Mosbachs Ex-OB Michael Jann startete mit der Flunder durch
Die mobilen Anfänge des ehemaligen Rathauschefs. Die erste Fahrt hatte es in sich.

Mosbach. (schat) Nach einem sonderbaren Kadett und einem Passat, der ordentlich herumgekommen ist, schlagen wir sportlichere Wege ein. Mosbach ehemaliger Oberbürgermeister Michael Jann erinnert sich gerne an seine automobilen Anfänge. Zumal ihn die Leidenschaft für besondere Fahrzeuge bis heute begleitet. Mit seiner Corvette aus dem Baujahr 1972 ist er ebenso regelmäßiger wie gern gesehener Gast bei Oldtimerevents in der Region.
"Wie für alle Jugendlichen meiner Generation – ich bin Jahrgang 1960 –, war die eigene Mobilität und somit das erste Fahrzeug von ganz großer Bedeutung, so wie heute für die Jugendlichen ihr erstes Smartphone", schlägt Michael Jann eine durchaus stimmige Brücke vom Ende der 1970er-Jahre ins Hier und Jetzt. Mobilgeräte zur Kommunikation waren noch so überhaupt kein Thema, da hatte der jugendliche Jann mit seinen Eltern eine klare und für beide Seiten respektable Vereinbarung getroffen: Der Sohn verzichte auf alle Arten von motorisierten Zweirädern, nach dem 18. Geburtstag und bestandener Führerscheinprüfung stellten die Eltern dafür "ein sportliches Auto" in Aussicht.
Die Eltern des späteren Oberbürgermeisters der Großen Kreisstadt Mosbach waren der Ansicht, dass Motorräder weitaus gefährlicher seien als ein Sportwagen, schon wegen der Knautschzone rundherum. "In der Rückschau muss ich meinen Eltern da durchaus zugestehen, dass sie damals recht hatten", sagt der Autoliebhaber heute, im gereiften Alter von 62 Jahren, lächelnd: "Ich weiß nicht, ob ich in meinem jugendlichen Leichtsinn und meiner Sturm-und-Drang-Zeit das Ganze heil überstanden hätte." Ein Motorradunfall mit einem Schulfreund, der am Ende glücklicherweise glimpflich abging, bestätigte die Einschätzung der Eltern unterdessen eindrücklich.
Der junge Jann meldete sich also rechtzeitig für den Pkw-Führerschein an und startete gleichzeitig die Suche nach einem adäquaten motorisierten Untersatz. "Zum Glück hatte mein Vater als Einkaufsleiter in einem großen Industriebetrieb gute und weitreichende Kontakte, die dann den gewünschten Erfolg brachten", konkretisiert der Mannheimer, der längst ein Mosbacher geworden ist, den weiteren Fortgang der Gebrauchtwagensuche. Ein befreundeter Unternehmer des Vaters hatte in der Verwandtschaft einen Opel-Händler. "Nein, es kommt nicht das, was Sie jetzt vermuten – kein Manta mit Fuchsschwanz!" Es kam viel besser: Michael Janns erstes Auto wurde ein gebrauchter Opel GT A/L in Zitronengelb. Also in einer der bekannten und heute so gefragten Siebziger-Jahre-Schockfarben, vier Jahre alt und mit nicht allzu vielen Kilometern auf der Uhr. "Und das Ganze für einen Preis, über den man sich heute mehr als freuen würde", erinnert sich Jann bestens.
Dementsprechend zügig erworben, wurde das gute Stück nach Mannheim überführt und erst einmal in die heimische Garage verbracht. Schließlich dauerte es dann noch geraume Zeit, bis der 18. Geburtstag und damit auch der heiß ersehnte Führerschein endlich da war. In der Zwischenzeit wurde der vorübergehend abgemeldete GT täglich ,besucht’, Probe gesessen und manchmal sogar in der Garage gewaschen. "Sie können sich vorstellen, welche Ungeduld in mir war, bis ich endlich am 10. April 1978 meine erste Fahrt machen konnte", beschreibt Jann die wohl größte Geduldsprobe seines Lebens.
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Und die so langersehnte erste Fahrt ist demnach auch heute noch, 44 Jahre später, völlig präsent. Sie führte das neue Duo Jann/GT in die Umgebung von Mannheim, auf kleine Landstraßen. Und hatte es durchaus in sich: Bei der Premierentour war nämlich auch gleich die erste Vollbremsung vonnöten; der Führerscheinneuling musste wegen eines Verkehrsunfalls wenige Fahrzeuge vor ihm gleich unter Beweis stellen, dass er seinen Wagen nicht nur fahren, sondern auch ad hoc zum Stillstand bringen kann.
