Freilandmuseum startet am 27. März in neue Saison
Es gibt Kinder-, Oldtimer- und Pflanzentage, Grünkernfest und Aktionen zur Ernährung.

Walldürn-Gottersdorf. (adb) Wenn der Frühling anklopft, steht das Odenwälder Freilandmuseum vor einer neuen Saison. In der Tat wird schon der Frühjahrsputz durchgeführt und ist bald abgeschlossen: "Wenn die Pandemie es zulässt, starten wir am 27. März", erklärt Leiterin Margareta Sauer, mit der die Rhein-Neckar-Zeitung über Projekte und Pläne sprach. Geplant sind Aktionen für die ganze Familie, die Sanierung eines prägnanten Gebäudes und ganz Neues in Form der Pflanzentage am 9. und 10. April.
Die erste Aktion ist bereits am Eröffnungssonntag zu erleben. "Es wird eine Hobbyflechterin vor Ort sein, die interessierten Besucher zeigt, wie sie selbst aus Weidenruten kleine Osterkränze oder kleine Körbchen herstellen können. Vor der Dreschhalle gibt es Stockbrot und im Blauen Haus wird der Außenbackofen in Betrieb genommen", erzählt Margareta Sauer, die auf zahlreiche Besucher hofft. "Es wäre wünschenswert, dass die Pandemie sich beruhigt und vor allem Kinder bei Aktionen keine Maske mehr tragen müssen", führt sie aus.
Wer auch immer das Museum ansteuert, wird einiges erleben und auch Neues. So wurde die kleine Ausstellung in der Altheimer Grünkerndarre erneuert, während das komplette Gelände neue Hinweisschilder erhielt. Die meiste Energie freilich wurde in die Vorbereitung der Sanierung des Hauses aus Billigheim-Allfeld investiert: Das vier Etagen umfassende Haus wurde 1985 in Allfeld abgebaut und ein Jahr später im Museum in den Grundzügen aufgebaut – allerdings wurde es nie ausgebaut und für die Besucher zugänglich gemacht. "Das wollen wir ändern", verspricht Margareta Sauer. Über den Winter habe man Baumaterialien gesichtet, das Planungsbüro involviert und weitere Vorkehrungen getroffen. Die Fülle der anstehenden Arbeiten sowie der Besprechungen sei "überraschend" gewesen, wie die Museumsleiterin einräumt. "Weil jeder Handgriff gut überlegt sein will, band das schon viel Zeit und Energie", betont sie.
Allerdings wird das Resultat eine weitere Attraktion darstellen: In dem stattlichen Fachwerkgebäude von 1687 hatten einmal vier Parteien auf engstem Raum gewohnt. Diese "Besitzzersplitterung" war eine Folge der Realteilungsregelung im Bauland, bei der das Erbe einer Person zu gleichen Teilen unter den Nachkommen aufgeteilt wurde. "Das führte nicht selten zu existenzbedrohenden Verarmungen", informiert Sauer. Anhand des Gebäudes mit seinen verwinkelten Wohneinheiten und vielen Eingängen kann man später recht eindrücklich die Folgen dieser Erbregelung begreifen.
Die nächste große Baustelle ist das Armenhaus aus Reichartshausen, dessen Dachstuhl saniert werden soll. Darüber hinaus können sich die Gäste auf zahlreiche Attraktionen freuen: "Die Klassiker im Programm wie der Oldtimertag oder das Grünkernfest finden statt, sofern die Coronalage es erlaubt", verrät Sauer. Zudem gibt es eine Handvoll Neues: Am 9. und 10. April finden erstmals "Pflanzentage" statt, an denen über 20 regionale und internationale Gartenbaubetriebe ihre Pflanzen und Produkte von Frühjahrsblühern bis zu Bio-Saatgut ausstellen und zum Verkauf anbieten. "Wir hoffen, dass das Wetter passt und viele interessierte Besucher den Weg zu uns finden. Denn auch die Gartenbaubranche leidet unter den hohen Energiepreisen, und wir hoffen, dass die Besucher die Direktvermarktung der Pflanzen unterstützen", betont sie.
