Eberbacherin rettet Katzen vor dem Leben auf der Straße
Mit viel Liebe und Fürsorge bringt Margarita Schneider das Fell wilder Tiere wieder zum Glänzen. Die Samtpfötchen tummeln sich überall in ihrer Wohnung.

Von Carmen Oesterreich
Eberbach. "Dort oben habe ich Betten für meine Gäste gerichtet, wenn sie mal zu Besuch kommen", sagt Margarita Schneider und führt mich zu einem großen Schuppen auf ihrem Gartengrundstück am Ohrsberg. Ich denke an eine gemütliche Unterkunft für meinesgleichen und staune: Keine Betten, sondern drei liebevoll mit Decken und Kissen ausgelegte Kisten sind bereit für Katzen, die vielleicht eines Tages als herrenlose Freigänger Geborgenheit suchen. Schnell wird mir klar: Margarita Schneiders Herz schlägt für Katzen, besonders für die benachteiligten, verletzen, herrenlosen.
So wie für Felix und Lucie, die nach Corona immer wieder auf ihr Gelände kamen und sehr verloren aussahen. Einfangen ließen sich die wilden Katzen nicht, Recherchen nach ihrer Herkunft in der Umgebung und über den Tierschutzverein Eberbach liefen ins Leere.
Deshalb fing Margarita Schneider an, sie zu füttern. Fürsorglich richtete sie eine "Puppenstube" für die Streuner ein. Als Lucie mehrmals ihre zwei Töchter mit in den Garten brachte, gingen diese Jungtiere, Kescha und Lucky, in die Falle. Die hatte Margarita Schneider aufgestellt, damit die Kätzchen kastriert werden konnten.
Auch Felix entpuppte sich als weiblich, als "er" eines Tages seine Tochter Anfisa mitbrachte. Sie wurde schnell gefangen und kastriert, doch die so scheue wie schlaue Katze Felix war bis heute nicht zu fassen.
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Bei Lucie klappte es, als sie ein weiteres Mal trächtig war. Als Margarita Schneider davon erzählt, schießen ihr die Tränen ins Gesicht. Vom Tierarzt wurde Lucie nicht nur kastriert, sondern "per Kaiserschnitt wurden ihr auch die noch nicht lebensfähigen Babys weggenommen", sagt Schneider. Wegen ihrer großen Wunde am Bauch nahm sie das Tier mit in ihre Wohnung.
Doch Lucie, die wilde, wollte trotz gesundheitlicher Schwäche raus. Sie verschwand durchs gekippte Fenster, kletterte auf den Dachboden und maulte dort herzzerreißend bis 2 Uhr nachts. Kaum wurde sie von einer Anwohnerin mit einer Taschenlampe angeleuchtet, sprang Lucie vom vierten Stock in die Tiefe. Ein Schock für Schneider. Drei Tage lang suchte sie nach dem Tier, rief den Tierschutz an. Keine Lucie kam zurück, ihre Tränen zu trocknen.
In Margarita Schneiders rund 85 Quadratmeter großer Wohnung leben einige weitere Katzen. "Ich hatte mal zehn Kätzchen", sagt sie mit leuchtenden Augen. "Das waren zu viele, aber was sollte ich machen?", sagt sie auch. "Ich rette die Katzen von der Straße, wo sollen sie denn hin?", fragt sie und erzählt, dass sich diese Katzen auch über den Tierschutz kaum vermitteln lassen, wenn sie schon ein bisschen älter oder verletzt sind.
"Sie müssen auch bedenken: Das war nach Corona. Da hatten sich die Leute Haustiere gekauft, kamen mit ihnen aber nicht zurecht und setzten sie einfach aus." Schneider nahm sie an – und damit auch alle Strapazen der Eingewöhnung und Pflege. Eine Katze mit einer Verletzung am Ohr, vermutlich durch einen Streifschuss aus dem Luftgewehr war darunter, eine andere mit nur drei Beinen.
Mehr als 100 Euro gibt sie für Essen und Hygieneartikel wie den Sand für die Katzen-Toiletten aus, manchmal bekommt sie Futterspenden vom Tierschutzverein. "Auch beim Kastrieren greift mir der Tierschutzverein unter die Arme. Das kann ich alleine gar nicht alles bezahlen", sagt die Montagearbeiterin. "Oft werde ich belächelt, wenn ich bei Sonderangeboten das gesamte Regal leer kaufe", sagt sie und erzählt, wie ihr manchmal sogar verboten werde, so viel Ware auf einmal zu kaufen.
"Macht nichts, dann fahre ich in einen anderen Laden und kaufe dort", erklärt sie. "Ich brauche die Sonderangebote, und zwischendurch gibt es auch mal frisches Hackfleisch und aufgetautes rohes Seelachsfilet."
Kusja, Dusja, Dschings, Marquis, Lucky – gesund gepflegte und jetzt wunderschöne braune, grau-gemusterte, schwarze und weißgefleckte Tiere mit dichtem, seidigem Fell beobachten mich aus sicherer Entfernung oder schnurren neugierig und freundlich um meine Beine herum.
Die gesamte Wohnung ist ein Katzenparadies: mit riesigem Kratzbaum, weich gepolsterten Schlafplätzen, jeder Menge Spielangeboten wie Seilen oder Windspielen und fünf Katzenklos. "Die mache ich alle zweimal täglich sauber", sagt Schneider, "die Klumpen kommen in eine alte Zeitung." Augenzwinkernd betont sie den Nutzen dieser Zweitverwertung.
"Meine Katzen dürfen alles", sie sitzen auf dem Tisch, schleichen übers Sideboard, ohne auch nur ein dekoratives Porzellanteil umzustoßen, inspizieren überall die Küche, trinken vom Trinkbrunnen oder dem leicht fließenden Strahl in der Badewanne Wasser. Sogar im Bett von Margarita Schneider dürfen sie sich rekeln.
Woher kommt so viel Katzenliebe? "Das sind meine Kinder", sagt die Mutter einer erwachsenen Tochter und eines erwachsenen Sohns (die ebenfalls in Katzen vernarrt sind). "Katzen sind immer wie kleine Kinder. Wenn ich morgens aufwache, sie spüre, in den Arm nehme, geben sie mir Kraft und Energie. Sie sind meine Luft zum Leben!"
Eine Katze wird diese Liebe besonders gespürt haben: Lucie. Drei Monate nach dem Sprung vom Dach maunzte eine weiß gefleckte Dame im Garten am Ohrsberg. "Mau - miau, machte sie, das war so typisch", sagt Schneider voller Freude. "Lucie, bist du das? – Mau- miau! Jetzt kommt sie im Garten immer, wenn ich sie rufe. Nur streicheln lässt sie sich nicht. Lucie ist eben eine wilde Katze."