Leseempfehlungen für Bücher mit Realitätsbezug
In der Stadtbibliothek stellten Mitarbeiterinnen des Buchladens ihre Leseempfehlungen für Weihnachten vor.
Von Stefanie Seiler-Runge
Eppelheim. Seit Christine Beil als Inhaberin des Eppelheimer Buchladens 2017 das Geschäft übernommen hat, werden jedes Jahr zur Weihnachtszeit Bücher vorgestellt und empfohlen. Christine Beil und ihr Team arbeiten hierfür mit der Stadtbibliothek Eppelheim zusammen. So auch in diesem Jahr wieder. Die vorbereiteten Plätze sind vollständig besetzt. Rund 40 Besucherinnen und Besucher sind gespannt auf die Empfehlungen des Teams. Denn was gibt es Besseres als Bücher von Fachleuten des Metiers in entspannter Atmosphäre vorgestellt und empfohlen zu bekommen?
Elisabeth Klett, Leiterin der Stadtbibliothek, begrüßt die Gäste herzlich und sagt: "Glühwein, Wasser und alkoholfreier Punsch stehen bereit. Auch bei den vorbereiteten weihnachtlichen Knabbereien auf den Tischen darf zugegriffen werden."
"Dieses Jahr wird wieder eine bunte Mischung aus unterschiedlichen Genres vorgestellt, wobei weniger Krimis dabei sind, dafür mehr Fantasy und Historisches. Aber durchaus auch Bücher, die konkret mit unserer Realität zu tun haben", meint Buchladenbesitzerin Christine Beil bei ihrer Begrüßung. Auf den Plätzen finden die Besucherinnen und Besucher eine Liste mit allen Büchern, die vorgestellt werden – mit kurzen Texten zum Inhalt und einen Kuli für Notizen.
Das "Buchteam und Friends", besteht neben Christine Beil aus Tina Krabkrantham, Mitarbeiterin Kelly-Marie Voßhardt und Simone Reinhard, die den "Friends-Anteil" darstellt. Sie ist ehrenamtlich aus Passion zu den Büchern dabei. Der zum Team dazugehörige Jürgen Haber, der eigentlich den Abend mit seinem Akkordeon "Emma" musikalisch untermalen wollte, ist leider erkrankt. Die Buchtitel, die er vorgestellt hätte, übernimmt Voßhardt. Gekonnt stellt das Team die einzelnen Bücher vor und gibt zusätzliche Einblicke in die jeweiligen Empfehlungen. Dabei wird alphabetisch nach der Liste gearbeitet, sodass sich die Besucherinnen und Besucher schnell orientieren können. 31 Bücher werden insgesamt besprochen, davon hier die Favoriten des Buchladenteams:
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> Jennifer Lynn Barnes, The Inheritance Games, übersetzt von Ivana Marinovic, cbt: 50 Milliarden Dollar, eine unbekannte Erbin, vier mörderische Nachkommen – Avery Grambs will nur eines: die Highschool überleben und mit einem Stipendium das Weite suchen. Daraus wird nichts, als der ihr unbekannte Multimilliardär Tobias Hawthorne ihr fast sein gesamtes Vermögen hinterlässt. Um das Erbe anzutreten, muss sie ein Jahr lang in das Hawthorne-Haus einziehen, zusammen mit der Familie. Gefangen in dieser schillernden Welt aus Reichtum und Privilegien muss Avery sich auf ein Spiel aus Intrigen und Kalkül einlassen, wenn sie überleben will. Ein süchtig machender Thriller, voller dunkler Familiengeheimnisse und tödlicher Herausforderungen. Für alle Sherlock Fans und diejenigen, die das Rätseln lieben.
> Alina Bronsky, Pi mal Daumen, Kiepenheuer & Witsch: Dass ein Mathematikstudium skurrile Persönlichkeiten anziehen kann – daran ist erst einmal per Klischee nichts Ungewöhnliches. Aber hier treffen zwei Extremexemplare aufeinander: Auf der einen Seite der hochbegabte Oskar, 16 Jahre alt, Adliger, ein Nerd. Seit der Grundschule träumt er davon, an der Universität zu studieren, an der sein Idol Daniel Johannsen lehrt. Auf der anderen Seite Moni Koschinski, 53 Jahre alt, Leopardenlook mit Ikea-Taschen-Accessoire – was da so alles drin ist –, gerne auch mal mit einem ihrer drei Enkel im Schlepptau. Im Hörsaal beginnt eine ungewöhnliche Freundschaft. Ein Roman über Klischees und Freundschaften mit unerwarteten Wendungen. In diesem Jahr, so ist es zu hören, ist dies das Lieblingsbuch der unabhängigen Buchhändler und Buchhändlerinnen.
