Hirschberg

Das Aus für die Ortsumgehung Großsachen und die Reaktionen

Hirschberger wollen nicht, dass die Pläne für eine "Ortsrandentlastungsstraße" weiterverfolgt werden: nur 24,01 Prozent sagten Ja zur Straße, 75,99 Nein.

09.10.2023 UPDATE: 08.10.2023 21:30 Uhr 3 Minuten, 46 Sekunden
Bürgermeister Ralf Gänshirt (links Bild), die Gemeinderäte und weitere interessierte Gemeinderäte verfolgten gebannt die Auszählung. Foto: Kreutzer

Von Annette Steininger

Hirschberg. Jetzt ist eindeutig klar: Die Hirschbergerinnen und Hirschberger, die am Sonntag an die Wahlurnen gerufen wurden, wollen nicht, dass die Pläne für eine Ortsrandentlastungsstraße in Großsachsen weiter verfolgt werden. 24,01 Prozent stimmten mit Ja, 75,99 Prozent mit Nein, damit war die Sache entschieden. Auch das Quorum wurde mühelos geknackt, sodass das Ergebnis nun bindend ist.

Die Frage, die die 7782 Wahlberechtigten beim dritten Bürgerentscheid in der Geschichte der Kommune zu beantworten hatten, lautete: "Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Hirschberg ein Genehmigungsverfahren zum Bau einer westlichen Ortsrandentlastungsstraße im Ortsteil Großsachsen beim Regierungspräsidium beantragt?"

Hintergrund

> Wahlberechtigte: 7782.

> Wähler/Wahlbeteiligung: 4427/56,89 Prozent.

> Ungültige Stimmen: 12 (0,27 Prozent).

> Gültige

[+] Lesen Sie mehr

> Wahlberechtigte: 7782.

> Wähler/Wahlbeteiligung: 4427/56,89 Prozent.

> Ungültige Stimmen: 12 (0,27 Prozent).

> Gültige Stimmen: 4415 (99,73 Prozent).

> Mit Ja stimmten: 1060 (24,01 Prozent).

> Mit Nein stimmten: 3355 (75,99 Prozent). ans

[-] Weniger anzeigen

Schnell zeichnete sich auf der Leinwand im Bürgersaal des Rathauses ab, dass sich das Ergebnis bei Dreiviertel zu Einviertel einpendeln würde. Schon gegen 18.45 Uhr stand das vorläufige Endergebnis fest, und Bürgermeister Ralf Gänshirt trat vor das inzwischen doch recht große Publikum, darunter auch die grüne Landtagsabgeordnete Fadime Tuncer. Zufrieden sagte er: "Das ist doch ein deutliches Votum, das die Hirschbergerinnen und Hirschberger getroffen haben." Auch die Wahlbeteiligung von 56,89 Prozent freute ihn, weil sich so ein deutliches Bild ergebe. Nun habe der Gemeinderatsbeschluss vom Dezember 2022 Bestand. Am Montag müsse allerdings noch das endgültige Ergebnis vom Gemeindewahlausschuss festgestellt werden.

Gänshirt sprach noch seiner Verwaltungsmannschaft ein herzliches Dankeschön aus, was die Zuhörerinnen und Zuhörer mit Applaus quittierten. Auch das Händeschütteln bei den beiden Vertrauenspersonen von der Interessengemeinschaft Ortsrandentlastungsstraße, Sylvia Grüll und Steffen Kunz, die das Bürgerbegehren initiiert hatten, vergaß er nicht. Gänshirt als Gegner der Straße zeigte sich im RNZ-Gespräch überzeugt, dass die Gemeinde den richtigen Weg eingeschlagen habe. Er wie auch die Mehrheit der Freien Wähler, die FDP und die GLH sowie die Bürgerinitiative Hirschberg "Gegen den Flächenverbrauch" und die Interessengemeinschaft "Pro Naherholungsgebiet Apfelbach/Villa Rustica" hatten immer wieder die Nachteile aufgeführt, seien es die hohen Kosten, die Zerstörung eines Naherholungsgebietes und generell die Folgen für die Umwelt.

Die IG Ortsrandentlastungsstraße, CDU und SPD wiederum hatten für die Straße gekämpft, die so lange in der Diskussion war und die die so staureiche Ortsdurchfahrt von Großsachsen endlich entlasten sollte. Aber vergebens. Doch dennoch wirkten Grüll und Kunz gar nicht so betrübt. Die beiden zeigten sich vor allem "glücklich, dass es so eine riesige Beteiligung gegeben hatte". Man sehe, dass sich etwas im Ort bewegt habe, und jetzt habe man eine "echte Entscheidung", meinte Grüll. Auch wenn sie nachschob, dass es natürlich schade sei, dass nun alle Brücken für eine Ortsrandentlastungsstraße abgebrochen seien. Kunz wünschte sich, dass sich die Straßengegner nun mit dem gleichen Engagement, das sie gegen die Umgehung gezeigt hatten, auch für einen Autobahnanschluss Weinheim-Süd einsetzen.

