Verheerende wirtschaftliche Situation

Die GRN-Klinik Eberbach sendet SOS

Wegen der gesetzlichen Deckelung kann die Inflation nicht ausgeglichen werden. Das Krankenhaus beteiligt sich an der bundesweiten Aktion.

21.06.2023 UPDATE: 21.06.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 35 Sekunden
Mit der bundesweiten Aktion „Alarmstufe rot – Krankenhäuser in Not“ wollen die Kliniken auf die verheerende wirtschaftliche Situation aufmerksam machen. Foto: GRN

Von Peter Bayer

Eberbach. Leuchtend rot strahlte der Haupteingang der Eberbacher GRN-Klinik die letzten zwei Abende und Nächte. Mit der Signalfarbe wollte das Krankenhaus auch optisch auf etwas aufmachen: auf die verheerende wirtschaftliche Situation. "Inflationsausgleich für die Krankenhäuser – jetzt sofort!", lautet die Forderung. "Wir haben in den letzten beiden Jahren 17 Prozent Preissteigerung", sagt die Eberbacher Klinikleiterin Ingrid Machauer. Als Ausgleich gab es 2022 nur 2,3 Prozent, in diesem Jahr 4,3 Prozent. "Pro Stunde schreiben die Kliniken in Baden-Württemberg 70.776 Euro Minus", so Machauer "Die Preise sind gesetzlich gedeckelt, auf dem Unterschied bleiben die Kliniken sitzen."

Das Minus der Eberbacher GRN-Klinik wird vom Rhein-Neckar-Kreis ausgeglichen. Bislang erwirtschafteten die GRN-Kliniken an den Standorten Weinheim und Schwetzingen ein Plus, doch jetzt seien alle im Minus. Ändern sich die Rahmenbedingungen nicht, sind auch in Zukunft tiefrote Zahlen zu erwarten, heißt es in einer GRN-Mitteilung zum gestrigen Aktionstag der Deutschen Krankenhausgesellschaft. "Der Inflationsausgleich ist wichtig", nennt Machauer eine der Forderungen, ebenso die finanzielle Sicherheit für die Überbrückung bis zur Strukturreform. "Wir kennen Teile der Reform, aber es wird noch nachgebessert", so die Klinikleiterin.

Die Bediensteten der Eberbacher GRN-Klinik senden SOS. Foto: Peter Bayer

Schon im Herbst 2022 hatten die Kliniken auf eine extreme Unterfinanzierung aufmerksam gemacht. Fast jedes zweite Krankenhaus sei von Insolvenz bedroht und fast keine Klinik schreibe mehr eine schwarze Null. Die Bundesregierung habe auf die Energiekostensteigerungen reagiert und sechs Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. "Diese fließen aber nur teilweise wirklich in die Kliniken. Kurzfristig hat sich die Politik entschlossen, vier dieser sechs Milliarden als direkte pauschale Hilfen auszuzahlen – immerhin ein kleiner Lichtblick", heißt es in der GRN-Mitteilung.

Andere inflationsbedingte Mehrkosten, wie für Material, externe Dienstleister, Lebensmittel usw. würden die Kliniken weiterhin treffen, da die Krankenhäuser keine Möglichkeit haben, die gestiegenen Preise weiterzugeben. Die Preissteigerungen der Kliniken sind für das Jahr 2023 bei 4,3 Prozent gesetzlich gedeckelt. Durch inflationsbedingte Kostensteigerungen werden die Krankenhäuser in Deutschland bis Ende des Jahres 2023 ein Defizit von rund zehn Milliarden Euro anhäufen.

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Zu den Kostenbelastungen gehört die nur teilweise gesicherte Refinanzierung der Tarifsteigerungen. Und für 2024 sind nach dem Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst weitere Kostensteigerungen absehbar. Die Kliniken fordern die Politik deshalb auf, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen.

Bis die große, von allen Seiten als notwendig angesehene, Krankenhausreform wirklich greift, müssen Insolvenzen der Krankenhäuser vermieden werden, damit die Versorgungssicherheit überall im Land gesichert ist. Entscheidend dabei sind nicht nur kurzfristige Hilfsprogramme und Rettungsschirme, sondern eine verlässliche und nachhaltige Finanzierung, welche die Kliniken auch langfristig aus der anhaltenden wirtschaftlichen Unsicherheit herausholt – und damit die wohnortnahe medizinische Versorgung der Menschen – auch im ländlichen Bereich – sicherstellt.

Ingrid Machauer geht davon aus, dass die Eberbacher Klinik ihren "Level 1n"-Status behalten wird. Dieser sieht eine stationäre internistische und chirurgische Basisversorgung und eine Notfallversorgung vor. "Der Standort hat seine Berechtigung", sagt sie. "Wir haben eine chirurgische und eine innere Abteilung, dazu die Zentrale Notaufnahme." Die Sanierung ist Notaufnahme sei geplant, die Förderanträge gestellt, der Bescheid stehe aber noch aus, so Machauer. Ferner sei Eberbach Lehrkrankenhaus für die Uniklinik Heidelberg, mit der es auch eine Kooperation gibt. Die Ärzte kommen nach Eberbach, um dort zu operieren. "Die Ausbildung kostet Zeit und Ressourcen, wird aber nicht gesondert vergütet", bemängelt Machauer und fordert eine Änderung der bisherigen Regelung.

Ein weiterer Pluspunkt für Eberbach sei die Tatsache, dass es in der Pflege – im Gegensatz zu anderen Standorten – hier keine Leasingkräfte gebe. "Eine Schließung des Standortes würde Personal verlieren", ist sie überzeugt. Sie glaubt nicht, dass die davon Betroffenen in andere, weiter entfernte Krankenhäuser wechseln würden.

Auch die Vorgabe, dass die Entfernung zum nächstgelegenen Krankenhaus für Patienten maximal 30 Minuten betragen dürfe, spreche für den Erhalt Eberbachs. "Bis Heidelberg sind es 45 und bis Sinsheim auch nicht viel weniger", so Machauer. Für die eigenen Mitarbeiter nahm sie sich gestern am Infostand Zeit und versuchte, die Ängste – soweit vorhanden – zu nehmen. "Die Mitarbeiter vertrauen auf den Rhein-Neckar-Kreis", sagt sie. Zudem sei die Entwicklung in Eberbach gut. "Wir schließen nach der Corona-Knick in diesem Jahr an die Zahlen von 2019 an, andere Kliniken haben deutlich weniger."

Info: Die GRN-Klinik in Eberbach hat derzeit rund 380 Mitarbeiter und 140 aufgestellte Betten. Im Schnitt sind, laut Klinikleiterin ungefähr 100 Patienten stationär da.

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