> Becca Freeman, Der Christmas Club, übersetzt von Carolin Müller, Penguin: Alles nimmt seinen Anfang an einem Heiligabend auf dem College. Hannah, eine Waise, glaubt, alleine auf dem Campus zu sein, als es plötzlich an ihrer Tür klopft. So tritt Finn in ihr Leben, und seit diesem abenteuerlichen Abend verbindet die Beiden eine tiefe Freundschaft. Auch zehn Jahre später verbringen die Beiden ihre Weihnachtsabende miteinander – zusammen mit Priya und Theo, die inzwischen Teil dieser kleinen Wahlfamilie geworden sind. Doch nach einem Jahr, das ihre Freundschaft auf die Probe gestellt hat, könnte dies nun ihr letztes gemeinsames Fest sein. Einfühlsam und unterhaltsam erzählt die Autorin eine etwas andere Weihnachtsgeschichte von vier Menschen, die zu einer Ersatzfamilie füreinander werden. Ein Muss für Fans von Weihnachtsgeschichten.
> Mary Beth Keane, Mit dir bis ans andere Ende der Welt, übersetzt von Heike Reissig, Eisele Verlag: Greta Cahill und ihre Schwester Johanna kennen nichts anderes als das einfache Landleben im Irland der 1960er-Jahre. Doch während Greta sich dort zu Hause fühlt, träumt Johanna von einem Leben unterwegs, ungebunden und frei. Als in der Familie ein Unglück geschieht, finden sich die Beiden auf einem Schiff Richtung New York wieder – eine Reise, die ihr Leben für immer verändern wird. Ein bewegender Familienroman, eine wunderschön geschriebene Geschichte über Identität, Liebe und Loyalität.
> Franzi Kopka, Honesty, Fischer Sauerländer: Nach der großen Pandemie und einem erbitterten Krieg herrscht in Sestiby vollkommener Frieden. Lügen und Emotionen wie Misstrauen, Eifersucht oder Wut gehören der Vergangenheit an. Doch Mae kann sie spüren und das könnte sie das Leben kosten. Als sie in das Partnerschaftsprogramm der Regierung gesteckt wird, steht sie unter strengster Beobachtung. Sie tut alles, um nicht aufzufliegen, aber Grayson macht es ihr nicht leicht. Er provoziert sie, sie hasst ihn, und mit nur einem Satz bringt er ihr gesamtes Weltbild zum Einsturz. Franzi Kopka beweist wieder einmal, dass sie gut durchdachte Dystopien in unsere Welt zaubern kann, die einen auch lange nach dem Lesen nicht loslassen. Für alle, die schon immer mal wissen wollten, wie eine Welt ohne negative Emotionen aussehen könnte. Für Fans von "Tribute von Panem" oder "Gameshow".
> Gunnar Kunz, Lagunenrauner, Verlag Monika Fuchs: Nach zwei kurz aufeinanderfolgenden Schicksalsschlägen wohnt der 16-jährige Marco bei seinem Onkel, einem Glasbläser, im Venedig des 15. Jahrhunderts. Doch über Venedig bricht eine Katastrophe herein: Aus den Kanälen zieht sich über Nacht alles Wasser zurück und sie füllen sich stattdessen mit todbringendem schwarzem Nebel. Marco versucht gemeinsam mit Chiara das Rätsel zu lösen – inmitten von politischen Intrigen, verwunschenen magischen Begegnungen, aber auch mit sehr prominenter Hilfe. Ein Jugendroman ab circa 14 Jahren: mystisch, spannend und das Originalrezept von Leonardo da Vincis Stinkbombe gibt es obendrein.
