"Geballte Fäuste" bei Finanzierung

Schriesheim ärgert sich über Zuschüsse für OEG

Erstmals Gegenstimmen: Schriesheim sieht sich weiter benachteiligt und pocht auf andere Kriterien, um den OEG-Zuschuss zu berechnen.

16.12.2022 UPDATE: 16.12.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 19 Sekunden
Das ärgert auch: Bei der OEG häufen sich die Zugausfälle – und oft genug fahren nur „Oldtimer“. Foto: Dorn

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Es hat etwas von einem Ritual: Jedes Jahr im Dezember stellt die OEG ihre Verlustrechnung vor, die die neun Kommunen zu tragen haben, die die Linie 5 durchquert. Und wie jedes Jahr fühlen sich Schriesheim und Edingen-Neckarhausen benachteiligt. Daran Schuld ist das Abrechnungssystem der "Nutzzugkilometer", das es für Kommunen mit langer OEG-Strecke teuer macht: So zahlen Schriesheim oder Edingen-Neckarhausen fast das Doppelte wie Hirschberg oder Dossenheim.

Und schlimmer noch: Jedes Jahr wird die OEG teurer. Der Ausgleichssatz  pro Nutzzugkilometer steigt um satte 15 Prozent (77 Cent) von 5,14 Euro auf 5,91 Euro, für Schriesheim eine Zusatzausgabe von 143.000 Euro. "Eine ordentliche Steigerung", fand Hauptamtsleiter Dominik Morast, als er die Zahlen dem Gemeinderat vorlegte.

Natürlich sind alle höheren Kosten belegt, versicherte Stefan Prüfer von der OEG: Von den 77 Cent mehr entfallen 29 auf höhere Energie-, 21 auf gestiegene Werkstattkosten und 25 Cent auf Investitionen. "Die allgemeine Inflation holt auch uns ein." Aber auch die Fahrgasterlöse als zweite Säule der OEG-Finanzierung brachen ein, so Prüfer: "Die Fahrgastzahlen sind 2020 und 2021 stark zurückgegangen, zeitweise auf 20 Prozent der Zeit vor Corona. Auch jetzt liegen wir bei nur 90 Prozent im Vergleich zu 2019."

Kleiner Trost, so Morast: Es gebe auch eine Öffnungsklausel, die es erlaubt, Veränderungen anzupassen. Und die könne durchaus zum Vorteil der Kommunen sein: So hätte der Ausgleichssatz 2022 eigentlich bei 5,52 Euro gelegen, erklärte später Prüfer im Gespräch mit der RNZ. Aber durch den Rettungsschirm des Bundes für den Öffentlichen Personennahverkehr reduzierte der sich auf 5,04 Euro.

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Die Zahlen zweifelte niemand groß an, die Klage über die angebliche Ungleichbehandlung geht durch alle Fraktionen, aber dieses Mal wollten die Freien Wähler und Liselore Breitenreicher (Initiative Schriesheimer Bürger) partout nicht mitmachen. Sie stimmten gegen den neu berechneten Ausgleichssatz: Bernd Hegmann (Freie Wähler) holte zum Rundumschlag aus: Die OEG wäre eine zu große Belastung für den Haushalt ("über zwei Millionen ab 2024"), überhaupt lege man nur drauf: bei der Linie 24 nach Heidelberg oder bei dem dichteren Takt abends von Weinheim: "Schriesheim ist der Zahler."

Außerdem fahren momentan "eher Oldtimer" als neue Züge, und ständig werde der Fahrpreis erhöht. Seine Forderung, die auch die anderen Fraktionen teilen: Schriesheim muss bei der Neuverhandlung der OEG-Finanzierung energischer auftreten und dafür sorgen, dass bei der Berechnung andere Kriterien als bisher die Länge der Gleise auf der Gemarkung gelten – wie die Zahl der Haltstellen, der Fahrgäste oder der Einwohner.

Auch Michael Mittelstädt (CDU) tat sich "extrem schwer mit der Zustimmung", höchstens "mit geballten Fäusten", zumal sich der Schriesheimer OEG-Zuschuss in den letzten zehn Jahren verdoppelt habe. Moderater trat Bernd Molitor (Grüne Liste) auf, der die RNV-Zahlen "durchaus nachvollziehbar" nannte. Aber auch er forderte, zusammen mit Edingen-Neckarhausen Druck auf die RNV (oder vielmehr das Landratsamt) zu machen. Sollte man da Geld sparen, dann könne man das für andere Angebotsverbesserungen ausgeben, wie etwa "VRN-Nextbike".

Rainer Dellbrügge (SPD) wiederum war "genauso verärgert wie die anderen, wenn es jedes Jahr steigende Kosten gibt", aber zur Zustimmung gebe es nun mal "keine Alternative". Er forderte, wie auch alle anderen Redner vor ihm: "Weg von den Nutzzugkilometern!" Und generell müsse man "Bund und Land stärker in die Pflicht nehmen. Wer die Verkehrswende will, muss die Gelder dafür zur Verfügung stellen". Wolfgang Renkenberger (FDP) sah es genauso, erlebte zugleich "Ohnmachtsgefühle der Schriesheimer Stadträte", die dem Vertrag mangels Alternativen zustimmen müssten ("eigentlich eine Farce"). Angesichts des Widerstands der "bevorteilten" Kommunen sieht er es aber skeptisch, "ob an diesem System etwas geändert wird".

Andrea Heitsch vom Landratsamt versprach, die Schriesheimer Beschwerden auch als zuständige Behörde in die im nächsten Jahr anstehenden Neuverhandlungen der OEG-Finanzierung mitzunehmen. Auch Bürgermeister Christoph Oeldorf will "bei den kommenden Verhandlungen all diese Themen ansprechen".

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