Da dürfte ihn freuen, was Gänshirt noch im Gespräch mit der Presse sagte: "Für mich ist Weinheim-Süd noch nicht gestorben." Er wisse, dass dieser auch für viele Weinheimer ein Thema sei, gerade in Hohensachsen oder Lützelsachsen. Eigentlich sei damals ja auch die Muckensturmer Straße dafür gebaut worden. "Wir legen jedenfalls nicht die Hände in den Schoß", betonte Gänshirt. Das Ende für die Ortsrandentlastungsstraße bedeutet also nicht das Ende der Lösungssuche für das Verkehrsproblem in Großsachsen.

 Die Vertrauenspersonen Steffen Kunz und Sylvia Grüll (v.l.) trugen das Ergebnis mit Fassung. Fotos: Kreutzer

Von freudig über enttäuscht bis zu überrascht

Reaktionen der Gemeinderatsfraktionen

Hirschberg. (ze) Kurz nachdem Bürgermeister Ralf Gänshirt das vorläufige Ergebnis des Bürgerentscheids zur Ortsrandentlastungsstraße bekannt gegeben hatte, waren die Vorsitzenden der fünf Gemeinderatsfraktionen zu einer ersten Stellungnahme bereit.

> Grüne Liste Hirschberg (GLH): "Wir freuen uns, dass die Mehrheit der Hirschberger Bürgerinnen und Bürger sich gegen die Straße ausgesprochen hat", kommentierte Monika Maul-Vogt das eindeutige Ergebnis. Damit sei die Entscheidung des Gemeinderats bestätigt worden – und das mit einer beachtlichen Wahlbeteiligung für einen Bürgerentscheid. Mit dieser Entscheidung hätten sich die Bürger für finanzielle Handlungsspielräume und mehr Lebensqualität in Großsachsen und gegen weiteren Flächenverbrauch entschieden. Wichtig sei es nun, Verbesserungen für alle Verkehrsteilnehmer in Großsachsen zu suchen und umzusetzen.

> Freie Wähler (FW): "Das Ergebnis ist eindeutig, eindeutiger als erwartet", sagte Werner Volk. Überrascht war Volk davon, dass selbst in Großsachsen eine deutliche Mehrheit mit "Nein" gestimmt hatte. Der Ausgang des Bürgerentscheids zeige, dass der Gemeinderat Ende 2022 richtig entschieden habe, als die Mehrheit dafür stimmte, die Pläne zu einer Ortsrandentlastungsstraße nicht weiter zu verfolgen. "Es ist nunmehr der dritte Bürgerentscheid in Hirschberg, der das Abstimmungsergebnis im Gemeinderat widerspiegelt", erinnerte FW-Gemeinderat Alexander May an den Ausgang der vorangegangenen zwei Entscheide.

> CDU: "Das Ergebnis zeigt klar, dass Hirschberg mit dem Ist-Zustand zufrieden ist", bewertete Christian Würz das Ergebnis. Er hob zudem die relativ hohe Wahlbeteiligung von knapp 57 Prozent hervor, die belege, dass die Hirschberger Bürger das Thema "aufgegriffen" hätten. Für die CDU sei es außerdem wichtig gewesen, dass es nicht bei der Gemeinderatsentscheidung bleibt, sondern die Bürger über dieses wichtige Thema direkt entscheiden konnten.

> SPD: "Wir hatten ein anderes Ergebnis erhofft", zeigte sich Thomas Scholz enttäuscht vom Ausgang des Bürgerentscheids. Trotzdem dankte er den Hirschberger Einwohnern für ihre Unterschrift, die dazu beigetragen hatte, dass ein Bürgerentscheid zu diesem wichtigen Thema stattfinden konnte. Die hohe Wahlbeteiligung zeige zudem, dass dies ein Thema für die Bürger der Gemeinde ist. "Es bleiben die Alternativen, die von den Gegnern genannt wurden", ging Scholz auf weitere Möglichkeiten ein, die Verkehrssituation in Großsachsen zu verbessern.

> FDP: "Das Ergebnis war zu erwarten, jedoch nicht in dieser Deutlichkeit", war der FDP-Fraktionsvorsitzende Oliver Reisig überrascht vom Wahlausgang und freute sich über die hohe Wahlbeteiligung. Die Alternativen zur Ortsrandentlastungsstraße, wie etwa ein Autobahnzubringer Weinheim-Süd, seien jedoch nicht leicht umzusetzen, aber "steter Tropfen höhlt den Stein", gab er die Hoffnung für eine Lösung der Verkehrssituation in Großsachsen nicht auf. "Nun ist Weinheim am Zuge", fand außerdem FDP-Gemeinderat Tobias Rell mit Verweis auf die Vielzahl von Fahrzeugen aus der Zweiburgenstadt, die Großsachsen durchquerten.

Dieser Artikel wurde geschrieben von:
(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.