Zwölf Jahre Überholspur endeten in Stadthalle
Unter dem Motto "Ferrabi" feierten Absolventen des Heisenberg-Gymnasiums rauschendes Abschlussfest.

Von Philipp Weber
Weinheim. Der Abistreich kam auch am Werner-Heisenberg-Gymnasium (WHG) vor dem Abiball. Aber diese Geschichte ist zu schön, um verschwiegen zu werden: Als die jüngeren Mitschüler der Abiturienten in der vierten Schulstunde auf das Ereignis hin fieberten, kam eine Durchsage aus dem Rektorat: Der Abistreich müsse entfallen. Sonst drohe das Einfrieren von Einnahmen aus den Stufenpartys und damit die Absage des Abiballs. Entsetzen. Dann die Erlösung: Die Abiturienten-Durchsage war ein Scherz, und der Spaß begann.
Auch der Abiball fand statt, und Enrico Lüdecke eröffnete ihn gekonnt auf dem Stadthallen-Flügel. Die ersten Worte sprach Lehrer Marcus Hammer. Er vertrat alle Kollegen, die die Abiturienten durch deren Oberstufenzeit begleiteten. "Als ich 1990 Abi gemacht habe, war unser Motto ,TrAbi 90’", sagte er. Diese Episode musste sein, immerhin hatten seine (Ex-)Schüler mit dem Motto "Ferrabi" etliche PS draufgepackt. So riet Lehrer Hammer den Absolventen, mit angepasster Geschwindigkeit und einem gelegentlichen Blick in den Rückspiegel weiterzureisen. Ab und an sollten sie sich an das Pferd auf dem Ferrari-Logo erinnern – und sich aufbäumen.

Im Anschluss führte der kommissarische Schulleiter, Martin Schmitt, die lachende Stadthalle in die Jugendsprache ein. "Respekt Leute, die letzten beiden Jahre waren echt ’ne Challenge", aber "wenn jemand mal etwas gringe war, war das auch okay", sagte er – und dankte einigen Schülern für Hilfe, Korrektur und Feinschliff. Wieder im Ernst angekommen, erinnerte er die Absolventen an ihre ersten Momente am WHG und die Begrüßung durch die damalige Direktorin Gabriele Franke.
2018 litt der Jahrgang an einer Tragödie mit: Ein Junge und ein Mädchen, das dem Jahrgang angehörte, wurden von den eigenen Eltern ermordet. Als die Wunde vernarbte, kam Corona. Für die damals eher schlecht als recht digitalisierte Schule ein Umbruch. Schmitt blickte aber auch auf immenses freiwilliges Engagement zurück, als er der Elternbeiratsvorsitzenden Kornelia Fischer und deren Team dankte. Dass die Chemie innerhalb des mehrheitlich weiblichen Abi-Jahrgangs insgesamt stimmte, deutete sich an, als die Abgänger auch an zwei Mitschüler dachten, die wohl noch eine "Ehrenrunde" drehen müssen. Einen von ihnen würdigten sie auf offener Bühne. Auch bei diesem Artikel haben die Abiturientinnen Lisa Fischer und Mathilde Autenrieth geduldig mitgeholfen.
Abiturientin Ceyda Inan (Cello) und Enrico Lüdecke (Piano) interpretierten dann das selbst komponierte Stück "Im Rückspiegel der Jahre". Danach richtete Ex-Schulleiterin Franke einige Worte an die Abiturienten. Schließlich hatte sie bis letzten Sommer noch amtiert. Elternbeiratsvorsitzende Fischer erinnerte daran, wie sehr die Schule in der Corona-Zeit "neu gedacht" werden musste. Sie würdige das Engagement in der Schülerschaft und gab den Abgängern ein Tucholsky-Zitat mit: "Erfahrungen vererben sich nicht – jeder muss sie allein machen." Danach brachte der Musikkurs-Chor unter der Leitung von Teresa Freund historisches und zeitgenössisches Liedgut zur Aufführung. Schade nur, dass es spätestens jetzt unruhig wurde auf der Empore. Einige mitfeiernde Schüler ließen laut hörbar die Korken knallen. Zeugnisübergabe und Preisverleihung begannen trotzdem, wobei auch jüngere WHGler ihre ehemaligen Mentorinnen und Mentoren bejubelten.
Philipp Strasheim leitete mit der Abiturientenrede zum inoffiziellen Teil der Feier über. "Nach einer gefühlt endlosen Reihe an Tests können wir diesen Moment genießen." Er erinnerte an Höhepunkte wie die Studienfahrten nach Neapel, Berlin und auf die Insel Norderney, aber auch an Irrtümer: "Am 20. März 2020 gab es einen pandemiebedingten Boxenstopp, der von kurzer Dauer sein sollte – dachten wir." Doch das konnte der Rückendeckung der Abiturienten durch deren Familien ebenso wenig anhaben wie den Erfahrungen, die man miteinander machte – echte Freundschaften inklusive. "Jetzt beginnt eine neue Etappe, und die heißt Leben."