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Weiterhin ist geplant, die Dreschhalle für kleinere Kulturveranstaltungen und Events für spezifisches Publikum zu nutzen. Einen wichtigen Stellenwert nehmen auch 2022 Aktionen für Kinder ein: Nach der positiven Resonanz auf den im letzten Jahr zum ersten Mal ausgerichteten Kindertag steht er heuer wieder im Kalender. Ebenso sind ein Kindertheater und spezielle Kinder- und Familienaktionen zu diversen Themen angedacht. Im August wird es eine Fledermausführung mit einem Biberbeauftragten des Neckar-Odenwald-Kreises und Veranstaltungen zu Streuobst geben.
Darüber hinaus wird die Ernährung thematisiert: "Am 23. und 24. April können Familien im Bofsheimer Haus heiße Schokolade kochen oder einen Kaffee mit selbst gemahlenen Bohnen aus der Rauchküche probieren", freut sich Margareta Sauer, die Kinder und Jugendliche als durchaus begeisterungsfähige Zielgruppe beschreibt. "Kinder sind meist von sich aus neugierig und stellen die richtigen Fragen angesichts der ,komischen‘ Einrichtungen in den Häusern. Da gilt es vielmehr, kindgerecht in die heutige Zeit zu übersetzen, für was die Dinge damals standen und was das heutige Pendant dazu ist", schildert sie.
Ihr liebstes Beispiel dafür sei der antike Fernsprecher: "Man kann das an der Wand festgeschraubte Kabeltelefon der 1920er Jahre als Fernsprecher bezeichnen und erläutern, wie die Technik funktioniert oder warum der Apparat Fernsprecher heißt. Wenn man den Fernsprecher aber als Vorgänger des Smartphones bezeichnet, erntet man volle Aufmerksamkeit. Dann kann man sagen, dass Telefonieren ein seltenes Gut war, zu dem man das öffentliche Postamt aufsuchte, und sich das Leben meist im Heimatort oder nur auf der Gasse abspielte, in der man wohnte", informiert sie und bezeichnet die Herstellung des Gegenwartsbezugs als entscheidendes Instrument, um den Nachwuchs für das Odenwälder Freilandmuseum und Geschichte im Allgemeinen zu begeistern.
Trotz seines Stellenwerts als "Schmuckstück im Südwesten" kämpft es mit Corona. "Über Nacht wurden fast alle gebuchten Führungen storniert, Schulgruppenbesuche fanden im ersten Jahr keine statt, im zweiten Jahr nur sehr verhalten. Das macht sich bei den Einnahmen bemerkbar", resümiert Margareta Sauer. Gleichsam mussten stetig wechselnde Zugangsregeln umgesetzt werden – und nachdem 2020 fast alle Events abgesagt wurden, musste das Veranstaltungsprogramm 2021 umstrukturiert werden. "Statt größerer Veranstaltungen haben wir viele kleinere Events durchgeführt, die ein überschaubareres Publikum ansprechen. So haben sich die Besucherzahlen halbiert: Wir haben Rücklagen aufbrauchen müssen, was sich auf Spielräume im Betriebshaushalt auswirkt. Im Bereich der Investitionen in den Erhalt der historischen Gebäudestruktur konnten wir jedoch von verschiedenen Corona-Förderprogrammen profitieren", blickt sie zurück. Umso mehr hofft sie jetzt auf zahlreiche Gäste: "Es wäre toll, würden wir mindestens die Vor-Corona-Besucherzahlen erreichen und damit auch Einnahmen steigern können – als gemeinnütziger Verein ist das Odenwälder Freilandmuseum von ihnen abhängig."
Info: Das Freilandmuseum öffnet traditionell am letzten Sonntag im März seine Pforten und schließt sie am ersten Sonntag im November. In diesem Jahr hat es voraussichtlich vom 27. März bis zum 6. November geöffnet.