> Peter Mann, Der Ire, übersetzt von Stefan Lux, Suhrkamp: Ein Spion, ein Auftrag, zwei Geschichten. Doch welche ist wahr? September 1945. In den Trümmern von Berlin werden zwei Manuskripte gefunden, die jeweils widersprüchliche Versionen des Lebens eines irischen Spions während des Krieges wiedergeben. Das eine ist das Tagebuch des deutschen Offiziers des militärischen Nachrichtendienstes und Nazi-Gegners Adrian de Groot, der seine Beziehung zu seinem Agenten, Freund und Liebhaber, einem Iren namens Frank Pike, aufzeichnet. In de Groots Erzählung ist Pike ein charismatischer IRA-Kämpfer, der aus dem spanischen Gefängnis entlassen wird, um bei der geplanten deutschen Invasion Großbritanniens zu helfen, der aber nie die Chance bekommt, seinen Pakt mit dem Teufel zu erfüllen. Das andere Manuskript enthält eine ganz andere Darstellung der Taten des Iren. Unter dem Alter Ego des keltischen Helden Finn McCool tritt Pike hier als der ultimative alliierte Saboteur auf. Sein Auftrag: eine Attentatskampagne auf hochrangige Nazi-Ärzte, die in der Ermordung von Hitlers Leibarzt gipfelt. Hochspannend und basierend auf einer wahren Geschichte.
> Caroline Peters, Ein anderes Leben, Rowohlt: Bei der Beerdigung des Vaters überfällt die Erzählerin plötzlich die Erinnerung an die zwei Jahrzehnte zuvor verstorbene Mutter. Eine ungewöhnliche Frau: drei Töchter von drei befreundeten Männern, mit einer Leidenschaft für Gedichte und den großen Auftritt, ständig im Kampf zwischen Autonomie, Familie und den Rollenbildern der Nachkriegsjahrzehnte. Wie einfühlsam, leicht und humorvoll die bekannte Schauspielerin Caroline Peters über das Leben ihrer Mutter und ihrer Familie schreibt und wie sie auf ihre Kindheit in den 1960er- und 1970er-Jahren im Rheinland zurückblickt, ist einfach umwerfend.
> Ulrich Rüdenauer, Abseits, Berenberg: 1954 im Süden Nachkriegsdeutschlands auf dem Land: Der neunjährige Richard wächst bei Onkel und Tante auf, Eltern gibt es nicht, die Atmosphäre ist lieblos, es wird mehr geschwiegen als geredet und er fühlt sich nicht willkommen, weder in der Familie noch auf der Welt. Einziger Halt ist der nur selten anwesende Großvater, mit dem er die Schönheit der Natur entdeckt. Und das Lesen: Wort für Wort erschließt er sich die Welt und sein Inneres. Auch die Suche nach seinen Eltern treibt ihn um. Und dann ist da noch der Fußball. Dieses großartige Debüt, traurig und wunderschön, feinfühlig und in einem ganz eigenen Tonfall erzählt, erinnert an Robert Seethalers "Ein ganzes Leben" und ist ein absoluter Leseschatz.
> Frank Schätzing, Tod und Teufel, Emons Verlag: Köln im Jahr 1260. Der Gaukler und Dieb Jacop der Fuchs wird versehentlich Zeuge des Mordes am Dombaumeister von Köln. Jacop gibt seine brisanten Informationen an Freunde weiter, die kurz darauf ebenfalls ermordet werden. Trotz der Tatsache, dass er um sein Leben fürchten muss, macht sich Jacop auf die Suche nach dem Täter. Unterstützt wird er dabei vom Physikus Jaspar Rodenkirchen, dem Färber Goddert von Weiden und dessen Tochter Richmodis, deren Herz Jacop im Sturm erobert hat. Dieser vor 30 Jahren zum ersten Mal erschienene historische Roman und Krimi saugt uns ein in die spannende Geschichte um den sympathischen Jacop. Atemlos verfolgt man die Handlung in den mittelalterlichen Straßen von Köln, die einen bis zum dramatischen Schluss nicht loslässt. Eine tolle Lektüre für lange Winterabende und das ideale Geschenk – zusammen mit dem folgenden Titel.
