"Unnötige Verzögerung belastet das Klima"
Für die Firma Abo-Wind steht die unrechtmäßige Ablehnung des Windparks Hainstadt exemplarisch für die Probleme der Energiewende.

Buchen-Hainstadt. (pm/RNZ) Fünf Jahre nach Einreichung eines Antrags auf Bau und Betrieb des Windparks Hainstadt hat die Firma Abo-Wind (Wiesbaden) nun eine Genehmigung erhalten. Nach einjähriger Prüfung hatte das Landratsamt den Antrag 2017 zunächst abgelehnt. Abo-Wind klagte gegen die Ablehnung und bekam rund zwei Jahre später Recht. Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) beantragte das Landratsamt Berufung beim Verwaltungsgerichtshof (VGH). Der lehnte den Antrag des Landratsamts weitere 18 Monate später ab. "Daraufhin stellte das Landratsamt nun endlich eine Genehmigung aus", schreibt das Unternehmen in einer Pressemitteilung.
"Ein für die Energiewende dringend benötigtes Projekt wird also mit fünfjähriger Verzögerung realisiert", fasst Abo-Wind-Abteilungsleiter Kristof Frank zusammen. Fünf Jahre, in denen die vier Windenergieanlagen rund 150 Millionen Kilowattstunden sauberen Strom erzeugt und den Ausstoß von 120.000 Tonnen Kohlendioxid vermieden hätten, so seine Rechnung.
Das Projekt zeige, woran es beim Windkraftausbau in Deutschland hake. Bereits 2015 hatte Abo-Wind die Bürger über den Plan, vier Windkraftanlagen auf dem Welscheberg bei Hainstadt zu errichten, informiert. Anfang 2016 reichte das Unternehmen den Genehmigungsantrag für Bau und Betrieb des Windparks beim Landratsamt ein.
Hauptgrund der folgenden Ablehnung war ein angeblich signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für den Schwarzstorch. Unabhängige Experten waren dagegen in umfangreichen, dem Genehmigungsantrag zugrunde liegenden Untersuchungen zum Schluss gekommen, dass der Schwarzstorch das Plangebiet allenfalls vereinzelt überfliege. Außerdem würden Schwarzstörche so gut wie nie mit Windkraftanlagen kollidieren. Abo-Wind veröffentlichte 2018 ein Papier, das die friedliche Koexistenz von Windenergie und Schwarzstorch wissenschaftlich belegt. Laut der im Januar 2021 überarbeiteten Hinweise der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) zur Erfassung und Bewertung von Vogelvorkommen besteht für den Schwarzstorch kein allgemeines Kollisionsrisiko mit Windkraftanlagen.
Das Wiesbadener Unternehmen klagte gegen die Ablehnung und bekam zwei Jahre später vor dem VG Karlsruhe Recht. Das Gericht stellte fest, Abo-Wind habe "fachlich einwandfrei belegt, dass das Tötungsrisiko für den Schwarzstorch nicht signifikant erhöht werde und eine erhebliche Störung nicht zu erwarten sei". Das Landratsamt gab sich mit der gerichtlichen Klärung nicht zufrieden und beantragte vergeblich Berufung.
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"Das Projekt ist ein Paradebeispiel dafür, woran der Windkraftausbau in Deutschland krankt", sagt Kristof Frank. Obwohl es bundes- wie landespolitisches Ziel ist, die Energiewende voranzubringen, würden Projekte oft durch eine schleppende und restriktive Genehmigungspraxis sowie Klagen verzögert oder verhindert. "Die Gerichte sind überlastet, und es fehlt Personal zur raschen Bewältigung der vielen Verfahren." Das habe, so Abo-Wind, verheerende Auswirkungen auf den Windkraftausbau: "Unsere Anträge sind auf bestimmte Anlagentypen ausgelegt. Wenn sich die Genehmigungsprozesse lange hinziehen, sind diese Anlagen am Ende häufig gar nicht mehr verfügbar. Dann ist der genehmigte Antrag plötzlich nichts mehr wert, und wir müssen einen neuen Antrag für andere Anlagen stellen. Dann geht das Spiel von vorne los", sagt Frank. "In Hainstadt haben wir Glück, dass die Anlagen noch verfügbar sind."
Eine partielle Besserung bringe das kürzlich verabschiedete Investitionsbeschleunigungsgesetz. "Damit fällt eine Klageinstanz weg", erklärt Frank. Beim Beispiel Hainstadt wäre der Gang zum VG Karlsruhe obsolet gewesen, weil der VGH Mannheim direkt entschieden hätte. "Das hätte immerhin rund zwei Jahre gespart", sagt Frank.
Baden-Württemberg möchte laut Angaben der Landesregierung den Anteil erneuerbarer Energien von heute rund 32 Prozent bis 2050 auf 80 Prozent erhöhen. Dafür ist ein massiver Ausbau der Windkraft unerlässlich. Doch 2019 und 2020 gingen weniger als 20 neue Anlagen ans Netz, weil es an Genehmigungen mangelt. Unternehmen der Branche haben dieser Tage ein Impulspapier mit Vorschlägen veröffentlicht, wie die Situation verbessert werden könnte.
In Hainstadt strebt Abo-Wind jetzt eine schnellstmögliche Errichtung der Anlagen an. Die Teilnahme an der Tarifausschreibung der Bundesnetzagentur soll im Mai erfolgen, der Rodungsbeginn ist für Oktober terminiert, die Inbetriebnahme des Windparks erfolgt laut Plan im vierten Quartal 2022.
In Arbeit ist parallel eine finanzielle Beteiligungsmöglichkeit für die Anwohner. Geplant ist, Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich über eine Crowdfunding-Plattform finanziell zu beteiligen. Dabei geht es nicht darum, Geld zur Finanzierung des Windparks einzusammeln, sondern mit einer Beteiligung der Anwohner die Akzeptanz zu stärken. Daher wird die Möglichkeit der Beteiligung auf Anwohner in einem noch zu definierenden Radius um den Windpark beschränkt. Die Konditionen (Beginn der Beteiligung, Zinssatz, Laufzeit) stehen noch nicht fest.