Ausschuss ist über das Baurechtsamt verärgert
Nach Sitzungsunterbrechung versagte der Ausschuss erneut sein Einvernehmen und erteilte der Verwaltung Aufträge.

Von Annette Steininger
Hirschberg-Großsachsen. Die erste Sitzung des Ausschusses für Technik und Umwelt (ATU) im neuen Jahr startete spektakulär. Und die Verwaltung ist um zwei Aufträge reicher: Sie darf nun eine Veränderungssperre und ein Bebauungsplanverfahren erarbeiten, über beides wird der Gemeinderat noch entscheiden. Vorausgegangen war am Dienstag ein gemeinsamer Antrag aller Fraktionen, den Werner Volk (FW) vortrug und der in einer eigens anberaumten Sitzungsunterbrechung schnell ausgehandelt wurde.
Der Grund: Die Deutsche Plakat-Werbung hatte einen Bauantrag für eine beleuchtete Werbeanlage auf der Nordseite des Gebäudes in der Landstraße 21 in Großsachsen gestellt – mit einem knallblauen Rahmen und einer Höhe von 2,87 Metern und einer Breite von 3,89 Metern. Und eigentlich hatte der ATU mehrheitlich schon im September deutlich gemacht, dass er findet, diese würde sich nicht ins Ortsbild einfügen und sein Einvernehmen nicht erteilt.
Doch das Baurechtsamt widersprach dieser Einschätzung und gab dem Ausschuss die Möglichkeit, den Antrag erneut zu behandeln. Bereits im September hatte die Verwaltung empfohlen, dem Antrag zuzustimmen und machte dies erneut. "Man kann zu der Einschätzung kommen, dass es sich nicht ins Ortsbild einfügt", fand Bürgermeister Ralf Gänshirt. "Rechtlich sieht es aber anders aus. Daher müssen wir als Verwaltung empfehlen, das Einvernehmen zu erteilen." Ein kleiner Film, den die Verwaltung am Morgen gedreht hatte, zeigte eindrucksvoll die bereits vielen hängenden Plakate entlang der Landstraße, beginnend von der Kreuzung mit der Hohensachsener Straße bis zur Breitgasse.
Zunächst sah es so aus, als würde der ATU der Verwaltungsempfehlung auch folgen. "Der Kreis hat uns schon eine Ohrfeige gegeben, jetzt müssen wir uns keine zweite holen", meinte etwa Christian Würz (CDU). Er wollte von der Verwaltung wissen, ob Gespräche mit dem Bund der Selbstständigen (BDS) stattgefunden hätten, wie sich die hiesigen Gewerbebetriebe werbewirksam präsentieren könnten und ob es hierfür Möglichkeiten gebe. Die gebe es durchaus, meinte Gänshirt und verwies auch auf Plakate beziehungsweise Schilder hiesiger Betriebe entlang der Landstraße.
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Bernd Kopp signalisierte sodann für die Freien Wähler, dass sie dem Antrag "wohl oder übel" zustimmen würden, auch wenn ihnen nicht ganz klar sei, warum er nun ein zweites Mal behandelt würde. "An unserer Meinung hat sich nichts geändert." Aus Sicht der Freien Wähler würde eine solche Werbetafel die bisherigen Bemühungen um eine Verschönerung der Gemeinde konterkarieren. So erinnerte er an die Blumenpflanzungen an den Ortseingängen, die Tafeln für die Ortsrundgänge, die Gestaltungssatzung, aber auch den Lärmaktionsplan, "damit es hier lebenswerter und leiser wird". Recht gab er dem Baurechtsamt in der Einschätzung, dass es durch die Werbeanlage nicht schlimmer wird, als es jetzt schon ist. So hat Kopp entlang der Landstraße allein zwischen dem Fahrzeughaus Eichler und der Breitgasse 18 Plakate gezählt. "Das ist alle 25 Meter eine Werbebotschaft – und das in einer veranstaltungsarmen Zeit", betonte Kopp. "Es braucht keine zusätzliche Werbetafel." Vor allem keine dauerhafte mit einer Größe von insgesamt neun Plakaten.
Gänshirt erläuterte kurz, dass man die Entscheidung nicht erneut an den ATU hätte weitergeben müssen und fand es aber "eine faire Sache", dass der Ausschuss erneut darüber beraten könne.
Langsam begann sich dieser warmzureden, die Stellungnahmen wurden noch deutlicher. So stellte sich Thomas Scholz (SPD) kopfschüttelnd vor, wie auf dieser Werbeanlage eine riesige Unterwäschewerbung den Ortseingang verschandelt. "Und das nach unseren Bemühungen, diese zu verschönern!" Er äußerte sein Unverständnis über die Einschätzung des Baurechtsamtes und monierte eine fehlende sachliche Begründung. "Das ist ja eine reine Meinungsäußerung", fand Scholz. Sollte man diese Werbeanlage genehmigen, würde man "Tür und Tor" für weitere öffnen.
Richtig emotional und auch richtig sauer zeigte sich dann Karlheinz Treiber (GLH), der in eine ähnliche Richtung wie Scholz argumentierte. So warf er dem Baurechtsamt vor, eine reine Feststellung ohne Begründung getätigt zu haben. "Ich verstehe nicht, warum unsere Entscheidung rechtswidrig sein soll?", ärgerte sich Treiber. "Wir sind von den Bürgern gewählt und sollen in ihrem Sinne handeln und nicht in demjenigen der Deutschen Plakat-Werbung aus Koblenz", wetterte der Grüne.
Zudem habe man Sven Sauer vom Baurechtsamt rechtzeitig vor der Sitzung angeschrieben und um eine Begründung gebeten, aber keine Antwort erhalten. "Solange die das nicht begründen, lehne ich das weiterhin ab", betonte Treiber, der auch an die viele Arbeit erinnerte, die in die Ortsbausatzung gesteckt wurde. Mit dieser Entscheidung würde diese ja konterkariert. "Eine Feststellung, an die wir uns halten sollen", habe ihnen das Baurechtsamt mitgegeben, urteilte Oliver Reisig (FDP) ähnlich wie Treiber. Er werde sich aber enthalten, kündigte er an, weil das Baurechtsamt eh machen würde, was es wolle.
Jürgen Steinle (GLH) wollte wissen, ob es irgendwelche andere Möglichkeiten beziehungsweise andere Stellen als "die Behörde aus Heidelberg" gebe, an die man sich wenden könne. "Das passiert uns ja nicht zum ersten Mal."
Bauamtsleiter Rolf Pflästerer erläuterte die möglichen Wege. So liege ja noch kein rechtsmittelfähiger Beschluss vor. Ersetzt das Amt die Entscheidung des ATU, gebe es die Möglichkeit eines Widerspruchsverfahrens.
Alternativ könne der Ausschuss, heute noch einen Antrag stellen, dass die Verwaltung eine Veränderungssperre und die Aufstellung eines Bebauungsplans vorbereiten soll, über die dann der Gemeinderat entscheidet. Eine einfache Satzung genüge nicht, antwortete Pfläster auf Nachfrage von Scholz. Und der Bestand sei gesichert, bejahte der Bauamtsleiter eine Frage von Thomas Götz (CDU) zu Veränderungssperre und Bebauungsplan.
Werner Volk (FW) beantragte daraufhin eine Sitzungsunterbrechung. Die Mitglieder brauchten aber nicht lange, um sich einig zu werden, versagten das Einvernehmen und erteilten der Verwaltung die Arbeitsaufträge zur Vorbereitung einer Veränderungssperre und eines Bebauungsplanverfahrens.