> Frank Schätzing, Helden, Kiepenheuer & Witsch Verlag: Endlich ein Wiedersehen mit Jacop dem Fuchs! Die lange erwartete Fortsetzung des gerade vorgestellten Buches. Es ist das Jahr 1263: Jacop ist zu einem ehrbaren Mann geworden. Gefördert und unterrichtet vom den Lesern schon bekannten Physikus Jasper, hat er eine Kaufmannslehre bei der Kölner Patrizierfamilie Overstolz begonnen. Diese sind im internationalen Handel tätig und verschiffen ihre Waren auch nach England, wo gerade ein Machtkampf zwischen König und Baronen zu eskalieren droht. Unfreiwillig werden Jacop und seine neuen Freunde Gereon und Gottfried in diesen Konflikt hineingezogen. Königstreue gegen schottische Söldner und die geheimnisvolle "Blonde Hexe", eine Kämpferin, die mit Adlern spricht. Und mittendrin Jacop, der wieder seine ganze Schläue braucht, um sich zu retten. Ein Mittelalterepos vom Feinsten, eine spannende und mitreißende Geschichte – wie schon bei Teil eins gilt: unbedingt lesen!
> Arne Semsrott, Machtübernahme. Eine Anleitung zum Widerstand, Droemer: Wie nie zuvor bedrohen Rechtsextreme die Demokratie in Deutschland. Arne Semsrott, Politikwissenschaftler und Aktivist, versucht die Leser mit diesem Buch aufzurütteln: Er macht deutlich, was es bedeutet, wenn die AfD zentrale Institutionen der Bürokratie und Verwaltung wie Schulen, Finanzämter, Ministerien, den öffentlich-rechtlicher Rundfunk und die Polizei in ihrem Sinne umbaut und damit ihre Macht festigt. Aber er zeigt auch ganz konkrete Handlungs- und Widerstandsmöglichkeiten auf, mit denen sich die Zivilgesellschaft dagegen wehren und die Demokratie verteidigen kann. Das Buch der Stunde.
> Außerdem vorgestellt und empfohlen:
> Stella Benson, Zauberhafte Aussichten, übersetzt von Marie Isabel Matthews-Schlinzig, Rowohlt.
> Gareth Brown, Das Buch der tausend Türen, übersetzt von Sabine Hübner, Heyne.
> Kristina Fritz, Die Wolkengucker, Bastei Lübbe.
> Jennie Godfrey, Unser Buch der seltsamen Dinge, übersetzt von Susanne Keller, dtv.
> Chloe Gong, Immortal Longings: Ein Spiel auf Liebe und Tod, übersetzt von Elena Helfrecht, Klett-Cotta.
> Matt Haig, Die Unmöglichkeit des Lebens, übersetzt von Sabine Hübner u.a., Droemer.
> Jan Hegenberg, Klima-Bullshit-Bingo, Komplett Media.
> Francesca Melandri, Eva schläft, übersetzt von Bruno Genzler, Wagenbach.
> Christoph Minnameier, Lua Luftwurzel – Silberelfen fängt man nicht, Beltz.
> Lily S. Morgan, How To Catch A Magical Light, Carlsen.
> Stevan Paul, Die Kichererbsen der Senora Dolores, mairisch Verlag.
> Anne Reinecke, Hinter den Mauern der Ozean, Diogenes.
> Philip Ruch, Es ist 5 vor 1933. Was die AfD vorhat und wie wir sie stoppen, Ludwig bei Heyne.
> Martin Smatana, Ein Jahr voller guter Nachrichten, Pattloch.
> Susanne Tägder, Das Schweigen des Wassers, Tropen.
> Anja Wagner, Magic Agents – in Dublin sind die Feen los, cbj.
> Florian Werner, Meine bessere Hälfte. Musiker*innen erzählen über ihre Instrumente, Ullstein.
> Octavie Wolters, Das geht nie vorbei, übersetzt von Eva Schweikart, Freies Geistesleben,
> Anne-Dorette Ziems, Ab ins All!, Kosmos.
Info: Wer diese Veranstaltung verpasst hat, kann am heutigen Donnerstag die "24plus Buchempfehlungen" im Evangelischen Gemeindehaus Pfaffengrund, Obere Rödt 11, besuchen. Beginn ist um 19.30 Uhr.