"Ende der Siebzigerjahre war man mit einer Flunder wie dem GT, der 90 PS unter der Haube hatte und zudem mit extravaganten Klappscheinwerfern ausgestattet war, schon ganz schön bei der Sache", berichtet Michael Jann rückblickend. Nicht ohne zu verschweigen, dass der kleine Sportwagen im Laufe der Jahre "natürlich auch noch ein wenig aufgerüstet" wurde. Das Zitronengelb musste irgendwann einem gediegeneren Schwarz weichen, gleichzeitig wurden einige Karosseriemängel beseitigt.
"Alufelgen mit Breitreifen waren ein Muss, und ein Sportsitz von Recaro und ein Talbot-Spiegel kamen auch dazu", erzählt Jann. Man habe schon "ganz gut angeben" können mit der Mini-Corvette, ergänzt der Sportwagenfan grinsend. "Deshalb bin ich damals das letzte Jahr vor dem Abitur mit dem Auto zur Schule gefahren, obwohl ich eigentlich nur etwa 300 Meter zu laufen hatte. Heute kann ich über solche spätpubertären und wenig nachhaltigen Allüren natürlich nur noch schmunzeln."
So oder so, mit seinem ersten eigenen fahrbaren Untersatz war Michael Jann "mehr als zufrieden". Die Leistung des für damalige Verhältnisse ziemlich modernen CIH-Motors (mit oben liegender Nockenwelle im Zylinderkopf) war ansprechend – und absolut ausreichend, um den weniger als 1000 Kilogramm wiegenden Wagen zu respektablen Fahrleistungen zu verhelfen, sowohl was Beschleunigung als auch die Höchstgeschwindigkeit angeht. Der GT schaffte immerhin 180 Stundenkilometer und begnügte sich mit acht bis zehn Litern Benzin auf 100 Kilometer. Ein vergleichsweise wirklich guter Wert für diese Zeit und diese Fahrleistungen. Ungeachtet der technischen Vorzüge, sind für den Oberbürgermeister im Ruhestand "viele schöne Erinnerungen mit diesem Auto verbunden".
Aber die Ansprüche änderten sich mit den folgenden Jahren. Während seiner Bundeswehrzeit erwuchs in Jann der Wunsch nach einem offenen Wagen – und der Opel GT musste Platz machen. "Ich habe ihn zu einem guten Preis veräußert, was die Trennung seinerzeit erleichtert hat", berichtet der 62-Jährige, um allerdings gleich nachzuschieben: "Inzwischen gab es viele Momente, in denen ich den Verkauf bereut habe." Kein Einzelschicksal unter Auto-Enthusiasten. "So einen hatte ich auch mal, den hätte ich mal lieber behalten sollen", ist einer der meistgehörten Sätze bei Oldtimermessen oder ähnlichen Events.
Sein GT wirkte bei Michael Jann allerdings auch nach der Trennung lange, ja bis heute nach. Die Faszination für die besondere Karosserieform, das berühmte Coke-Bottle-Design, hat ihn nämlich nie mehr losgelassen. Und Mitte der Neunzigerjahre erfüllte sich Jann dann tatsächlich den Traum vom offenen GT. Dieser Wagen trägt zwar nicht den typischen Blitz an Front und Heck, ist also auch nicht von Opel, sondern vielmehr vom damaligen Mutterkonzern General Motors. Und im Grunde ist es natürlich auch kein GT, sondern vielmehr so etwas wie dessen ausgewachsene Variante.
Falls der Groschen noch nicht gefallen sein sollte: Janns erfüllter Traum hört auf den Namen Corvette. "Etwas breiter und länger als ein GT, mit viel mehr Hubraum ausgestattet – und offen", skizziert der Mosbacher den für ihn einzig legitimen "Erben" seines ersten Autos. Und bei der Corvette Stingray Convertible in Mille Miglia Red (Baujahr 1972) hat Michael Jann den im jugendlichen Leichtsinn beim GT getätigten Fehler natürlich auch nicht wiederholt: "Die Corvette begleitet mich bis heute." Und daran soll sich auch nichts mehr ändern.
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