bilanz. Foto: Kreutzer
Weinheim. (keke) Finanziell gesehen bewegt sich das Schiff der Kulturgemeinde (KGW) Weinheim derzeit in einem klippenreichen Fahrwasser. "Aber wir halten Kurs", wie "Kapitänin" Angelika Keßler-Hauß und "Steuermann" Martin Grieb im Verlauf auf der jüngsten Versammlung der 202 Mitglieder zählenden KGW unisono feststellten: "Spiel- und Geschäftsbetrieb laufen reibungslos", betonten die Vorsitzende und der Geschäftsführer.
Die steife Brise ist trotz einer Fülle niveau- und qualitätsvoller Stücke vor allem dem Rückgang der Abonnentenzahlen geschuldet. Hatte man bereits in der Spielzeit 2016/17 auf 83 treue Theaterfreunde verzichten müssen, so blieben in der zurückliegenden Saison weitere 56 Abo-Stühle unbesetzt. Macht unterm Strich 139 Abos weniger - in zwei Jahren.
Zurückzuführen sind die Verluste auf das steigende Durchschnittsalter der bisherigen treuen Theaterfreunde. Jüngere Theaterbesucher binden sich nicht über ein Jahr hinweg an feste Termine, wollen über den Zeitpunkt ihres Theaterbesuchs frei entscheiden. Eine Tendenz, die sich auch auf anderen Tourneetheaterbühnen wiederfindet. "Die uns aber trotzdem nicht glücklich macht", so Keßler-Hauß.
"Vor allem die klassischen Theaterstücke sind immer weniger populär. Die Menschen suchen am Abend leichte Unterhaltung und Entspannung", haben Weinheims Theatermacher festgestellt. Mit dem Rückgang der Besucherzahlen sinken die Auslastung der Spielstätte und die Einnahmen. Ein Riesenloch ins Budget gerissen hat darüber hinaus ein Einbruch bei den Sondervorstellungen. Während sich 2016/17 bei 700 vorhandenen Plätzen lediglich 370 Besucher für "Madame Butterfly" interessierten, kamen im Vorjahr zum Weihnachts-Musical "Der kleine Lord" sogar nur 174 Besucher. "Das hat uns die Spielzeit komplett verhagelt", nahm Grieb kein Blatt vor den Mund. Ein ganz anderes und weitaus erfreulicheres Bild ergab sich vor zwei Tagen, als zur Geschichte des hölzernen Lügenbolds "Pinocchio" zu zwei Vorstellungen insgesamt mehr als 1300 Besucher kamen.
Zwischen 5000 und 15.000 Euro - abhängig von der Besetzung der Schauspielrollen und der Größe des Ensembles - bewegen sich die Kosten für den Kauf einer Gastspiel-Produktion, gewährte Geschäftsführer Grieb einen "Blick hinter die Kulissen". Auch hier seien die Preise in den zurückliegenden Jahren permanent angestiegen: "Jedes unserer Programme ist auf Kante genäht."
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Dem entgegenwirken soll ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Wozu attraktive Wahl- und Schnupper-Abos ebenso zählen wie die Zusammenarbeit mit anderen Bühnen, ein "Theater-Ticker" im Internet und die erfreulich stark in Anspruch genommenen Stückeeinführungen vor Vorstellungsbeginn. Daran zeigten sich mehr als 300 Besucher interessiert. Ebenfalls unter "erfreulich" notiert: Kooperationen mit Hector-Stiftung, Caritas und Diakonie, die die Eintritte für sozial schwächer gestellte Menschen im Senioren- und Kinderbereich übernehmen. Allein in der vergangenen Spielzeit wurden 62 kostenlose Seniorenausweise ausgestellt.
Als ein - inzwischen verdauter - "Schock" erwies sich die Kündigung des Stadthallen-Caterer-Vertrags durch den seitherigen Betreiber Rolf Pflästerer. Mit dem Film- und Theaterverein Holzwurm wurde ein Partner gefunden, der kurzfristig in die Bresche sprang und auch die Kosten pro Vorstellung für die Theke und die Stehtische stemmt. Was bei 24 Vorstellungen pro Jahr immerhin eine Summe von 4800 Euro ausmacht.
In der Kassen-Bilanz schloss die Spielzeit 2016/17 mit einem Minus von knapp 27.000 Euro, die Saison 2017/18 endete mit einem Verlust von 23.000 Euro. Die turnusgemäß durchgeführten Vorstandswahlen bestätigten die bisherigen Amtsinhaber Angelika Hauß-Keßler (Erste Vorsitzende), Christa Ohligmacher (Zweite Vorsitzende), Sascha Pröhl und Andreas Euler (Schriftführer) sowie Gerlinde Pfisterer, Stella Kirgiane-Efremidou und Günter Bäro als Theater-Beiräte. Kassenrevisoren sind Richard Stamm und Hermann Müller.
"Aufwind" verspürt der von Susanne Müller geführte Kammermusikverein, der 2017 seinen 100. Geburtstag feierte. Einen "Rekord" mit mehr als 200 Besuchern verzeichnete das Jubiläumskonzert. Zudem scheint der Abonnentenschwund hier gestoppt zu sein. Neue Abonnenten sind hinzugekommen, "und an der Abendkasse stellen sich auch jüngere Besucher an".