Hatte Busfahrer keine Lust, die Rollstuhl-Klappe herunterzulassen?
Ein Walldorfer musste auf eigene Faust den Heimweg antreten. SWEG: Fahrer hat ihn nicht gesehen.

Von Konrad Bülow
Walldorf. Eberhard Riethmüller ist sauer. Der Heimweg von Oftersheim nach Walldorf wurde für ihn am Abend des Himmelfahrtstags zur Odyssee: Eigentlich wollte der Rollstuhlfahrer den Linienbus 750 nehmen. Der sei aber einfach weitergefahren und habe ihn an der Haltestelle stehen lassen, erzählte Riethmüller der RNZ – obwohl er deutlich auf sich aufmerksam gemacht habe. Also habe er sich auf eigene Faust mit seinem Rollstuhl auf den Weg gemacht, zehn Kilometer, zum Teil auf befahrenen Straßen – "was nicht ungefährlich ist", wie er betont.
Der Betreiber der Linie, die SWEG Bus Schwetzingen GmbH, antwortete Riethmüller auf seine E-Mail-Beschwerde mit einem Einzeiler, demnach habe der Busfahrer versichert, ihn nicht gesehen zu haben. Die Antwort auf eine RNZ-Anfrage wiederholt diese Position: "Eine Rücksprache mit dem betroffenen Busfahrer ergab, dass dieser niemanden im direkten Haltestellenbereich feststellen konnte. Wichtig ist, dass sich die Fahrgäste unmittelbar im Haltestellenbereich aufhalten und den Einstiegswunsch zum Beispiel mit einer Bewegung nach vorne oder Sichtkontakt zum Fahrpersonal verdeutlichen."
Die SWEG Bus Schwetzingen habe "rein vorsorglich auch noch einmal das Fahrpersonal entsprechend sensibilisiert." Der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) schließt sich der Stellungnahme an: Eine Absicht habe sicher nicht zugrundegelegen, der VRN sensibilisiere die Beauftragten Unternehmen im Umgang mit mobilitätseingeschränkten Personen.
Diese Reaktionen ärgern Riethmüller zusätzlich. "Das ist schlichtweg unwahr oder eine billige Schutzbehauptung", sagt er. Er fahre oft mit dem Bus und wisse, wie Signale gegeben werden müssen. Wegen seiner körperlichen Einschränkungen sei er darauf angewiesen, dass die Fahrt mit dem Bus klappt. Normalerweise seien die Busfahrer auch hilfsbereit. Nur in diesem Fall nicht. Auf der ersten Etappe seines Weges, von Heidelberg nach Oftersheim habe alles noch so funktioniert wie immer: Der Fahrer der Linie 717 habe auch einen großen Kinderwagen nach hinten umparken lassen.
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Als Riethmüller dann zum Umsteigen an der Haltestelle in der Oftersheimer Lessingstraße auf den Bus nach Walldorf gewartet habe – in knallroter Jacke – sei zunächst ein weiterer Bus der Linie 717, dieses Mal in Richtung Heidelberg, gekommen. Der Fahrer sei in die Haltestelle gefahren. "Ich bedeutete ihm mit deutlichem Kopfschütteln, dass ich nicht mitfahren wolle. Er nickte und grüßte freundlich und ich grüßte zurück", blickt er zurück.
Als dann der erwartete 750er-Bus kam, sei alles ganz anders gelaufen. "Ich habe eindeutig die Hand zum Stop-Symbol erhoben, wie das üblich ist", erzählt Riethmüller weiter. Auch Winken habe aber nichts genutzt: Der Busfahrer habe "intensiv weggeschaut" und sei durchgefahren.
Der Bus sei leer gewesen, außer ihm selbst habe auch niemand an der Haltestelle gewartet. Riethmüller vermutet, dass der Fahrer schlicht keine Lust hatte, auszusteigen und die Klappe an der Tür des Fahrzeugs herunterzulassen damit der Rollstuhlfahrer in den Bus fahren kann. "Das ist Mühe, das weiß ich, aber es geht halt nicht anders", sagt der Walldorfer. Und es sei Teil des Beförderungsauftrags.
Mit einer Anwohnerin habe er noch einige Worte gewechselt, fährt Riethmüller fort, sie habe sein Smartphone aufgehoben, dass ihm beim Versuch heruntergefallen sei, einen alternativen Heimweg herauszusuchen – und sie habe ihm bestätigt, wie gut sichtbar er gewesen sei. Letztlich entschied sich Riethmüller für die beschwerliche Heimfahrt mit dem Rollstuhl. "Ein Rollstuhltaxi kostet 35 Euro, plus Feiertagszuschlag", gibt er zu bedenken. Er fragt sich auch, ob das Busunternehmen das getragen hätte.
Mehr als eine Sensibilisierung des SWEG-Personals – wie sie das Unternehmen angekündigt hat – wolle er gar nicht, sagt er, um eine Wiedergutmachung gehe es ihm nicht. So etwas solle einfach nicht wieder passieren.